Tschernobyl – Zu früh für den Schlussstrich

[ von Achim Riemann] Die Folgen von Tschernobyl: Die einen beschwichtigen, weil sie auf die Fortsetzung der Atomkraft setzen. Andere dramatisieren, um ihre Spendeneinnahmen zu erhöhen. Es ist einfach, die Folgen des Super-GAUs für die eigenen Interessen zu interpretieren. Auf Krebsgeschwüren findet man keine Absender.

Um so gravierender ist es dann, wenn innerhalb der UNO eine Schlussstrich-Debatte geführt wird. Mit angeblichen Fakten, die den Aussagen des UN-Generalsekretärs entgegen laufen. Während Kofi Annan von drei Millionen Kindern ausgeht, die dringend ärztliche Hilfe brauchen oder früh sterben werden, sprechen Weltgesundheitsbehörde (WHO) und Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in einer gemeinsamen Studie von ganz anderen Zahlen: 4.000 Todesopfer werde das Unglück insgesamt fordern. Die häufigste Spätfolge ist Schilddrüsenkrebs, der aber in 99 Prozent der Fälle heilbar ist.

Zwanzig Jahre nach Hiroshima und Nagasaki wussten wir nur, dass die Leukämie eine Folge der Strahlenwirkung war. 24 Jahre später bemerkten wir den Anstieg anderer Krebserkrankungen und 45 Jahre später den Anstieg der Nicht-Krebserkrankungen.

Baverstock ist es auch, der die Leichtgläubigkeit anprangert, mit der in der WHO davon ausgegangen wird, dass es nur harmlosen Schilddrüsenkrebs gibt. Wir sehen heute schon wechselnde Muster in der Entwicklung von Krebstypen. Eine tödliche Mutation lässt sich also nicht ausschließen. Außerdem ist Schilddrüsenkrebs nicht trivial, sondern eine große Belastung. Für Kinder bedeutet er oft das Ende der unbeschwerten Kindheit. Es ist also viel zu früh, die Akte Tschernobyl zu schließen.

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