Umfrage: Belarussen in drei Lager gespaltenSymbolfoto @ russland.NEWS

Umfrage: Belarussen in drei Lager gespalten

Die britische Denkfabrik Chatham House hat kürzlich die Umfrage „Was die Belarussen über die Krise in ihrem Land denken“ unter fast tausend Personen durchgeführt. Mehr als 70 Prozent der Befragten halten die Ergebnisse der Präsidentenwahl für fiktiv. Nur 20,6 Prozent der befragten Weißrussen gaben an, für Alexander Lukaschenko gestimmt zu haben. 52,2 Prozent stimmten für seine Gegnerin Swetlana Tichanowskaja und 13,7 Prozent weigerten sich zu anzugeben, wie sie gewählt haben.

Dieser Studie zufolge ist die belarussische Gesellschaft in drei verschiedene Gruppen unterteilt. Zur ersten Gruppe gehören Menschen, die bei den Wahlen für Tichanowskaja gestimmt haben und die Proteste unterstützen. Das sind 43,3 Prozent der Befragten. Sie sind überzeugt, dass die Wahlen manipuliert wurden und dass Strafverfolgungsbehörden Gewalt und Folter gegen Demonstranten angewendet haben.

Die zweite Gruppe besteht aus den „Zuschauern“. Den Soziologen zufolge sind sie „eher mäßig oppositionell“. Es sind 33,6 Prozent der Befragten. Insgesamt sympathisieren die „Zuschauer“ mit den Forderungen der Demonstranten und glauben, dass Lukaschenko zurücktreten sollte (64 Prozent stimmten dem zu, 4 Prozent nicht). Sie geben aber zu bedenken, ein durch radikales Handeln verursachter Regimewechsel könnte verstärkte Unterdrückung, niedrigerer Lebensstandard und eine Verschlechterung der öffentlichen Dienstleistungen zur Folge haben.

Und das dritte Segment der belarussischen Gesellschaft versammelt die Anhänger des amtierenden Diktators. Sie machen 23,1 Prozent der Gesamtstichprobe aus. In „Lukaschenkos Hochburg“ gibt es relativ mehr Rentner und Personen mit Sekundarschulabschluss. Diese Menschen stehen den Protesten negativ gegenüber. Ihr Vertrauen in Lukaschenko hält sich jedoch in Grenzen. Nur 60 Prozent der Vertreter der Gruppe glauben, dass die Wahlen fair waren. Uneins ist diese Gruppe auch bei dem Thema, Sicherheitskräfte wegen krimineller Handlungen zu verklagen. Etwa die Hälfte ist der Ansicht, dass eine ehrliche Untersuchung von Gewalttaten gegen Demonstranten erforderlich ist.

Die Belarussen wollen nicht, dass ihr Land zum Zentrum eines ausgedehnten geopolitischen Wettbewerbs wird, wie zwei Antworten zeigen: 23,2 Prozent sind der Meinung, dass geopolitische Blöcke generell vermieden werden sollten und 41,6 Prozent der Befragten wünschen, dass Belarus gleichzeitig Russland und der EU beitreten sollte – was angesichts der politischen Realitäten derzeit unmöglich ist.

Rein pro-europäisch denken nur wenige Belarussen – neun Prozent befürworten den Beitritt zur EU. Eine pro-russische Position, also ein Bündnis mit Russland, befürworten 26 Prozent. Dies bedeutet jedoch nicht, dass pro-russische Bevölkerungsgruppen eine Beziehung zu Russland wünschen, die über die wirtschaftliche Integration hinausgeht.

Die belarussische Gesellschaft stimmt überein, dass ihr Land ein unabhängiger und souveräner Staat bleiben und eine Brücke zwischen Russland und der EU schlagen sollte.

[hrsg/russland.NEWS]

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