Einfuhr illegaler Rauschmittel: Ukraine löst China ab

Die Wege, über die illegale Rauschmittel nach Russland gelangen, haben sich wieder einmal geändert. Sogenannte ‚Partydrogen‘ werden mittlerweile hauptsächlich aus der Ukraine, beziehungsweise den baltischen Staaten ins Land gebracht. Die klassischen Routen im Handel mit Opiaten bleiben nach wie vor die alten.

Gilt Alkohol wie eh und je zum meistverbreiteten Rauschmittel in Russland, lässt sich längst eine gesteigerte Nachfrage für illegale Substanzen ausmachen, die ins Land geschmuggelt werden. Wie auch in den westlichen Ländern zu beobachten, hat der Handel mit synthetischen Drogen erheblich zugenommen. Was in West und Ost vor dreißig Jahren noch unter dem Szene-Begriff ‚Speed‘ im Umlauf war und im Wesentlichen pharmazeutische Amphetamine wie Benzedrin und Ephedrin – Muntermacher, die bereits im 2. Weltkrieg Soldaten unter Starkstrom setzten – als Wirkungsstoff enthielt, hat zur Jahrtausendwende eine neue Dimension erfahren.

Abenteuerliche Buchstabenkürzel aus dem Chemielabor, die, vorwiegend in der Partyszene, unter Namen wie Ecstasy, Liquid oder Crystal, beziehungsweise in Russland unter dem Namen ‚Wint‘ [zu Deutsch ‚Schraube‘] kursieren und konsumiert werden, machen jeden Rauschzustand mittlerweile zu einer Abenteuerfahrt mit ungewissem Reiseziel. Während bei Stoffen, die die Müdigkeit vertreiben und den Bewegungsdrang fördern noch am ehesten die Gefahr des Dehydrierens nach stundenlangem Tanzen ohne Flüssigkeitszufuhr besteht, greifen die sogenannten ‚Meth-Aphetamine‘, früher als Pervetin bekannt, unmittelbar in den Körperhaushalt ein. Abgesehen von psychischer Abhängigkeit und dadurch bedingten Psychosen sind körperliche Verfallserscheinungen bei Langzeit-Konsumenten unabwendbar und nicht zu übersehen.

Kurz vor den Osterfeiertagen bestätigte der Leiter der Hauptverwaltung für Drogenkontrolle im russischen Innenministerium, Polizei-Generalmajor Andrej Chrapow, auf einer internationalen Konferenz zum Thema ‚Illegale Drogen und Migration‘, dass in Russland vorwiegend psychoaktive Stoffe aus der Amphetamin-Reihe beschlagnahmt wurden. Darunter fallen laut der Behörde auch die sogenannten ‚Herbal Extasy‘- und ‚Spice‘-Produkte, konsumtauglich gemachte Kräutermischungen, deren Ingredienzien ausschließlich pflanzlicher Basis sind. Über einen langen Zeitraum bewegten sich diese botanischen Rauschmittel in einer gesetzlichen Grauzone, bis sie schließlich doch noch die Aufnahme ins Drogengesetz fanden.

Klassische und moderne Routen

Während diese illegalen Rauschmittel früher vorwiegend aus China geschmuggelt wurden, wie Chrapow im Verlauf der Konferenz erläuterte, stammten die beschlagnahmten Substanzen inzwischen verstärkt aus den baltischen Ländern. „Die größten Mengen davon werden über die Ukraine befördert“, weiß der Generalmajor. Auch wenn Chrapow keine genauen Zahlen über die beschlagnahmten Mengen geben wollte, benannte er zumindest 1.398 Verfahren im vergangenen Jahr sowie 300 weitere in den ersten drei Monaten dieses Jahres, bei denen sich ukrainische Staatsangehörige für Vergehen wegen dem Betäubungsmittelgesetz in Russland verantworten mussten. Erst letzten Dienstag wurde ein Anwalt verhaftet, weil er versuchte, mehr als zweihundert Gramm illegale Drogen in das Untersuchungsgefängnis ‚Butyrka‘ zu schmuggeln.

