Tag der Kosmonautik: Weltraum als Beruf in Russland gefragt, aber nicht populärJurij Gagarin auf seinem Flug ins All am 12.4.1961

Tag der Kosmonautik: Weltraum als Beruf in Russland gefragt, aber nicht populär

2016 hat man dieses Datum ganz groß gefeiert – den 55. Jahrestag der bemannten Raumfahrt. Am 12. April 1961 flog Jurij Gagarin als erster Mensch ins All. Seit 1962 ist dieses Datum als “Tag der Kosmonautik” ein offizieller Feiertag in Russland, allerdings ein Arbeitstag. Während dieses Jubiläum in Deutschland Datum kaum eine Notiz wert war, war dieser Gedenktag für 53 Prozent der Russen eins der wichtigsten im Jahre 2016 (Umfrage des Lewada-Zentrums).

Denn der nur 108 Minuten dauernde Flug hatte den Sowjets die Vorherschafft im Kosmos gesichert. Ein populärer russischer Radiosender hat es 2016 sogar zum Anlass genommen, seine Hörer zu fragen, wobei Russland ihrer Meinung nach heute ganz vorne ist. Die meisten waren sich einig: Den russischen Frauen kann niemand das Wasser reichen. Sie sind diejenigen, worauf man immer stolz sein kann. Doch auf diese Erkenntnis hätte man nicht bis zum 12. April 2016 warten müssen. Das war in Russland schon immer so.

Bevor das Coronavirus alle Pläne über Bord warf, waren viele Beobachter davon ausgegangen, dass der 12. April das perfekte Datum für die Abstimmung über die Verfassungsänderungen wäre. Allerdings „gewann“ ein anderes geschichtsträchtiges Datum das Rennen. Die Volksabstimmung hätte am 22. April stattfinden sollen, am Geburtstag von Wladimir Lenin. Jetzt wird das Referendum bis auf weiters verschoben.

Doch zurück zum 12. April. In diesem Jahr ist wieder ein großes Programm vorgesehen, allerdings finden sämtliche Veranstaltungen online statt. So wird z.B. das Moskauer Planetarium ein spezielles Online-Programm präsentieren, das dem ersten bemannten Raumflug gewidmet ist. Für den Tag der Kosmonautik wurden ein Vortrag, ein Konzert und eine Ausstellung vorbereitet – übertragen wird bei YouTube und den sozialen Netzwerken Facebook und VKontakte.

Das soziale Netzwerk Odnoklassniki startet zusammen mit der Allunionsausstellung in Moskau eine gemeinsame virtuelle Ausstellung mit einem Audioguide zur Exposition des Pavillons Kosmonautik und Luftfahrt. Auf der Projektseite des sozialen Netzwerks Wir gehen ins Museum werden berühmte Personen – Kosmonauten, Fernsehmoderatoren, Schauspieler und Musiker Weltraumgeschichten erzählen, die mit den Exponaten des Zentrums Kosmonautik und Luftfahrt zusammenhängen. Besucher des virtuellen Museums können ihr Wissen über den Weltraum bei einem Quest mit den Kosmonauten testen. Die Fragen für das Quiz werden von den russischen Kosmonauten gestellt.

Durch die grandiosen Erfolge der 1960er Jahre in der Weltraumforschung ist bei vielen Russen das Bild von Russland als führendem Land in der Weltraumforschung fest verankert. Der Einfluss dieses Bildes ist auch heute noch spürbar. Laut aktueller Umfrage des russischen Meinungsforschungszentrums (WZIOM) glauben 59 Prozent der Russen, dass ihr Land eine führende Position im Weltraum behält. Allerdings hat das Vertrauen der Russen in die Aufrechterhaltung oder Stärkung ihrer Position in der Weltraumforschung in den letzten zwei Jahren abgenommen. Dieser Trend zeigt die Enttäuschung eines Teils der Bevölkerung über den Entwicklungsvektor der russischen Kosmonautik in den letzten Jahren.

Gleichzeitig sind die meisten Russen (79 Prozent) davon überzeugt, dass die Berufe der Raumfahrtingenieure und Kosmonauten in Zukunft gefragt sein werden. Doch nur 47 Prozent finden den Job in der Raumfahrtindustrie attraktiv. „In den Köpfen unserer Landsleute überwiegen die Kosten, die mit der Arbeit in dieser Branche verbunden sind, oft die Nachfrage und die Bedeutung dieser Arbeit, was das Motiv dafür ist, Weltraumberufe für ihre Kinder oder Enkelkinder nicht als vielversprechend zu betrachten“, so die Analysten von WZIOM.

Und doch bleibt der Tag der Kosmonautik ein wichtiger Tag in Russland. Deswegen sprach der russische Präsident Wladimir Putin am Freitag mit der Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS), teilte die Zeitung Iswestija mit. Dabei betonte das Staatsoberhaupt, dass die Erforschung des Weltraums auch heute noch ein Symbol für die Entwicklung der Menschheit und den Fortschritt ist. Laut Putin eröffnet die Erforschung des Weltraums in vielen Bereichen neue Perspektiven.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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