Russischer Top-Manager von Sanktionen befreit

Russischer Top-Manager von Sanktionen befreit

Der Europäische Gerichtshof hat die Sanktionen gegen Alexander Schulgin, den ehemaligen CEO des russischen Online-Marketplaces Ozon, aufgehoben. Schulgin unterlag den Beschränkungen seit am 8. April 2022. Der EU-Rat begründete dies mit der Tatsache, dass Schulgin ein „führender Geschäftsmann“ ist, der in einem Wirtschaftssektor tätig ist, der der russischen Regierung große Einnahmen beschert.

Außerdem war Schulgin bei dem Treffen der Geschäftsleute mit Präsident Wladimir Putin am 24. Februar im Kreml anwesend. Nur wenige Tage nach der Verhängung der Sanktionen (am 11. April) verließ Schulgin jedoch seinen Posten bei Ozon und trat aus dem Vorstand zurück.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist ein Präzedenzfall, denn zuvor konnten die Sanktionen nur von Angehörigen sanktionierter Geschäftsleute angefochten werden (zum Beispiel gegen Wioletta Prigoschina, die Mutter des jüngst bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Ex-Chefs der Wagner-Gruppe Jewgenij Prigoschin). Im September wies der Europäische Gerichtshof ähnliche Klagen mehrerer russischer Geschäftsleute, darunter des Milliardärs Gennadi Timtschenko, ab.

Schulgin hatte eine Klage auf Aufhebung der Sanktionen gegen ihn eingereicht und vor Gericht die Klausel angefochten, dass er als „führender Geschäftsmann“ bezeichnet werden kann. Der EU-Rat wiederum hatte dem Gericht keine Beweise dafür vorgelegt, dass Schulgin nach seinem Rücktritt weiterhin eine wichtige Rolle in der russischen Wirtschaft spielte. Offensichtlich war es für das Gericht entscheidend, dass der Top-Manager seinen Posten verlassen hat, glauben Rechtsexperten.

Wie die DW berichtet, prüft der Gerichtshof in Luxemburg etwa 80 Klagen von natürlichen und juristischen Personen aus Russland und aus Belarus, die die Entscheidungen über Sanktionen anfechten. Der EU-Rat ist verpflichtet, mindestens einmal im Jahr für jede betroffene Person zu prüfen, ob die Kriterien für die Verhängung von Sanktionen noch in Kraft sind, sagen Juristen.

Im Juni wurde der Geschäftsmann Oleg Tinkow, Gründer und Inhaber der Tinkoff-Bank, von der britischen Sanktionsliste gestrichen. Tinkow lebt seit Jahren außerhalb Russlands und hat sogar die russische Staatsbürgerschaft aufgegeben. Er verurteilte den Krieg gegen die Ukraine und verkaufte seine Bank in Russland. Dies geschah jedoch nicht durch einen Gerichtsbeschluss, sondern durch die Entscheidung der britischen Behörden. In einer Pressemitteilung der Anwaltskanzlei Corker Binning wird beschrieben, wie sie sich dafür einsetzte, dass Tinkow von den Sanktionen befreit wurde.

Oligarchen wie Michael Fridman oder Pjotr Awen versuchen, die Aufhebung der Sanktionen auf gerichtlichem Wege zu erreichen. Viele unabhängige russische Journalisten im Exil stellen mit Bedauern fest, dass all diese Milliardäre genug Geld haben, um über Anwälte und Lobbyisten eine Aufhebung der Sanktionen zu erwirken, dass sie aber nicht auf die Idee kommen, freie russische Medien oder andere gemeinnützige Projekte finanziell zu unterstützen.

[hrsg/russland.NEWS]

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