WM-Blog – Erster Tag in Wolgograd [Fotos, Videos]

Erste Eindrücke Wolgogra. Es ist sehr heiß und drückend. Stechmücken sind auch da, und nicht zu wenig. Gleich geht es zum Mamajew-Hügel, der größten Gedenkstätte für in Stalingrad gefallene Soldaten.

Die Schlacht von Stalingrad dauerte 200 Tage. Zum Mahnmal führen deshalb genau 200 Stufen hinauf.

Am Mamajew-Hügel

Blick auf Stadion, die Wolga und die Stadt

Bei der Niederlegung von Nelken am Mahnmal

Weinende Mutter

Nelkenverkäufer vorm Mahnmal

Eine schöne Geschichte von Oleg und Lew

Mittlerweile sitzen Alex und Lev bereits im Flugzeug, zurück nach Deutschland (über Moskau).
Zuvor erzählten sie uns von einer netten Begebenheit:
„Bericht aus St. Petersburg:
Wir müssen mal wieder über die unbeschreibliche Hilfsbereitschaft der Russen berichten. Die in St. Petersburg zurückgeblieben Lew und Oleg sind heute auf der Suche zum Fanfest etwas planlos durch die riesige Stadt geirrt. Bis sie sich vor Verzweiflung getraut haben einen großen Russen anzusprechen und ihn nach dem Weg fragten. Der hat den Orientierungssinn der beiden direkt erkannt und trocken gemeint ich bringt die am besten hin. Auf dem Weg hat Oleg ihn gefragt was er denn so schafft im Leben. Er meinte er sei Doktor und was genau wollte Oleg dann noch wissen. Mit einer typischen Handbewegung eines Schlachters meinte er nur ‚HackHack‘. So ist er wohl mehr für das grobe dort zuständig. Sicher brachte er die beiden dann zum Fest. Als Dankeschön haben die sie ihn dann noch auf ein Bier eingeladen.
Wiedermal ein tolle Erfahrung bei dieser WM.
Danke Adel!“
Oleg, Adel, Lew
Adel schrieb dazu auf seiner Facebook-Seite:
„Был сегодня по делам в городе.
Обратил внимание на двоих немецких болельщиков, потерянно бродящих кругами в районе Сенной.
Потерялись — их какая-то добрейшая душа направила в диаметрально противоположную сторону от нужной (то есть — от фанзоны на Конюшенной).
Сначала показал им направление, потом взял и отвел до фанзоны. Познакомился заодно, хорошие ребята, Питер — последняя точка маршрута.
Слушайте, я не понял! Где хамящие полицейские и гвардейцы, где пьяные болельщики, где лютый шмон на входе в фанзону, в конце концов? Откуда Путин привез столько улыбающихся людей и как заставил их притворяться фанатами из разных стран?
Нет счета преступлениям прижима! Негодую! 🙂
А вообще — молодцы. Отлично можем и в организацию, и в народную дипломатию.“
Stimmung im Land
Auf allen russischen Fernsehkanälen wird das Spiel gegen Spanien ständig wiederholt, und zwar in voller Länge. Zu hatten wir jetzt auch die Gelegenheit, einmal das Spiel und die Stimmung nacherleben zu können. Wir waren während der Partie ja im Schnellzug von Moskau nach Sankt Petersburg unterwegs.
Vladimir, der Hotel-Inhaber und Patenonkel von Dimitri, freut sich mit uns, als das Elfmeterschießen erneut gut ausgeht für Russland.
Im übrigen ist in Wolgograd von Fußball-WM-Stimmung wenig zu sehen bzw. zu erleben. Hier fanden nur vier Spiele statt, und auch nicht unbedingt die Hochkaräter, wie zum Beispiel Saudi-Arabien gegen Ägypten. Aber auch die Spiele Nigeria gegen Senegal und England gegen Tunesien und Japan gegen Polen, wie uns Vladimir erzählt.
Bereits bei unserem knapp zehnstündigen Kurzaufenthalt in Moskau vor drei Tagen haben wir festgestellt, dass bereits viele Fans aus vielen Ländern nicht mehr im ursprünglichen Siedepunkt dieser Weltmeisterschaft vertreten sind.
Unsere Truppe um Capitanowitch Oleg, Norberto, Lev und dem Osvaldo, findet es am interessantesten zu Beginn einer Weltmeisterschaft, wenn wir noch Fans aller Länder antreffen können.
Die WM dünnt aus. Zwangsläufig.
Norberto und ich werden dagegen immer breiter. Optisch als auch sonst. Ist eben voll das Wetter von Norberto: Vollppension mit allem bis zum Abwinken!
Nach dem Mittagessen mit allem Pipapo geht’s an die Wolga und ins Kriegsmuseum.
Guten Zuspruch findet in Wolgograd „Mygga“, das norwegische Wundermittel gegen Stechmücken. Hat uns Guntar mit auf den Weg gegeben.
Das schweizerische Anti-Brumm war in Wolgograd total überfordert. Das reicht vielleicht für Luzern, mehr aber nicht.
Beim Flanieren entlang der Wolga werden wir von einer jungen Dame auf Deutsch angesprochen. Sie möchte gern ein Foto mit uns machen. Wir unterhalten uns kurz, sie ist Deutsch-Studentin im sechsten Semester. Die Wolga-Gegend ist ja ohnehin bekannt für viele Russlanddeutsche. Beim Abschied beginnt Svetlana plötzlich, die deutsche Nationalhymne anzustimmen. Da mussten wir natürlich mitmachen.
Deutsche Produkte in Wolgograd. Hier findet man nicht nur eine Metro, sondern auch einen Obi-Baumarkt und Schokolade „Alpen Gold“
Sehenswert: Die Ausstellung zu Stalingrad im Zweiten Weltkrieg

