Tag 31 – Von Reinheit, gelben Unterhosen und zwölf Trauben (abends)

Nachdem es mir vor vier Jahren den Start in das das Neue Jahr durch eigene Unzulänglichkeiten ja ziemlich verhagelte (die Leser des ersten „Logbuch eines Tagediebs“, als es um die WM in Brasilien ging, wissen warum), möchte ich den Start ins WM-Jahr dieses Mal geschickter angehen.

Schaue mal, welche Silvestertraditionen es so gibt.

In Brasilien ist es ja Brauch, zum Jahreswechsel weiße Kleidung zu tragen. Ich stelle mir gerade vor, meine Frau würde gleich aus dem Schlafzimmer heraustreten und hätte – wie damals – ein schönes weißes Kleid an. Das mag ich aber nicht, sonst meint meine Frau, ich würde sie womöglich noch einmal heiraten wollen.

Nee, nee. Aber egal. Weiße Kleidung in Brasilien soll jedenfalls Reinheit und Frieden symbolisieren. Frieden ja. Aber Reinheit? Das ist reine Spekulation.

Am Strand sollen dort einem weiteren Brauch zu Folge Kerzen aufgestellt werden. Weiße Kerzen ständen für den Frieden, gelbe Kerzen für einen Geldsegen und rote Kerzen für Glück in der Liebe. Auch der Farbe des Slips kommt angeblich die gleiche Bedeutung zu. Will plötzlich rausfinden, welche Slip-Farbe meine Frau für heute Abend ausgesucht hat.

„Was hast Du an?“, frage ich sie.

„Wie meinst Du das? Siehst doch, was ich anhabe.“

„Ich meine untendrunter.“

„Das meinst du jetzt nicht ernst.“

„Doch!“

„Was ist in dich gefahren, Osvaldo? Willst du das Neue Jahr wieder genau so unglücklich   beginnen wie das letzte?

Oh … ha. Das stimmt. Ich bin sicher, meine Frau ahnt etwas von unseren Russland-Planungen, aber wissen tut sie es noch nicht so richtig. Eigentlich noch gar nicht. Ich kann doch nicht schon wieder …?

Beschließe, sie heute nicht mit Russland zu konfrontieren. Und morgen und übermorgen auch nicht. Es soll ja ein harmonisches Jahr werden, das 2018.

Weiter geht’s. In Spanien ist es Tradition, um Punkt Mitternacht zu jedem Glockenschlag eine Traube zu schlucken, also insgesamt zwölf Stück direkt nacheinander. Möglichst schnell. Soll Glück bringen. Je schneller, desto mehr. Gut, manche sind dabei erstickt. Für die hat das Neue Jahr dann nicht sonderlich gut angefangen. Aber die meisten überleben diese Tradition. Es sei denn, es handelt sich nicht um Trauben, die geschluckt werden, sondern versehentlich um Mandarinen. Ist ja auch egal.

Unsere Freunde in Kolumbien bereiten sich angeblich ganz doll auf ihre Tradition vor: Überall eröffnen in der letzten Woche des Jahres Verkaufsstände, an denen es ausschließlich gelbe Unterhosen zu kaufen gibt. Bringt dann Glück und man hat keine Geldsorgen. Rennt man noch dazu mit einem Koffer in der Hand ums Haus, kann man sich auf viele Reisen freuen. Mir persönlich würde für 2018 ja eine einzige reichen. Stelle ich mir jedenfalls lustig vor. Werden unsere Freunde demnächst mal danach fragen, falls wir sie in Russland wieder treffen sollten.

Und Russland?

Lese da unter www.sol.de (dem Internetangebot der Saarbrücker Zeitung):

„Russland: Die für rauschende Partys bekannten Russen läuten mit dem letzten Tag des Jahres eine zehntägige Festphase ein. In der Neujahrsnacht bringen Väterchen Frost, das Pendant zum Weihnachtsmann, und seine Begleiterin Snegurotschka (Schneeflöckchen) die Geschenke. Im ganzen Land werden Jolka-Feste gefeiert. Gemeinsam sitzt die Familie um die Jolka (den Tannenbaum) herum und isst.

Nachdem die Präsidentenrede im Fernsehen vorbei ist, wird auf das neue Jahr angestoßen. Die russisch-orthodoxe Kirche richtet sich anders als die westlichen Kirchen nicht nach dem Gregorianischen, sondern nach dem Julianischen Kalender: Weihnachten wird erst in der Nacht zum 7. Januar gefeiert, Neujahr ist erst am 13. Januar.“

Da kommt man ja total aus dem Rhythmus, schon beim Lesen wird einem schwummrig! Wie, Weihnachten erst am 7. Januar? Silvester 6 Tage später, am 13. Januar?

Mir kommen plötzlich ganz große Bedenken wegen des Rücktritts des russischen WM-Chef-Organisierers. Sollte er vielleicht deswegen zurückgetreten sein, weil er alles verwechselte? Stimmen die Termine des veröffentlichten Spielplans überhaupt? Die hinken ja voll hinterher!

Nicht, dass wir mit unserer Truppe auf einmal noch eine Woche zu früh in Russland aufschlagen. Dann hätte meine Frau allen Grund, misstrauisch zu sein. Jetzt plane ich hier schon so gut, ohne dass meine Frau etwas mitbekommt – und dann fallen mir die Russen in den Rücken!

Muss das klären. Schreibe wieder meine Bekannte vom DFB an. Die weiß das bestimmt, ob das mit dem Spielplan so stimmt oder nicht.

So, jetzt aber los. Das Neue Jahr wartet. Hoffentlich mit neuen, positiven Überraschungen.

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