„Unnatürlich und unmoralisch“: Duma verbietet Operationen zur Geschlechtsumwandlung© russland.news

„Unnatürlich und unmoralisch“: Duma verbietet Operationen zur Geschlechtsumwandlung

Mitte Juli verabschiedete die russische Staatsduma in dritter und letzter Lesung das Gesetz zum Verbot des Geschlechtsänderung. Das Gesetz sieht ein vollständiges Verbot der Durchführung medizinischer Eingriffe (einschließlich des Einsatzes von Medikamenten) zur Geschlechtsumwandlung vor und schließt auch die staatliche Registrierung einer Geschlechtsumwandlung ohne Operation aus. Präsident Wladimir Putin hat das Dokument gestern unterzeichnet.

Das Gesetz verbietet medizinische Eingriffe, die für Transgender erforderlich sind und in international anerkannten Behandlungsstandards enthalten sind. Das Gesetz wurde von Menschenrechtsaktivisten, LGBT-Aktivisten und der medizinischen Gemeinschaft heftig kritisiert. Allerdings befürwortet die Mehrheit der Russen (76 Prozent) das gesetzliche Verbot einer Geschlechtsumwandlung. Dies zeigte die Juni-Umfrage des staatlichen Meinungsforschungsinstituts WZIOM. So glauben 72 Prozent der Befragten, dass biologisches Geschlecht wichtiger ist als subjektive Selbstwahrnehmungen.

Die Einstellung der Russen zu den Problemen der Geschlechterselbstbestimmung wird durch Alter, Bildung und Urbanisierung beeinflusst. So ist der durchschnittliche Russe, der biologischen Geschlechtsmerkmalen Vorrang vor Selbstidentifikation gibt, am ehesten ein Mann (75 Prozent), älter als 45 Jahre (74 bis 78 Prozent), mit mittlerer Fachbildung (79 Prozent), wohnhaft in einer kleinen Stadt (mit 500.000 Einwohnern oder weniger) oder einem Dorf (75 bis 78 Prozent), lebend in Nordkaukasien (83 Prozent) oder im Fernen Osten des Landes (80 Prozent), aktiv fernseh- oder internetnutzend (76 bis 78 Prozent).

Die Bedeutung der geschlechtlichen Selbstidentität wurde vor allem von Frauen (15 Prozent gegenüber 10 Prozent der Männer), 18- bis 24-Jährigen (27 Prozent) oder 25- bis 34-Jährigen (17 Prozent), mit Hochschulbildung (17 Prozent), die in einer der Hauptstädte leben (24 Prozent) und aktive Internetnutzer (21 Prozent) angegeben. Das Verbot solcher Operationen wird vor allem von jungen Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren abgelehnt – 27 Prozent. Unter den über 60-jährigen Russen befürwortet hingegen die überwältigende Mehrheit (85 Prozent) das Verbot von Geschlechtsumwandlungsoperationen voll und ganz. Somit ist hier, wie bei vielen anderen Themen im modernen Russland, ein Generationenkonflikt sichtbar.

Am häufigsten wird das Verbot von Operationen zur Geschlechtsumwandlung mit solchen Argumenten begründet: Es gebe keine Notwendigkeit für eine Einmischung in die Natur („Geschlechtsumwandlung ist unnatürlich“, solche Operationen seien „unmoralisch, sinnlos, stellen eine Bedrohung für die Gesellschaft dar“). Darüber hinaus verweisen die Befragten auf religiöse Prinzipien und „traditionelle Werte“. Etwa jeder Zehnte ist der Meinung, dass Menschen, die ihr Geschlecht ändern möchten, behandelt und nicht operiert werden sollten.

Laut Gesetz wird eine Geschlechtsumwandlung mindestens eines der Ehegatten zur Grundlage für die Annullierung der Ehe, und Russen, die ihr Geschlecht geändert haben, können keine Kinder adoptieren. Der erste Fall der Annullierung einer Ehe zwischen Ehegatten, von denen einer das Geschlecht wechselte, ereignete sich im vergangenen Jahr. Das Bezirksgericht in Irkutsk hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Ehe eines Paares für nichtig erklärt, bei der einer der Ehegatten eine Geschlechtsumwandlung vorgenommen hatte.

Der Chef des Standesamts der Region Irkutsk teilte am 20. Juli auf einer Pressekonferenz mit: „Letztes Jahr haben ein Mann und eine Frau geheiratet, und zwei Tage später kam der Ehemann, um das Geschlecht zu ändern. Wir haben bei der Staatsanwaltschaft und beim Gericht Berufung eingelegt, die Ehe wurde für ungültig erklärt“, zitierte ihn die Lokalzeitung Oblastnaja.

[hrsg/russland.NEWS]

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