Kissinger befürwortet nicht mehr neutralen Status der Ukraine

Kissinger befürwortet nicht mehr neutralen Status der Ukraine

Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister unter Richard Nixon und inzwischen 99 Jahre alt, hat sein Konzept für einen Friedensplan präzisiert. Er sei inzwischen der Auffassung, dass eine „neutrale Ukraine“ nicht mehr „sinnvoll“ ist. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos änderte Kissinger seine Position und erklärte, dass die Ukraine in Zukunft in die Nato aufgenommen werden könnte.

„Vor diesem Krieg war ich gegen die Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato, weil ich befürchtete, dass genau der Prozess beginnen würde, den wir jetzt erleben. Jetzt, wo dieser Prozess so weit fortgeschritten ist, macht die Idee einer neutralen Ukraine unter diesen Umständen keinen Sinn mehr. Am Ende … muss sie von der Nato Garantien erhalten, in welcher Form auch immer die Nato diese gewährt. Der Beitritt der Ukraine zur Nato ist jetzt vertretbares Ergebnis“, sagte er auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos per Videoschalte.

Nach dem Ende der Feindseligkeiten „sollte ein Diskussionsprozess zwischen Europa, Amerika und Vertretern Russlands zu monatlichen Bedingungen, Sanktionen und der Aufrechterhaltung anderer Druckinstrumente beginnen, bis eine Einigung erzielt wird“, so Kissinger. Gleichzeitig solle Washington Kiew weiter unterstützen und gegebenenfalls die Militärhilfe bis zu einem Waffenstillstand erhöhen.

Der Westen hätte seine Ziele schon erreicht, erläuterte er. Wladimir Putin habe feststellen müssen, dass er „seine Ziele mit konventionellen Mitteln nicht erreichen kann“, und Russland habe die Erweiterung der Nato um Schweden und Finnland eingeleitet.

Dennoch sollten die USA und Europa den Dialog mit Russland fortsetzen, um eine Lösung für den Konflikt in der Ukraine zu finden. „Dies ist ein Land, das sich über elf Zeitzonen erstreckt und über 15.000 Atomwaffen auf seinem Territorium verfügt“, sagte er. Er forderte den Westen auf, der Russland die Möglichkeit zu geben, „sich wieder der internationalen Staatengemeinschaft anzuschließen.

Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin sagte in Davos, dass, „wenn die Ukraine Mitglied der Nato wäre, es jetzt in diesem Land keinen Krieg gäbe“. Deswegen hätten Finnland und Schweden den Beitritt zur Nato beantragt.

Der russische Senator Alexej Puschkow kommentierte Kissingers Ideen zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine so: „Vermutlich gibt es in der US-Regierung und in der Biden-Administration Leute, die Kissingers Vorschläge zur Ukraine verstehen, sie aber nicht in die aktuelle US-Außenpolitik einfließen lassen können.“

Seit 2014 sah Henry Kissinger den neutralen Status der Ukraine als notwendig an, um den russisch-ukrainischen Konflikt zu lösen. Russland und die Ukraine sollten zum Status quo der Vorkriegszeit zurückkehren. In einem seiner Artikel sprach er sich auch für ein neues Referendum über umstrittene Gebiete aus, falls Russland und die Ukraine den Konflikt nicht durch Feindseligkeiten oder Verhandlungen lösen könnten.

Die Äußerungen Kissingers wurden damals vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski und seinem Umfeld kritisiert. Der Kreml hingegen versprach, Henry Kissingers Ideen „mit großem Interesse“ zu lesen.

Da Selenski die Rückeroberung aller verlorenen Gebiete zur Bedingung für Gespräche mit Russland macht und Russland bislang nur Interesse an Kapitulationsverhandlungen mit Kiew zeigt, ist es unwahrscheinlich, dass sich die Konfliktparteien in naher Zukunft an einen Tisch setzen.

 [hrsg/russland.NEWS]

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