Kai Ehlers ist von uns gegangen

Kai Ehlers ist von uns gegangen

Heute starb mein Freund Kai Ehlers, einer meiner wichtigsten Partner in Diskussionen. Oft haben wir absolut verschiedene Meinungen gehabt, uns gestritten aber immer wieder war unsere Freundschaft stärker und wir haben Kompromisse gefunden. Er wird mir sehr fehlen, er war mein Korrektiv und ich seines. Ich trauere sehr um ihn. Ein Nachruf von Gunnar Jütte.

Der Osteuropaforscher, Russlandexperte, Buchautor und Journalist Kai Ehlers wird eine große Lücke hinterlassen. Seit den 1980er Jahren bereiste er den Osten, sprach mit Menschen und Politikern in für Westeuropäer ziemlich unbekannten Ländern und Regionen. Durch seine Analysen, Kommentare und Beschreibungen der jeweiligen Situationen und politischen Veränderungen im Osten brachte er den Lesern diese fremde Welt näher.
Nachdem es nicht mehr opportun war, objektiv über Russland zu berichten, traf auch Kai Ehlers der Bann der Medien. In den 90er Jahren war er noch in vielen Hörfunkanstalten und Printmedien vertreten, doch damit war dann Schluss.
Kai Ehlers war daher mehr und mehr auf Veranstaltungen präsent und schrieb Bücher, um einen Gegenpol zu schaffen. Seine Kommentare und Analysen fanden in den sogenannten „Alternativmedien“ einen Resonanzboden, so auch bei uns.

Kai Ehlers war mit Vorträgen, Seminaren, Workshops und Projekten bei Bildungsakademien, freien Trägern, politischen Gruppen in Deutschland und Russland tätig. Sein Schwerpunkt lag auf den Wandlungen im nachsowjetischen Raum und deren lokalen wie auch globalen Folgen.

Mit der Übersetzung des tschuwaschischen Epos „Attil und Krimkilte“, das zum Sagenkreis der Nibelungen gehört, ließ er einen Raum lebendig werden, der bis heute nicht nur hinter dem Eisernen Vorhang, sondern auch hinter einem mongolischen und einem hunnischen Vorhang verborgen war. Es ist der Raum zwischen Asien und Europa, in dem sich die Kulturen Eurasiens zu einer miteinander verwobenen Mythen-, Helden- und Sagenwelt verbinden.
Für diese Arbeit wurde Kai Ehlers in Tschuwaschien mit dem Orden „Freund des tschuwaschischen Volkes“ ausgezeichnet. Damit eröffnete er neue Erkenntnisse zu bisher verschütteten Zusammenhängen unserer gemeinsamen eurasischen Geschichte.
Was kann man mehr für die Völkerverständigung tun?
Kai Ehlers wird uns allen fehlen.

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