WM 2018: Der fränkische Trikot-Fauxpas

In Herzogenaurach stellt man seit rund 50 Jahren Fußballtrikots für den Endverbraucher her. Bis vor 26 Jahren existierte der sowjetische Fußballverband, danach gründete man eine russische Nationalmannschaft. Ein Retro-T-Shirt aus dem Jahr 1991 sorgt pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 für Aufsehen.

Retro ist zur Zeit ganz groß in Mode, auch bei den Sportartikelherstellern. Der Ausrüster vieler Nationalmannschaften, die Firma Adidas aus der mittelfränkischen Kleinstadt Herzogenaurach, lässt es sich natürlich nicht nehmen, eine Kollektion an ehemaligen Trikots der Teams auf den Markt zu bringen, die an der diesjährigen Fußball-WM teilnehmen. Im Zuge der wirtschaftlichen Vermarktung einer Großveranstaltung sicherlich ein legitimer Gedanke. Nur im Falle Russlands hat man sich in Franken deutlich vergriffen.

Der Stein, respektive das Leibchen, des Anstoßes ist ein schickes rotes T-Shirt mit einem großen USSR-Schriftzug auf der Brust. Für Herren mit Halbarm, für die Mädels auch als Tank-Top. Etwas Besonderes habe man sich einfallen lassen, heißt es auf der Homepage der Firma. „Das Shirt für Männer kommt im detailgetreuen Design des russischen Nationaltrikots von 1991. Es ist aus sportlichem Trikot, zeigt die Nationalfarben Russlands, das Logo des russischen Fußballverbands und einem USSR-Print auf der Brust“, erklärt die Produktbeschreibung.

Modische Fehltritte

„Hoppla“ denkt sich da der kundige Fußball-Fan, das kann so gar nicht sein. Der Fußballverband der UdSSR bestand bis zum Ende der Sowjetunion im Jahr 1991. Danach agierte man bis Juni 1992 Als Auswahl der Gemeinschaft unabhängiger Staaten GUS. Darauf folgte die Geburtsstunde des Fußballverbandes der Russischen Föderation. „Das ist ungefähr so, als würde es auch ein deutsches Retro-Trikot mit einem Hakenkreuz geben“, kommentierte der Osteuropa-Experte Alex Kokcharov auf Twitter den geschichtlichen Fehltritt aus dem Hause Adidas.

Kritik hagelt es ebenso aus den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. Das litauische Außenministerium in Vilnius protestierte sogar in aller gebotenen Form gegen diese „imperiale Nostalgie“. Mittlerweile machen auch zwei gegenübergestellte Fotos die Runde. Eines zeigt das knapp 90 Euro teure UdSSR-Trikot von einem ein Model präsentiert, auf dem anderen sind die Opfer eines Massenmords durch Sowjets zu sehen. „Für nur 90 Euro kannst du den Mord an Millionen Menschen unter Stalin feiern“, lautet der Text unter den Bildern.

Beim Sportartikel-Imperium Adidas scheint man mit der Fußball-WM 2018 ohnehin kein glückliches Händchen zu haben. Auch das Retro-Trikot der deutschen Nationalmannschaft, mit dem 1990 die Generation um Klinsmann, Völler und Matthäus in Italien Weltmeister geworden ist, wurde wieder ans Licht gezerrt. Jedoch geriet auch diese Klamotte zum hässlichen Eigentor, als ein deutscher Mob im August 1992 in Rostock-Lichtenhagen ein Flüchtlingsheim angriff. Das Bild des Mannes in durchnässter Jogginghose und eben diesem Trikot beim Hitler-Gruß bleibt unvergessen.

[mb/russland.NEWS]

COMMENTS