Russland bringt Schwung ins deutsche Ostgeschäft

Der deutsche Handel mit Osteuropa ist mit viel Schwung ins Jahr 2017 gestartet. Dies zeigen die vom Ost-Ausschuss ausgewerteten Zahlen des Statistischen Bundesamts. Im ersten Quartal 2017 stiegen die Ausfuhren in die 21 vom Ost-Ausschuss betreuten Länder gegenüber dem Vorjahr um knapp 20 Prozent auf 14,8 Milliarden Euro. Sie wuchsen damit erneut deutlich stärker als der deutsche Export insgesamt (8,5 Prozent). Noch kräftiger kletterte der deutsche Import aus der Region: Er legte um 27,6 Prozent auf 16,6 Milliarden Euro zu.

„Für den eindrucksvollen Jahresbeginn ist vor allem die wirtschaftliche Belebung in Russland verantwortlich, aber auch die anhaltend solide Nachfrage nach deutschen Produkten in Südosteuropa und die einsetzende Erholung auf anderen osteuropäischen Märkten wie der Ukraine und Kasachstan,“ sagte der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Wolfgang Büchele zu den aktuellen Zahlen: „Osteuropa gewinnt damit im deutschen Außenhandel wieder an Gewicht.“

Kräftige Belebung im Russland-Handel

Für den jüngsten Aufschwung im Osthandel ist vor allem die kräftige Erholung des deutschen Warenaustauschs mit Russland maßgeblich: Die deutschen Exporte nach Russland kletterten von Anfang Januar bis Ende März 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,5 Milliarden Euro (plus 32,2 Prozent). Die Einfuhren von dort nahmen sogar um 2,1 Milliarden Euro (plus 35,1 Prozent) zu. „Russland entwickelt sich trotz der Sanktionen wieder zu einem Motor des deutschen Handels mit Osteuropa“, sagte Büchele: „Das Land findet dank steigender Ölpreise aus der Rezession, und der Rubel hat an Wert gewonnen. Damit zieht die Nachfrage nach deutschen Produkten wieder an. Für das Gesamtjahr 2017 erwarten wir einen Anstieg der deutschen Exporte nach Russland um mindestens zehn Prozent.“ Erhebliche Exportzuwächse gab es zuletzt vor allem bei chemischen und pharmazeutischen Produkten, Elektronik, Maschinen und Fahrzeugen.

Trotz des erfreulichen Jahresstarts wird der Export deutscher Unternehmen nach Russland durch das anhaltend schwierige politische Umfeld und die Sanktionspolitik gebremst. Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende hatte sich erst kürzlich in Moskau mit Repräsentanten großer und mittelständischer deutscher Unternehmen getroffen. „Dabei zeigte sich, dass sich die deutsche Wirtschaft zwar mit den Sanktionen arrangiert hat“, sagte Büchele: „Diese haben aber weiterhin eine starke emotionale Wirkung, die gemeinsame Projekte bremst. Die Wirtschaft wünscht sich daher, dass es schnell Fortschritte im Friedensprozess mit der Ukraine gibt und dadurch ein baldiger Ausstieg aus dem Sanktionsregime gelingt. Wir begrüßen die jüngste Initiative der Bundeskanzlerin für ein weiteres Gipfeltreffen zum Ukraine-Konflikt im Normandie-Format.“

Im Zuge der Sanktionen setzt Russland zudem verstärkt darauf, Importe durch im Inland gefertigte Produkte zu ersetzen. Die deutsche Wirtschaft hat daher begonnen, stärker in Russland zu investieren, auch um von den Lohnkostenvorteilen im Zuge des günstigeren Rubels zu profitieren. Der Ost-Ausschuss bemüht sich darum, im Dialog mit der russischen Regierung die Rahmenbedingungen für deutsche Investoren in Russland – insbesondere für Mittelständler – zu verbessern. „Ziel unserer Bemühungen ist die Gleichbehandlung ausländischer und inländischer Investoren. Dabei sind wir ein gutes Stück vorangekommen“, sagte Büchele. Mit der staatlichen Gesellschaft zur Förderung des Mittelstandes in Russland wurde zudem ein erstes Pilotprojekt zur Qualifizierung russischer Zulieferer vereinbart.

