Russlands demografische Krise: Geburtenrate auf historischem Tief, Sterblichkeit steigt© russland.news

Russlands demografische Krise: Geburtenrate auf historischem Tief, Sterblichkeit steigt

Die Geburtenrate in Russland ist auf ein historisches Tief gesunken. Im ersten Halbjahr wurden in Russland 599.600 Babys geboren. Das sind 16.600 weniger als im gleichen Zeitraum des Jahres 2023, berichtet die russische Statistikbehörde Rosstat.

Damit sank die Geburtenrate im Vergleich zum Vorjahr um fast 3 Prozent. Dies ist die niedrigste Geburtenrate seit 1999.

Im Juni ging die Zahl der Geburten laut Rosstat um fast 6 Prozent auf 98.600 Kinder zurück. „Im ersten Halbjahr 2024 haben alle Monate bei der Zahl der Geburtenregistrierungen neue Negativrekorde aufgestellt“, schreibt der unabhängige Demograf Alexei Rakscha in seinem Telegram-Kanal. Der zusammengefasste Fruchtbarkeitsindex (d.h. die durchschnittliche Anzahl von Kindern pro Frau im gebärfähigen Alter) sank in den letzten 12 vollen Monaten auf 1,442, schätzt der Experte. Dies ist der niedrigste Wert seit 2008, betont er. (Im Vergleich Deutschland: 2021 1,57 / 2023 1,36)

Gleichzeitig steigt in Russland die Sterblichkeit, wie die Statistik von Rosstat zeigt: Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der Todesfälle um 4 Prozent auf 921.100. Im landesweiten Durchschnitt starben 1,5-mal mehr Menschen als geboren wurden, und in einigen Regionen war dieser Unterschied zwei- bis dreifach.

Somit verlor Russland im ersten Halbjahr 2024 durch den natürlichen Bevölkerungsrückgang weitere 272.500 Menschen, nach einem Verlust von 500.300 im Jahr 2023, 599.600 im Jahr 2022 und insgesamt 3,5 Millionen in den letzten acht Jahren.

Das UN-Wirtschafts- und Sozialdepartement prognostiziert, dass dieser Prozess in den kommenden Jahrzehnten weitergehen wird. Nach deren Einschätzung wird die Sterblichkeit in Russland bis Ende der 2070er Jahre die Geburtenrate jährlich zwischen 500- und 700.000 Menschen übersteigen, und erst in den 2080er-90er Jahren werden sich diese Zahlen auf 300- bis 400.000 pro Jahr reduzieren. Bis zum Jahr 2100 wird das Land dadurch insgesamt etwa 40 Millionen Menschen durch den natürlichen Bevölkerungsrückgang verlieren. Etwa die Hälfte dieses Verlusts will Moskau durch den Zuzug von Migranten ausgleichen. Doch selbst mit diesen wird die Bevölkerung Russlands schrumpfen.

Die Stiftung Fonds für öffentliche Meinung (FOM) führte eine Umfrage über die Fortpflanzungspläne der Russen durch. 25 Prozent der Befragten missbilligen Menschen, die überhaupt keine Kinder haben wollen. Größere Ablehnung als Zustimmung erfährt dies jedoch nur in der Altersgruppe 60+. Gleichzeitig missbilligen 64 Prozent der Russen dies nicht. Zu den Gründen, warum manche Menschen keine Kinder haben wollen, nannten die Befragten am häufigsten den Unwillen, Verantwortung zu übernehmen, den Wunsch, nur für sich selbst zu leben, sowie ein schwieriges Leben, Armut und finanzielle Probleme. 50 Prozent der Russen glauben, dass ein Erwachsener ohne Kinder nicht wirklich glücklich sein kann, während 30 Prozent der Meinung sind, dass ein Erwachsener auch ohne Kinder glücklich sein kann.

„Der zweite demografische Übergang in Russland ist bereits so weit fortgeschritten, dass er von der Gesellschaft und insbesondere von der jüngeren Hälfte davon akzeptiert wird. Und die demografische Politik wird bei uns von alten Männern gesteuert, die nicht nur 60+, sondern 70+ sind“, kommentiert Demograf Rakscha die Zahlen.

[hrsg/russland.NEWS]

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