[von Hans-Ulrich Berger] – General H.R. McMaster, der neue Mann für den ehemaligen nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn, könnte die derzeit wackligen Beziehungen zwischen Washington und Moskau auf den harten Boden der Realität stellen. Aus dem Vergleich der beiden Militärs lassen sich Rückschlüsse auf die Zukunft der von sich verunsicherten Großmächte ziehen.
Während Flynn weitgehend als Trump-Loyalist gesehen wurde, dessen extreme Ansichten die des Präsidenten widerspiegelten, hat McMaster den Ruf, seinen Vorgesetzten ungeschminkt die Meinung zu sagen. Mehrfach widersprach er Positionen Flynns und damit denen von Trump.
Mit seiner letzten Funktion als Direktor des „Army Capabilities Integration Centers“ festigte er seine Rolle als einer der führenden Denker in der Armee – manche nennen ihn sogar „Kriegs-Gelehrter“. Zentraler Schwerpunkt seiner Arbeit war die Bedrohung durch Russland. Mehrfach warnte er US-Gesetzgeber vor dem erstarkenden Moskau.
Flynn schrieb 2016 ein flammendes Buch, in dem er die USA in einem „Weltkrieg“ mit dem radikalen Islam wähnte. McMaster analysierte in seinem 1997 erschienenen Buch „Pflichtverletzung“ – auf seiner Doktorarbeit basierend – das Scheitern des Vietnamkriegs mit der Unwilligkeit des damaligen Präsidenten Lyndon B. Johnson, über abweichende Ansichten zum Thema Vietnam zu diskutieren. „Er wollte Berater, die ihm sagen würden, was er hören wollte“, schrieb McMaster.
Der blumige Ideologe und der intellektuelle Stratege, der anecken kann. Der Stabsoffizier im Geheimdienstmilieu versus dem Kommandeur an der Front. Zwei verschiedene Persönlichkeitstypen, meinte der McMaster nahe stehende Ex-General Dave Barno. „Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde, ihn den Anti-Flynn zu nennen, aber sie sind sehr verschiedene Jungs.“
Trump wurde von allen Seiten für seine Auswahl gelobt. Besonders freuten sich einige seiner Anhänger, dieser Schritt beweise, Trump habe nichts gegen Intellektuelle und Kritiker in seinen Reihen. Dem ist anzufügen, dass McMaster nicht die erste Wahl des Präsidenten für diese Position war. Ex-Admiral Robert Harward lehnte das Angebot von Trump ab, den von Flynns Rücktritt frei gewordenen Platz zu füllen. Erst Senator Tom Cotton soll den Präsidenten auf McMaster als Kandidat für den Sicherheitsberater aufmerksam gemacht haben.
Wie werden die beiden Alphatypen im Umgang mit Russland miteinander auskommen. Trump hat wiederholt bessere Beziehungen zum Kreml gefordert und will von russischen Einmischungsversuchen in die US-Präsidentschaftswahl nichts wissen. Trump sagt, dass weniger Spannungen mit Russland den Vereinigten Staaten zugute kommen würden, was eine vernünftige Position ist. Ganz unvernünftig ist auch nicht der Versuch, Russland ins Boot zu holen, um das Drama in Syrien zu beenden.
Ungeklärt ist noch, wer von Trumps Beratern Verbindungen zu Putins Experten hatte und wer mit welchen russischen Funktionären bereits vor den US-Wahlen verhandelte. McMasters Vorgänger war über Gespräche dieser Art gestrauchelt. Gänzlich unklar sind Trumps Geschäftsbeziehungen zu Russland und solange er seine Steuerklärung nicht abgibt, werden diesbezügliche Spekulationen nicht enden.
Neu hinzu kommen Spekulationen über die Rolle von Trumps persönlichem Anwalt, Michael Cohen. Er soll zusammen mit einem ukrainischen Parlamentarier und einem amerikanischen Geschäftsmann hinter dem geheimen Friedensplan zur Beilegung der Ukraine-Krise stecken.
Die Sanktionen könnten fallen, wenn Russland demilitarisierend eingreife und die ukrainischen Wähler in einer Volksabstimmung entscheiden ließe, ob die Halbinsel Krim für eine 50-jährige oder 100-jährige Amtszeit an Russland vermietet werde. Die hoffentlich zu ignorierenden Gerüchte über kompromittierende Bilder in den Archiven des Kreml illustrieren vollends, auf welch tönernen Füßen Trumps Russlandpolitik steht.
Neuen Gegenwind bekam Trump von hochrangigen Mitgliedern seiner Administration. Trotz des präsidialen Aufrufs, Washington und Moskau mögen im Kampf gegen ISIS zusammenzuarbeiten, sagte Verteidigungsminister James Mattis letzte Woche in Brüssel, dass die USA „nicht in der Lage“ sind, militärisch mit Russland zusammenzuarbeiten. Obwohl Trump öffentlich argumentiert hat, dass die Allianz „veraltet“ sei, versicherten in den letzten Tagen sowohl Vizepräsident Mike Pence als auch U.N. Botschafterin Nikki Haley, dass die USA sich voll und ganz der NATO verpflichtet fühlen.
Auch Staatssekretär Rex Tillerson fuhr eine härtere Gangart mit Moskau als sein Chef. Nach einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow beharrte er darauf, dass Russland in der Ukraine deeskalierend eingreifen solle und eines Tages die Krim zurückgeben müsse.
Von seinem neuen Sicherheitsberater wird Trump einiges zu hören bekommen. McMaster ist dafür bekannt, seine inneren Überzeugungen vor das Wohl seiner Karriere zu stellen. Er wird Trump davor warnen, dass Russland die Sicherheit und die politische Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa stören will. In einer Studie „Russland New Generation Warfare Study“, die U.S. Schwachstellen auf der Grundlage der russischen Fähigkeiten identifizieren sollte, warnte er vor der wachsenden militärischen Macht Russlands. Besonders bei Cyber-Kriegs- und elektronischer Kampfführung sah er Defizite in seinem Land.
Ebenfalls beschuldigte McMaster Putin, „diverse rechte Parteien in Europa“ zu finanzieren, und zusammen mit dem Assad-Regime sowie Iran die Migrationskrise verschärfen wolle. Das erinnert an Zeiten des Kalten Krieges. Spätestens mit dem gewieften Kriegs-Gelehrten McMaster wird der letzte Optimist einsehen, dass wir uns bereits mitten in einem neuen Kalten Krieg befinden. Aus der weltweit ersehnten Annäherung zwischen Nato und Russland wird vorerst nichts.
Eine düstere Vision der Annäherung besteht noch. Michael McFaul, ein ehemaliger Botschafter in Russland, sagte zu Trumps Einweihungsrede: „Die klang wie Dinge, die ich schon oft von russischen Nationalisten gehört habe.“
[Quellen: The Hill, Bloomberg, CNN, New York Times,Vanity Fair]
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