Gleichgeblieben jedoch sind die klassischen Transitrouten der aus Afghanistan geschmuggelten Opiate. Kirgisiens Präsident Almasbek Atambajew bekräftigte nicht zum ersten Mal, wer seiner Meinung nach die Hauptschuld dafür trage. „Warum hat der Drogenhandel zugenommen? Warum sind Drogenlieferungen aus Afghanistan in andere Länder gewachsen? Weil die Taliban mehr schlecht als recht gegen den Anbau von Mohn und Drogen gekämpft hat“, beklagte Atambajew gegenüber dem russischen TV-Sender ‚Mir‘. Die Anbauflächen von Schlafmohn seien um ein Vielfaches gestiegen, seitdem die US-Koalition mitmischt. Man könne sich nur bei denjenigen bedanken, „die ihre eigenen Regeln nach Afghanistan brachten“.

Resignation und Selbstjustiz

Büßen dürfen das laut dem kirgisischem Präsidenten nun andere Länder, sagt er und spricht damit die ähnliche Problematik in Usbekistan und Tadschikistan an. Obwohl Russland in Kirgistan eine militärische Basis unterhält, die die Sicherheit in der zentralasiatischen Region gewährleisten soll, werden jährlich dennoch rund 75 Tonnen Heroin, beziehungsweise Rohopium, über die Grenzen gebracht. Die relativ hohen Schwarzmarktpreise indes schlagen erst im Empfängerland zu Buche. Wie überall wird deshalb von den Konsumenten auch auf wesentlich günstigere Ersatzderivate zurückgegriffen. Das größte ‚Sorgenkind‘ ist sicherlich das, bei Heroinabhängigen verwendete, aggressiv toxische Präparat ‚Krokodil‘. Leicht aus Hustensaft, Streichholzköpfen und Reinigungsbenzin in jeder Küche aufzubereiten, führt der injizierte Stoff rasend schnell zum körperlichen Verfall.

Gott sei Dank gibt es für jedes Problem eine Lösung, dachte sich ein Bewohner aus Chimki bei Moskau. Diesem selbsternannten Kämpfer für Recht und Ordnung verpasste ein Taxifahrer kurzerhand den Namen ‚Batman‘. Wie die Zeitung ‚Moskowskij Komsomolez‘ berichtete, habe der Chauffeur Anfang Juni letzten Jahres den Mann zum ersten Mal gesehen. Er habe eine Maske und einen langen Mantel getragen und soll eine bekannte Drogenhölle besucht haben. Die hinzu gekommene Polizei, so berichteten lokale Medien, sei mit verdächtigten Rauschgifthändlern in Handschellen herausgekommen. Angeblich hätten die Männer verprügelt ausgesehen.

„Ich möchte das klarstellen: Ich ahme Batman nicht nach. Ich habe weder Namen noch Mantel von Batman. Leider ist Batman der einzige Held, dessen Name der Taxifahrer kannte“, meldete sich der spektakuläre ‚Superheld‘ später auf einem Twitter-Account unter dem Namen Jnec Grim Reaper‘ zu Wort. Dort hat er inzwischen eine ‚Fangemeinde‘ von 6.000 Followern seit Mai 2016 um sich geschart. „Ich kämpfe gegen Drogenhändler, Vergewaltiger und Gangs“, wird er vom ‚Komsomolez‘ zitiert und habe nach eigenen Angaben schon rund vierzig Verbrecher als Batman alias der ‚Reaper‘ dingfest gemacht.

Laut der kanadischen ‚Toronto Sun‘ hält er sich dabei ganz strikt an das Motto des Original-Batman und verspricht „niemanden zu töten oder zu verkrüppeln“. Und weil der Reaper der Polizei wegen seines Verdachts auf Korruption nicht über den Weg traue, mache er seinen Job dann lieber doch alleine, sagt er. Er kann ja jederzeit twittern.

[mb/russland.news]

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