Auf dem Fanfest in Wolgograd ist an spielfreien Tagen natürlich überhaupt nichts los. Aber ich glaube, es dürften sich ohnehin nur ganz wenige Fans aus anderen Ländern (außer Russland) noch hierher während der WM verirren. Ein Spiel findet hier nicht mehr statt. Auch in der Stadt sieht man überhaupt keine Fans mit Trikot.

Die im zweiten Weltkrieg hart umkämpfte Stadt (1 Mio. Einwohner) ist auch heute noch Industriezentrum. Dementsprechend etwas völlig anderes als das noble Sankt Petersburg. Die Menschen sind freundlich und aufgeschlossen. Es sind viele Mütter mit ihren Kindern unterwegs. Da einem hier die Stechmücken ständig um den Kopf herum schwirren, sind manche Kleinkinder komplett in Mücken-Schutznetze eingewickelt.
Norberto meint gerade, die Stechmücken vertreibt man am besten durch Bier trinken. Da ich nichts gegen diese Moskito-Plage unversucht lassen möchte, willige ich  – schweren Herzens und eigentlich fast schon gegen meinen Willen – ein.

Norbertos Methode (Hopfentropfen gegen Mücken) zeigt Wirkung: Mittlerweile fühlen wir uns diesen Biestern klar überlegen.

Nur die Entsorgung des eingenommenen Mittels macht uns etwas Kummer: Quer durch Russland gibt es in allen Cafés, Restaurants und Hotels und so weiter einfach viel zu wenige Toiletten. Das ist auf jeden Fall ein Manko.
Erfreulich aber, dass es fast durchweg Unisex-Toiletten sind. Auf die irre Idee, um die Einrichtung von 30 unterschiedlichen Toiletten für 30 unterschiedliche Geschlechter ernsthaft diskutieren zu wollen, kommen wirklich nur die Deutschen.
Taxi Wolgograd
Dag Malmqvist der schwedische Radio-Reporter, den ich zusammen mit dem ehemaligen schwedischen Nationalspieler Hakan Mild auf dem Flug von Moskau nach Sotschi kennengelernt hatte, hat auf meine Glückwunsch-Mail zum Schweden-Sieg gegen die Schweiz reagiert und schrieb Folgendes:
Mit dem Hotelbesitzer Vladimir verstehen wir uns großartig! Wir verständigen uns in Zeichensprache, aber auch etwas auf Englisch, Französisch, auf Russisch, auf Deutsch. Als er sagt „Messi à la maison“, wissen wir jedenfalls sofort, was er meint …

Whisky aus Wolgograd. Zuerst stoßen wir mit Vladimir auf Russland an („Sa Rossija“), der zweite Trinkspruch geht auf die Wolga („Sa Wolga“). Beim dritten Trinkspruch („Auf die Gesundheit unserer Kinder!) werden die Namen der Kinder einzeln beim Namen genannt.

Es ist jetzt 22:02 Uhr Ortszeit. Fortsetzung folgt.

Der vierte und fünfte Trinkspruch ging auf unseren gemeinsamen Freund Dmitri, der uns zusammen geführt hat. Der sechste Auf Vladimir, der den Whisky selbst gebrannt hat. Der siebte, mit Bier, auf die Gesundheit von uns allen.

Zwischendurch der Wunsch, die Hoffnung, die Bitte, die Überzeugung, dass das Finale Russland und Brasilien bestreiten.
Es ist mittlerweile 22.40 Uhr Ortszeit. Katia, die freundliche Bedienung, hat gefragt, wieviel wir noch zu uns nehmen wollen. Sie ist immerhin seit heute morgen 9 Uhr im Einsatz. Wir sagen zu, bald Schluss zu machen.

Wissen nicht mehr, wo wir jetzt stehen geblieben waren. Der nächste geht jedenfalls auf die Liebe – „Sa lubov!“

22.50 Uhr Ortszeit Wolgograd.

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