Erklärung der G7-Außenminister zu Russland und der Ukraine

Erklärung der G7-Außenminister zu Russland und der Ukraine

Schreiben von Russland an die USA und die NATO vom Dezember 2021 >>>

Antwortschreiben der NATO und der USA vom Januar >>>

Schreiben Lawrows an die Außenminister der USA, Kanadas und europäischen Ländern >>>

Schriftliche Antwort auf die Antwort der USA zu Sicherheitsgarantien >>>

Der Text der folgenden Erklärung wurde von den G7-Außenministern Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Japans, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika sowie von dem EU-Außenbeauftragten der Europäischen Union veröffentlicht:

„Wir, die G7-Außenminister Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Japans, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika sowie dem Hohen Vertreter der Europäischen Union, sind nach wie vor zutiefst besorgt über Russlands bedrohliche militärische Aufrüstung in der Umgebung der Ukraine, auf der illegal annektierten Krim und in Belarus. Russlands unprovozierte und ungerechtfertigte Ansammlung von Streitkräften, der größte Aufmarsch auf dem europäischen Kontinent seit dem Ende des Kalten Krieges, ist eine Herausforderung für die globale Sicherheit und die internationale Ordnung.

Wir fordern Russland auf, den Weg der Diplomatie zu wählen, die Spannungen zu deeskalieren, die Streitkräfte aus der Nähe der ukrainischen Grenzen weitgehend abzuziehen und die internationalen Verpflichtungen vollständig einzuhalten, einschließlich zur Risikominderung und zur Transparenz der militärischen Aktivitäten. Als ersten Schritt erwarten wir von Russland, dass es die angekündigte Reduzierung seiner militärischen Aktivitäten entlang der ukrainischen Grenzen umsetzt. Wir haben keine Beweise für diese Reduzierung gesehen. Wir werden Russland an seinen Taten messen.

Wir haben die jüngsten Ankündigungen Russlands zur Kenntnis genommen, dass es zu einem diplomatischen Engagement bereit ist. Wir unterstreichen unsere Verpflichtung gegenüber Russland, den Dialog über Themen von beiderseitigem Interesse wie europäische Sicherheit, Risikominderung, Transparenz, Vertrauensbildung und Rüstungskontrolle fortzusetzen. Wir bekräftigen ferner unsere Entschlossenheit, eine friedliche und diplomatische Lösung für die derzeitige Krise zu finden, und wir fordern Russland nachdrücklich auf, das Angebot zum Dialog im Rahmen des Strategischen Stabilitätsdialogs zwischen den USA und Russland, des NATO-Russland-Rates und der OSZE anzunehmen. Wir begrüßen den vom amtierenden polnischen OSZE-Vorsitz eingeleiteten erneuerten europäischen Sicherheitsdialog der OSZE und hoffen sehr, dass Russland sich konstruktiv daran beteiligen wird.

Jede Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen die territoriale Integrität und Souveränität von Staaten verstößt gegen die Grundprinzipien, auf denen die auf Regeln beruhende internationale Ordnung sowie die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung beruhen, die in der Schlussakte von Helsinki, der Charta von Paris und anderen späteren OSZE-Erklärungen verankert sind. Wir sind zwar bereit, diplomatische Lösungen zu suchen, um legitime Sicherheitsbedenken auszuräumen, doch sollte Russland keinen Zweifel daran haben, dass jede weitere militärische Aggression gegen die Ukraine massive Folgen haben wird, einschließlich finanzieller und wirtschaftlicher Sanktionen gegen eine Vielzahl sektoraler und individueller Ziele, die der russischen Wirtschaft schwere und noch nie dagewesene Kosten aufbürden würden. Wir werden im Falle eines solchen Ereignisses koordinierte restriktive Maßnahmen ergreifen.

