„Von Knechten zu Sklaven“: Russische Pop-Diva und ihre Haters

„Von Knechten zu Sklaven“: Russische Pop-Diva und ihre Haters

Die Diva, die Popikone, die Primadonna, der Megastar, die ganze Ära, die Beste und die Einzige – damit kann in Russland nur sie gemeint sein, die Sängerin Alla Pugatschowa.

Pugatschowa (73) ist ein echter Dinosaurier in der Welt der russischen Popmusik. Bereits in den 70er Jahren waren ihre Songs Hits, viele von ihnen kennt man in Russland auswendig. Mehr als 250 Millionen Tonträger soll sie insgesamt verkauft haben. Ganze Generationen sind mit ihrer Musik aufgewachsen, und in den 80er Jahren gab es in Russland einen beliebten Witz: „Wer ist Michail Gorbatschow? Ein unbedeutender Politiker zu Zeiten von Alla Pugatschowa“. Es gibt wahrscheinlich keinen Russen, der ihren Namen nicht kennt, obwohl sie sich bereits 2009 ihren Rückzug von der Bühne angekündigt hatte. Auch mit Abschiedskonzerten im Kreml.

Und jetzt ist sie wieder in aller Munde. Denn die Diva hat öffentlich den ….. in der Ukraine kritisiert. Alles begann damit, dass sie mit ihrem Mann, dem populären Komiker und Fernsehmoderator Maxim Galkin, und ihren beiden Kindern fast unmittelbar nach Beginn des ….. nach Israel ging. Schon damals folgten bösartige Beleidigungen auf das Star-Paar. Für viele wurden sie zu „Verrätern am Vaterland“. Pugatschowa erklärte jedoch von Anfang an, dass sie in Urlaub gefahren seien und zu Beginn des Schuljahres nach Moskau zurückkehren würden.

Das tat sie auch Ende August. Sie kam jedoch ohne ihren Mann, der rund um die Welt mit Konzerten tourt – in den Ländern, in denen Auswanderer aus Russland leben. Ihre Rückkehr sorgte in Russland für Aufsehen – es gab wohl keinen Blogger, der ihre Ankunft nicht kommentiert hätte. Allerdings schwieg sich die Diva zu den Ereignissen in der Ukraine weiter aus und machte nur einige wenige Andeutungen. Auf die Frage, was sie in Moskau tun wolle, antwortete Pugatschowa, dass sie gerne „einer Person ins Gesicht schlagen“ würde.

Doch als das russische Justizministerium am 16. September Maksim Galkin zum so genannten ausländischen Agenten erklärte, konnte Alla nicht länger schweigen. Mit beißendem Spott wandte sie sich öffentlich an das Justizministerium und bat provokativ, sie „in die Reihen der ausländischen Agenten meines geliebten Landes aufzunehmen, denn ich stehe solidarisch an der Seite meines Mannes, eines ehrlichen, anständigen und aufrichtigen Mannes, eines wahren und unbestechlichen Patrioten Russlands, der seinem Heimatland Wohlstand, ein friedliches Leben, Meinungsfreiheit und ein Ende des Tötens unserer Kinder für illusorische Ziele wünscht, die unser Land zu einem Außenseiter machen und das Leben unserer Bürger erschweren“.

Nun sahen sich die „wahren Patrioten“ gezwungen, darauf zu reagieren. So sagte der Mitverfasser des Gesetzes über ausländische Agenten, der stellvertretende Vorsitzende der Staatsduma Peter Tolstoi, dass Pugatschowa den Bezug zur Realität verloren habe: „Jetzt befindet sich ihr Platz in einem historischen Museum aus der Sowjetzeit.“

Auch ausgerechnet der Leiter der Menschenrechtskommission des russischen Präsidenten, Waleri Fadejew, äußerte sich in aggressiver Weise über die Sängerin: „Diese Dichterlinge, Harlekine und Gaukler brauchen bloß eine Möglichkeit, zu singen und zu tanzen, zu feixen und vulgär klugzuscheißen“.

Sogar der Pressesprecher von Präsident Putin, Dmitri Peskow, wurde um einen Kommentar zu dem Posting der Diva gebeten und erklärte, die Äußerungen der Sängerin hätten nichts mit dem Kreml zu tun, weshalb er sie nicht kommentieren würde. Die Odyssee um Pugatschowa war damit aber noch nicht zu Ende.

Denn die offizielle Reaktion beschränkte sich nicht auf eine mündliche Verurteilung von Propagandisten. Nach Angaben der Zeitung Iswestija hat sich eine Bewohnerin des Moskauer Gebiets, an die Polizei gewandt. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass Pugatschowas Beitrag die russische Armee beleidigt, und bat darum, die Prominente auf illegale Aktivitäten mit „ausländischer Unterstützung“ zu überprüfen.

Am 29. September flog Alla Pugatschowa mit ihren Kindern ohne Rückflugticket zurück nach Tel Aviv. Diesmal offensichtlich endgültig. In Israel angekommen, reagierte der Superstar auf die harsche Kritik von ehemaligen Kollegen und Fans. Auf ihrem Instagram schrieb sie: „Oh mein Gott, was für ein Segen, von den Leuten gehasst zu werden, die ich nie ausstehen konnte. Wenn sie mich mögen würden, würde das bedeuten, dass ich umsonst singe und lebe. Der Grund dafür ist klar. Sollen sie doch mit den Zähnen knirschen. Sie waren Knechte und wurden zu Sklaven.“

Und wieder einmal wurde der Star für dieses Posting mit einer Flut von Hass überschüttet. Ihre Hater fragen sich, was das Star-Ehepaar Pugatschowa-Galkin mit seinen Immobilien machen wird. Den beiden gehört unter anderem ein großes Schloss in der Nähe von Moskau. Angeblich steht das Schloss bereits zum Verkauf, und Möchtegernimmobilienmakler diskutieren über den möglichen Verkaufspreis.

Letzte Woche hat die Staatsanwaltschaft des Moskauer Gebiets Ermittlungen gegen Maksim Galkin wegen angeblicher „Verletzung der Rechte“ seiner Kinder eingeleitet. Ein gewisser Herr Michailow wandte sich an die Staatsanwaltschaft mit der Begründung, dass „das Aufwachsen kleiner Kinder in einer homosexuellen Familie ihrer geistigen und körperlichen Erziehung zweifellos schaden wird“. Er erinnerte auch daran, dass sich der Künstler negativ über die „militärische Sonderoperation“ in der Ukraine geäußert hatte.

Bei seinen Konzerten berührt Galkin das Thema in keiner Weise. Bei einem Auftritt am Sonntag in der spanischen Stadt Alicante scherzte er jedoch, dass man in Russland glaube, dass alle Feinde Russlands entweder Juden oder Homosexuelle seien, und dass in seinem Fall durch einen glücklichen Zufall beides zusammenkomme.

Am 10. Oktober antwortete Alla Borissowna nach einer Pause allen ihren Fans: „Danke an meine Millionen von Fans für Liebe und Unterstützung, dafür, dass sie in der Lage sind, die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden. Im Heiligen Land bete ich für Sie und den Frieden. Ich bin glücklich!“, schrieb die Primadonna auf Instagram.

[hrsg/russland.NEWS]

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