„Verderbliche“ Praxis: russische Frauen bekommen Kinder immer später© russland.news

„Verderbliche“ Praxis: russische Frauen bekommen Kinder immer später

Das russische Gesundheitsministerium hat einen Projektentwurf für eine Verordnung zur Beschränkung des Umlaufs von Abtreibungsmitteln ausgearbeitet. Dies gab Minister Michail Muraschko bei einer Plenarsitzung in der Staatsduma bekannt, wie die Nachrichtenagentur Tass berichtete. Der Grund dafür sind angebliche „Missbräuche“ beim Verkauf dieser Medikamente.

„Wir haben einen Bestands- und Mengenbericht über die Arzneimittel, die zur Schwangerschaftsunterbrechung verwendet werden, erstellt. Dies war auch unsere Initiative, denn wir sind der Meinung, dass ein Bestands- und Mengenbericht notwendig ist, weil wir Missbräuche in dieser Richtung beobachten“, so der Minister. Er betonte, dass das Ministerium darauf bestehen und alles tun werde, um das Projekt bis Ende des Jahres verabschiedet zu bekommen.

Vorher hatte Muraschko erklärt, dass Arzneimittel zur medikamentösen Abtreibung „streng kontrolliert“ werden sollten. Derzeit unterliegen in Russland unter anderem psychotrope, stark wirkende und giftige Substanzen einem Bestands- und Mengenbericht.

Außerdem missfällt dem Minister, dass Frauen ihre Mutterschaft aufschieben, um Karriere aufzubauen. Je früher eine Frau gebäre, desto besser für ihre Gesundheit, die Gesundheit ihrer Kinder und letztendlich ihre Karriere, so seine Meinung. „Frauen haben immer die Wahl. Mutter zu werden ist eine verantwortungsvolle Entscheidung. Man muss ihnen das nicht erst ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft erklären, sondern schon von der Schulbank an. Eine verderbliche Praxis hat sich in der Gesellschaft entwickelt, als die Überzeugung aufkam, dass eine Frau zuerst eine Ausbildung machen, eine Karriere aufbauen, eine finanzielle Grundlage schaffen und sich dann erst um die Geburt von Kindern kümmern sollte“, sagte Michail Muraschko.

Das Durchschnittsalter der Mütter in Russland steigt kontinuierlich an, was dem allgemeinen weltweiten Trend entspricht, den die Wissenschaft als demografischen Übergang bezeichnet. In Moskau betrug das Durchschnittsalter der Frauen, die im letzten Jahr zum ersten Mal Mütter wurden, 27 Jahre. Die meisten Frauen bekamen ihr erstes Kind mit 30 Jahren oder älter. Das Durchschnittsalter der Mütter in ganz Russland liegt bei 28 Jahren. Diese Werte nähern sich dem Durchschnitt in Westeuropa an. Zum Vergleich: Im Jahr 1994 bekamen russische Frauen ihr erstes Kind durchschnittlich mit 22 Jahren.
Laut aktuellen Daten vom russischen Amt für Statistik Rosstat möchten die meisten russischen Frauen (71,60 Prozent) höchstens zwei Kinder haben. Gleichzeitig nimmt die Zahl derer, die sich eine große Familie wünschen, ab (18,9 Prozent), während diejenigen, die grundsätzlich keine Kinder möchten, zunehmen (2,4 Prozent).

Gemäß den Daten von Rosstat ist in den letzten fünf Jahren auch der Anteil der Frauen in Russland zurückgegangen, die keine Verhütungsmittel verwenden: von 38 Prozent im Jahr 2017 auf 32 Prozent im Jahr 2022. Gleichzeitig geht auch die Zahl der Frauen zurück, die eine Schwangerschaft durch eine Abtreibung beenden. Insgesamt ist die Anzahl der Abtreibungen in Russland von 837.000 im Jahr 2018 auf 518.000 im Jahr 2021 gesunken.

Parallel zu diesen Trends ist in letzter Zeit eine gewisse konservative Tendenz in der russischen offiziellen Rhetorik zu beobachten.

Die Worte des Gesundheitministers haben bei den Nutzern sozialer Netzwerke für Aufregung gesorgt. So hinterließ eine Nutzerin folgenden Kommentar auf der Website der Zeitung Fontanka: „Sie sagen uns, was wir tun sollen, wann wir Kinder bekommen sollen, was wir schauen und wem wir zuhören sollen. Die „verderbliche“ Praxis besteht darin, Menschen mit ihren idiotischen Ratschlägen zu belästigen.“

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