Für den kräftigen Anstieg der deutschen Einfuhren aus Russland sind die im Jahresvergleich gestiegenen Energiepreise, aber auch wachsende Importmengen verantwortlich. 82 Prozent der deutschen Einfuhren aus Russland entfielen im ersten Quartal 2017 auf Energieträger und -produkte. Die bilaterale Zusammenarbeit im Energiebereich dürfte künftig noch breiter werden. Erst vergangene Woche hat der größte russische Ölkonzern Rosneft die Zentrale seiner neuen deutschen Tochtergesellschaft in Berlin eröffnet. „Die Energiepartnerschaft mit Russland trägt maßgeblich zur Versorgungssicherheit in Deutschland bei“, sagte der Ost-Ausschuss-Vorsitzende: „Das verstärkte Engagement russischer Energieunternehmen in Deutschland zeigt nachdrücklich, dass Befürchtungen vor einer Abwendung Russlands vom europäischen Markt unbegründet sind.“

Südosteuropa und die Ukraine als wichtige Absatzmärkte

Unterstützt wird der kräftige Anstieg der deutschen Ausfuhren Richtung Osten auch von der anhaltend soliden Nachfrage in Südosteuropa. Die deutschen Lieferungen nach Rumänien, Serbien, Montenegro und den Kosovo legten im Anfangsquartal 2017 erneut um jeweils über zehn Prozent zu. „Dank des kräftigen Wachstums und der zunehmenden Integration in den EU-Binnenmarkt hat sich Südosteuropa zu einem stabilen Pfeiler des deutschen Ostexports entwickelt.“ sagte Büchele: „Damit das so bleibt, ist aber eine schnelle Überwindung der politischen Turbulenzen in einigen Ländern der Region unerlässlich. Grundvoraussetzung für wirtschaftliches Wachstum sind stabile und verlässliche politische Rahmenbedingungen.“

Kräftig gestiegen sind im ersten Quartal 2017 auch die deutschen Exporte in die Ukraine, die um fast 29 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zulegten. „Der schwierige Reformprozess des Landes beginnt sich auszuzahlen“, so der Ost-Ausschuss-Vorsitzende: „Die Ukraine wird wieder als potenzieller Wachstumsmarkt wahrgenommen, und auch die deutschen Einfuhren von dort haben zuletzt um fast sechs Prozent zugenommen.“

Krisenländer finden langsam aus der Rezession

Weitere Impulse erhält der deutsche Handel mit Osteuropa auch durch die wirtschaftliche Stabilisierung in Ländern wie Kasachstan und Belarus, die von der Erholung in Russland und steigenden Ölpreisen profitieren. So wuchsen die deutschen Ausfuhren nach Kasachstan im ersten Quartal 2017 um 26 Prozent (plus 62 Millionen Euro) und nach Belarus um 17 Prozent (plus 42 Millionen Euro). Unter den 21 Ost-Ausschuss-Ländern waren lediglich die deutschen Exporte nach Aserbaidschan, Armenien und Tadschikistan rückläufig.

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft wurde 1952 als erste Regionalinitiative der deutschen Wirtschaft gegründet. Der Ost-Ausschuss vertritt die deutsche Wirtschaft in bilateralen Gremien und führt jährlich eine Vielzahl von Informationsveranstaltungen, Unternehmerreisen und Konferenzen in und über 21 Länder durch. Die Organisation mit Sitz in Berlin versteht sich als Kompetenzzentrum der deutschen Wirtschaft für die osteuropäischen und zentralasiatischen Zukunftsmärkte. Der Ost-Ausschuss wird von fünf großen Wirtschaftsverbänden sowie über 200 Mitgliedsunternehmen getragen.

[Pressemitteilung/Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft]

 

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