WM 2018 reformiert FIFA-Regeln

Selten hat ein Weltturnier so eingreifende Maßnahmen in einem Regelwerk hervorgebracht, wie die WM in Russland. Gleich drei signifikante Änderungen wurden von der FIFA zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 beschlossen. Bemerkenswert daran ist, dass es diesmal dem Wohle des Spiels dienen soll und nicht dessen Vermarktung.

Seit der Einführung internationaler Fußballregeln, wie wir sie heute kennen, im Jahre 1863, wurde das Wechseln von Spielern für die Dauer eines Fußballspiels pro Mannschaft schon mehrfach revolutioniert. In der englischen Football Association war es ab 1965 erstmalig erlaubt einen Spieler aufgrund einer Verletzung zu ersetzen. Vorher wurde die betroffene Mannschaft einfach dementsprechend dezimiert. Ein Jahr später kam ein weiterer Spieler hinzu. Diese Regeländerung wurde schließlich 1969 auch international festgelegt.

Erstmalig ab dem Jahr 1971 durften Mannschaften fünf Auswechselspieler für ein Spiel vorab nominieren. Erst seit 1995 war es schließlich den Teams offiziell gestattet, drei statt zwei Spieler auf dem Feld zu ersetzen. Diese Regelung, an die sich die meisten von uns inzwischen gewöhnt haben, wurde für den DFB-Pokal Ende des Jahres 2016 erneut überholt. Anstatt über die komplette Spielzeit eine Mannschaft lediglich drei Mal wechseln zu lassen, beschloss man bei einer möglichen Verlängerung einen weiteren eingewechselten Spieler auf dem Feld zuzulassen.

Fußball für die Zuschauer

Der damals als Pilotprojekt gestartete Test hat sich inzwischen in der Praxis bewährt und wurde beibehalten. Auch diesmal hält der erfolgreiche Versuch im Jahr darauf Einzug in das internationale Regelwerk der FIFA, mit der Fußball-WM in Russland beginnt er zu greifen. Verstärkt auf das Zeitspiel bei Verletzungen und Auswechslungen werden künftig die Schiedsrichter zu achten haben. Laut dem ehemaligen niederländischen Stürmer Marco van Basten, heute als technischer Berater in Diensten der FIFA, soll so die „Netto-Spielzeit“ erhöht werden. „Die Zuschauer wollen Fußball sehen – und nicht darauf warten.“

Des weiteren dürfen sich die Trainer künftig vom Spielfeldrand aus über moderne Kommunikationsmittel mit ihren Assistenten auf der Tribüne austauschen. Somit steht eine moderne Funkübertragung mittels eines Headsets mit an besserer Stelle positionierten Kollegen nicht mehr ausschließlich dem Schiedsrichtergespann zur Verfügung. Wie es aus dem Lager des Deutschen Fußball-Bundes zu vernehmen ist, begrüße man die Regeländerung und denke bereits über die Lösung taktischer Finessen per Screenshot nach.

Gezeter um Videobeweis

Nach einer mehr oder weniger erfolgreichen Testphase beim Konföderationen-Pokal letzten Jahres, gab das achtköpfige International Football Association Board IFAB, das im Auftrag des Weltverbandes FIFA über die Änderungen der Fußballregeln berät, endgültig grünes Licht für den Videobeweis. Das bedeutet, dass in Zukunft neben den Linienrichtern, dem Schiedsrichter sowie seinem offiziellen Assistenten an der Außenlinie, zusätzlich ein Schiedsrichter-TV-Team für den geregelten Spielablauf Sorge tragen wird.

Die TV-Referees werden das Spiel von einer Kabine aus am Fernsehmonitor verfolgen und dem Schiedsrichtergespann auf dem Spielfeld, wenn erforderlich, Wiederholungen von Spielszenen zukommen lassen, um diese Informationen für das Urteil zu verwerten. Gianni Infantino, der Präsident des Fußball-Weltverbandes, hatte sich nach fast eintausend erfolgreichen Tests zuletzt beharrlich für den Einsatz des Videobeweises bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 ausgesprochen.

Bei der UEFA und in den nationalen Ligen ist man sich dagegen nicht ganz so eins, wie in Zürich. „Wir werden den Videoassistenten in der Champions League nicht nutzen“, sagt UEFA-Präsident Aleksander Ceferin bestimmt. Auch in der englischen Premier League sieht man dem technischen Hilfsmittel skeptisch entgegen, während man in der spanischen La Liga wiederum positiv gestimmt ist. Beim DFB wolle man sich zunächst „wieder auf das Wesentliche“ konzentrieren. Deutlicher wird man bei Bayer Leverkusen: „So, wie es jetzt umgesetzt wird, ist es ein absoluter Murks.“

Da hält man es wohl momentan am Besten mit dem Bundestrainer. „Ich bin ein absoluter Befürworter, wir sind aber noch ein bisschen in der Probierphase“, meint Löw ganz diplomatisch. „Manchmal dauert es noch zu lange, bis eingegriffen wird, manchmal wird unnötig eingegriffen.“ Gesagt hat er eigentlich nichts.

[mb/russland.NEWS]

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