Wir bekräftigen unsere Solidarität mit dem ukrainischen Volk und unsere Unterstützung für die Bemühungen der Ukraine, ihre Demokratie und ihre Institutionen zu stärken und weitere Reformfortschritte zu fördern. Wir halten es für äußerst wichtig, zur Erhaltung der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität der Ukraine und des Wohlergehens ihrer Bevölkerung beizutragen. Aufbauend auf unserer Hilfe seit 2014 sind wir entschlossen, in enger Abstimmung mit den ukrainischen Behörden einen Beitrag zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Ukraine zu leisten.

Wir bekräftigen unser unerschütterliches Engagement für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen und Hoheitsgewässer. Wir bekräftigen das Recht eines jeden souveränen Staates, seine Zukunft und seine Sicherheitsvorkehrungen selbst zu bestimmen. Wir würdigen die zurückhaltende Haltung der Ukraine angesichts der anhaltenden Provokationen und Destabilisierungsversuche.

Wir unterstreichen unsere starke Wertschätzung und anhaltende Unterstützung für die Bemühungen Deutschlands und Frankreichs im Rahmen des Normandie-Prozesses, die vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen sicherzustellen, die der einzige Weg nach vorn für eine dauerhafte politische Lösung des Konflikts in der Ostukraine sind. Wir nehmen die öffentlichen Erklärungen von Präsident Selenski zur Kenntnis, in denen er das feste Bekenntnis der Ukraine zu den Minsker Vereinbarungen und seine Bereitschaft, einen konstruktiven Beitrag zu dem Prozess zu leisten, unterstreicht. Die ukrainischen Angebote sollten von den russischen Unterhändlern und der Regierung der Russischen Föderation ernsthaft geprüft werden. Wir fordern Russland auf, die Chance zu nutzen, die die Vorschläge der Ukraine für den diplomatischen Weg bieten.

Russland muss deeskalieren und seine Verpflichtungen bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen erfüllen. Die Zunahme der Waffenstillstandsverletzungen entlang der Kontaktlinie in den letzten Tagen ist höchst besorgniserregend. Wir verurteilen den Einsatz schwerer Waffen und den wahllosen Beschuss ziviler Gebiete, die einen klaren Verstoß gegen die Minsker Vereinbarungen darstellen. Wir verurteilen auch, dass die Russische Föderation weiterhin russische Pässe an die Bewohner der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der Ukraine ausgibt. Dies widerspricht eindeutig dem Geist der Vereinbarungen von Minsk.

Besonders besorgt sind wir über die Maßnahmen der selbsternannten „Volksrepubliken“, die als Wegbereiter für eine militärische Eskalation angesehen werden müssen. Wir befürchten, dass inszenierte Zwischenfälle als Vorwand für eine mögliche militärische Eskalation genutzt werden könnten. Russland muss seinen Einfluss auf die selbsternannten Volksrepubliken nutzen, um Zurückhaltung zu üben und zu deeskalieren.

In diesem Zusammenhang bringen wir nachdrücklich unsere Unterstützung für die Sonderbeobachtungsmission der OSZE zum Ausdruck, deren Beobachter eine Schlüsselrolle bei den Deeskalationsbemühungen spielen. Diese Mission muss die Möglichkeit haben, ihr Mandat in vollem Umfang und ohne Einschränkung ihrer Tätigkeit und Bewegungsfreiheit zum Wohle und zur Sicherheit der Menschen in der Ostukraine auszuüben.“

Die russische Zeitung Kommersant sieht  die Erklärung als Zeichen der Dialogbereitschaft: „Die G7-Staaten sind zum Dialog mit Russland bereit, auch zu europäischen Sicherheitsfragen.“ Die Minister hätten Russland aufgefordert, sich am erneuerten OSZE-Dialog über europäische Sicherheitsfragen konstruktiv zu beteiligen.

Im Dezember 2021 stellte Russland ein Konzept zu Sicherheitsgarantien in Europa vor. Die Hauptforderung ist die Nichterweiterung der Nato. Im Januar übergaben die Vereinigten Staaten und Nato Russland eine Antwort auf den vorgelegten Entwurf. Darin heißt es, dass die „Politik der offenen Tür“ der Nato fortgesetzt werde.

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