The Bell: Russische Regierung lässt Folgen neuer US-Sanktionsandrohungen testen

The Bell: Russische Regierung lässt Folgen neuer US-Sanktionsandrohungen testen

Wie die geopolitische Krise enden wird, kann niemand vorhersagen, weswegen sich die russische Regierung auf mögliche Sanktionen für einen möglichen Einmarsch in die Ukraine vorbereitet. Wie The Bell gestern unter Berufung auf drei regierungsnahe Quellen berichtete, absolvierte der erste stellvertretende Ministerpräsident Andrei Belousow letzte Woche eine Reihe von Treffen über die Folgen von Sanktionen für wichtigsten Sektoren der Wirtschaft. Kommersant hatte bereits über Gespräche mit der Bank Sber berichtet.

Die Treffen fanden im Anschluss an die Ergebnisse von Stresstests russischer Unternehmen aus dem Real- und Finanzsektors statt. Russische Post, Aeroflot und Russische Eisenbahn haben bereits Präsentationen gezeigt. Überprüft wurde die Stabilität der Arbeit staatlicher Unternehmen im Falle einer Trennung von SWIFT, eines Verbots der Lieferung von westlicher Softwareausrüstung, Servern, Chips und anderer Hightech-Ausrüstung. Angefragte Unternehmen reagierten nicht, ein Sprecher von Belousow lehnte eine Stellungnahme ab, so The Bell. Topmanager sollen in privaten Gesprächen die Folgen von Sanktionen als katastrophal bewertet haben. Insbesondere bei der Einführung von Beschränkungen für den Umtausch des Rubels in Dollar, Euro und das britische Pfund hätten russische Banken „definitiv ein Problem mit der Refinanzierung ihrer Auslandsschulden“. Alle systemrelevanten russischen Banken, nicht nur die Sber, unterziehen sich solchen Stresstests. Sie simulierten die Trennung von Banken von der Unterstützung ausländischer Software- und Elektroniklieferanten, darunter Microsoft, NVIDIA, VMware, SAP, Oracle und Intel.

Die Drohung, Russlands Zugang zu weltweiten Elektroniklieferungen zu blockieren, habe in der Regierung Besorgnis ausgelöst, schreibt Kommersant. Eine vollständige Schließung von SWIFT droht Russland mit einer Lähmung des internationalen Zahlungsverkehrs, einem Währungsschock, einem Mangel an importierten Waren und wird fast die gesamte Bevölkerung Russlands betreffen. Das russische Analogon von SWIFT – das Finanznachrichtensystem der Zentralbank – wird die Kontinuität der Zahlungen innerhalb des Landes sicherstellen, aber was mit internationalen Zahlungen geschehen wird, bleibt eine Frage. Sber plane einen großangelegten Kauf von Servern und Datenspeichersystemen.

Von Kommersant befragte Vertreter von Branchenverbänden halten es für notwendig, die Importsubstitution sowohl bei Elektronik als auch bei Software zu beschleunigen. „Im Zusammenhang mit der Verschärfung der außenpolitischen Lage sprechen wir nicht mehr nur über die Notwendigkeit der Importsubstitution, sondern darüber, wie viel Zeit dafür bleibt“, betont Renat Laschin, Geschäftsführerin bei Domestic Soft.

Irina Zinowkina, Beratungsleiterin bei der InfoWatch Group kommentierte, dass es inzwischen für viele ausländische Software Gegenstücke gibt. „Aber für Organisationen, die noch nicht damit begonnen haben, ausländische Lösungen zu ersetzen, wird ein scharfer Übergang problematisch.“ Bei einer Ablösung von Systemen komme es zwangsläufig zur Beeinträchtigung von Geschäftsprozessen.

Ein anderer Experte vermutet, dass westliche Anbieter wie SAP und Oracle sich selbst Sanktionen widersetzen werden. Sie verfügten über eine ziemlich breite Palette von Kunden. Russland zu verlassen, wäre der „Verlust eines ziemlich großen Marktes“, sagt er.

Mitte Januar veröffentlichte der Ausschuss für auswärtige Beziehungen des US-Senats den Text eines neuen Sanktionsgesetzes gegen Russland, das vom Weißen Haus unterstützt wurde.

[hrsg/russland.NEWS]

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