Tag 62 – Demo auf dem Roten Platz „Für die Wiedereinführung der 0,33-l-Bierdose“

Gestern wollte ich ja noch was zu Unterschriftenaktionen erzählen. Also nicht zu irgendwelchen Schnuddel-Unterschriften-Aktionen wie „Zurück zum 9-jährigen Gymnasium“ oder sowas. Nein, etwas wirklich Sinnvolles.

Haben wir schon öfters gemacht. Meine erste Unterschriftenaktion entstand ganz spontan, auf einer Verkehrsinsel. Mit mehreren Kumpels, dem Jörg und drei anderen, setzte ich mich in der Peripherie von Rock-am-Ring mal total erschöpft irgendwohin auf eine Verkehrsinsel. Wollten nur mal kurz entspannen. Ist ja immer viel zu laufen dort. Normalerweise kommt man am Nürburgring ja nur mit einem Auto rum. Wir haben das zu Fuß geschafft! Egal.

Es kamen jedenfalls welche vorbei, die fragten, was wir dort machen würden. Wir blickten uns fragend an, und – um unseren wahren Grund, eine extreme Erschöpfung nicht nennen zu müssen – sagten wir kurzerhand, dass wir für die Wale demonstrieren. Das imponierte den anderen. Sie gesellten sich zu uns. Mit der Zeit wurde die Ansammlung immer größer und immer mehr Rocker wollten sich für Wale engagieren. Irgendwann reichte der Platz auf der Verkehrsinsel nicht mehr aus, und die Straße wurde zusätzlich in Anspruch genommen. Das ging so lange gut, bis kein Autoverkehr mehr möglich war.

Als die Polizei anrückte, erklärten circa 50 Personen mit voller Überzeugung, dass wir die Verkehrsinsel nicht eher freiwillig verlassen würden, als dass Japan seinen Walfang einstellt.

Komischerweise hatten die Polizisten dafür kein Verständnis und begannen mit der Räumung. Nicht schlimm. Wir hatten ein Signal gesetzt.

Interessant war auch mal eine Unterschriftenaktion auf der spanischen Insel Mallorca, dem 17. Bundesland der Deutschen. 1999. Dort schaffte ich es mit meinem Freund Dickfisch (der heißt wirklich so, na ja, nicht ganz, aber fast) fast 500 (!) Unterschriften zu sammeln, und zwar gegen die „Regenpläne der Bundesregierung“. Regenpläne? Ja. Wir hatten uns auf dem Formular vertippt und wollten eigentlich „Rentenpläne“ schreiben. Ging aber irgendwie schief. Dem Erfolg unserer Aktion tat das keinen Abbruch.

Legendär die Situation, als ein junger Mann – schätze, er war so um die 20 – nachfragte, warum er sowas unterschreiben solle?

„Na, die sind doch total ungerecht, die Rentenpläne der Bundesregierung! Die benachteiligen uns Junge total. Oder hast du schon mal was aus der Rentenversicherung rausgekriegt?“, versuchte Dickfisch zu überzeugen.

Hatte er natürlich nicht. Und unterzeichnete unser Formular mit entschlossenem Gesichtsausdruck.

Tja, und dann die Unterschriftenaktion, die noch aussteht, weil die passende Örtlichkeit noch nicht gefunden wurde: „Für die Wiedereinführung der 0,33-l-Bierdose.“ Die großen werden eben zu schnell warm.

So in etwa würde ich mir so eine Aktion vorstellen. Zum Beispiel in Russland auf einer Verkehrsinsel:

„Titel:

Wiedereinführung der 0,33l-Bierdose zur Steigerung der Volksgesundheit bei bei großen öffentlichen Veranstaltungen wie Open-Airs oder Fußball-Weltmeisterschaften

Was geändert werden soll:

Seit etwa 15 Jahren ist die gute, alte 0,33l-Bierdose fast durchweg durch die 0,5l-Bierdose ersetzt worden. Wir wollen die sofortige Wiedereinführung der 0,33l-Bierdose.

Begründung:

Große Musik- und Sport-Veranstaltungen Open-Air-Festivals stehen jedes Jahr vor der Tür. Jeder, der schon einmal auf einem Festival oder bei einer WM war, weiß, wie schnell mitgeführtes Bier warm wird, wenn man es nicht schnell genug trinkt.  

In Kühlboxen lassen sich Bierdosen länger kalt halten, klar. Aber sobald man eine Dose geöffnet hat, wird das Gebräu von Minute zu Minute wärmer. Warmes Bier schmeckt nicht.

Es gilt hier der Grundsatz: Schlimmer als kein Bier ist warmes Bier.

Es gilt daher, die Dose schnell leer zu trinken. Bei 0,33l-Bierdosen geht das schneller als bei 0,5l-Bierdosen. Vor allem bei mehrtägigen oder gar mehrwöchigen Veranstaltungen tut man sich nach ein paar Tagen schwer, sich ständig Bier reinzukippen, um das Level halten zu können. Die Folge: Das Bier in den 0,5l-Dosen schmeckt gegen Schluss abgestanden und ist brühwarm. Da man Bier nicht – auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen!!! – einfach auskippen darf, muss man die Dose bis zum letzten Schluck, und sei sie auch noch so warm, leer trinken.

Warmes Bier ist ungesund, es greift den Kopf und das Herz und den Verstand an. Tagelang ist Dir schlecht. Mit kaltem Bier kann das nicht passieren.

Die Wiedereinführung ist daher letztlich eine Maßnahme zur Steigerung der Volksgesundheit. Dass es nur noch ausschließlich die halben-Liter-Dosen gibt, ist ein Zeichen für Unterdrückung des Mehrheitswillens der Bevölkerung.

Wir bitten daher alle Fußball-Fans in Russland, sich mit uns zu solidarisieren und sich für die 0,33l-Bierdose einzusetzen.

Weiter setzen wir uns entschieden dafür ein, dass die russischen Fußball-Fans auch nach Ende der WM in den Stadien Bier zu trinken bekommen. Das fordern wir mit  aller Vehemenz und Nachdruck!“

Fühle mich ein bisschen wie ein echter Politiker. Egal. Ist ja eine sinnvolle Sache

Ganz konkret planen wir jedenfalls, zusammen mit den Fans aller Herren Länder eine Demo auf dem Roten Platz in Moskau durchzuführen. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit. Jeder soll wissen, wie wichtig uns das ist.

Es geht ja auch um ein Stück Freiheit. Und um die Volksgesundheit. Vor allem die der Russen.

Bleibt nur noch zu entscheiden, ob wir die Demo im Kreml anmelden oder eher spontan vonstatten gehen lassen sollen.

Mal sehen.

 

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