Russische Föderation: Wirtschaftstrends Jahresmitte 2014

Investitionen

Geringe Investitionen gehören zu den Hauptursachen für das aktuell schwache Wirtschaftswachstum. Die Industrie fährt punktuell an der Kapazitätsgrenze mit einer – im Landesmaßstab gesehen – unbefriedigenden Produktivität. Der Kapitalstock ist vielfach veraltet und bedarf einer Modernisierung. Angeschafft werden wegen finanzieller Engpässe teilweise jedoch nur Gebrauchtmaschinen, um komplett verschlissene Technik überhaupt ersetzen zu können. Dies ist etwa in der metallverarbeitenden Industrie zu beobachten.

Dabei ist die Investitionsschwäche keine neue Erscheinung. Schon 2013 verringerten sich die Investitionen um 0,2%, in der Bauwirtschaft sogar um 1,5%. Vor allem der Staat hielt sich nach Fertigstellung der Olympiagroßbaustelle Sotchi mit neuen Engagements zurück. Seither nahmen auch Staatskonzerne wie Gazprom keine Großvorhaben mehr in Angriff, zumal die Tarife der öffentliche Monopole für Strom, Gas und Wasser seitens der russischen Regierung für 2014 eingefroren wurden. Stagnierende Einnahmen bei fortlaufenden Produktionskosten engen die Investitionskraft der Staatskonzerne ein.

In den ersten vier Monaten 2014 verminderten der Kapitalabfluss aus der Bankenwirtschaft, die Herabstufung des Kreditrankings Russlands durch Standard & Poor´s auf BBB- und der Einbruch des Rubelkurses um 10% die Investitionskraft der Wirtschaft. Im Ergebnis wurden im genannten Zeitraum um 4,3% weniger finanzielle Mittel für Modernisierungsmaßnahmen in der Wirtschaft eingesetzt als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.

Doch zeichnet sich zumindest mittel- bis langfristig eine Verbesserung ab. Regierungsprogramme zur Versorgung von Unternehmen mit zinssubventionierten Krediten oder die Ende Mai vereinbarte milliardenschwere Beteiligung der chinesischen Wirtschaft an Großprojekten in Russland lassen auf eine Stabilisierung schließen.

Auch schöpft die russische Regierung Hoffnung aus den mehr als 130 Wirtschaftsabkommen im Wert von 269 Mrd. Rubel, die russische Konzerne mit ausländischen Unternehmensvertretern auf dem „Sankt Petersburger Wirtschaftsforum“ am 24.5.2014 abschließen konnten. Viele Projekte konzentrieren sich auf den Energiesektor.

Projekte, wie etwa die Erschließung von Gaslagerstätten in Jakutien und Irkutsk sowie der Bau der nagelneuen Gaspipeline „Sila Sibirii“ in die VR China für zusammen 80 Mio. US$, wecken zweifellos das Interesse internationaler Technologielieferanten und Investoren. Von dem erwähnten Betrag sollen 25 Mrd. $ von den chinesischen Geschäftspartnern der Gazprom in Form von Vorauszahlungen für spätere Lieferungen kommen. Analysten gehen davon aus, dass auch die restlichen 55 Mrd. $ entweder in Form chinesischer Kredite zu weichen Bedingungen oder ebenfalls als Vorauszahlung fließen werden.

Neben der wirtschaftlichen und politischen Hinwendung nach Asien geht die russische Regierung neue Verpflichtungen zum Infrastrukturausbau im eigenen Land ein. Der Ausbau der Verkehrswege und die Einrichtung weiterer Industrie- und Technologieparks gehören neben verbesserten Finanzierungsangeboten zur staatlichen Industrialisierungsstrategie der kommenden Wochen und Monate.

Die anlaufenden Infrastrukturprogramme der öffentlichen Hand könnten für Beschäftigung und Belebung in der Bauwirtschaft und in den jeweiligen Zulieferindustrien sorgen. Im Endeffekt könnte dies einen Konjunkturschub in der gesamten Wirtschaft auslösen.

Die russische Regierung konzentriert sich aktuell auf die Substitution von Lieferausfällen aus der Ukraine, zum Beispiel im Motorenbau. Im Gegenzug werden Programme zur Entwicklung von Industriezweigen, darunter zum Ausbau der Medizintechnikproduktion oder der Luft- und Raumfahrtindustrie, mit weniger Mitteln ausgestattet als noch 2013 zugesagt. Die rückläufigen Zuschüsse sollen über eine stärkere Einbeziehung privater Investoren aufgefangen werden. Eine weitere Öffnung der russischen Industrie für ausländische Beteiligungen oder aber eine verzögerte Entwicklung dieser Industriezweige scheint damit unausweichlich.

graf3

Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest, Pressemeldungen Potenzielle Investoren sowie Unternehmen, die nach Russland exportieren wollen, sollten bei ihrer Entscheidung über den Markteintritt das Stärken-Schwächen-Profil des Standorts und die damit verbundenen Chancen und Risiken (SWOT-Analyse) berücksichtigen:

graf4

PAGES

1 2 3 4 5

COMMENTS