Tag 30 – Von deutschen Iren überraschte Dänen

Es gab ein paar Abstimmungen, über die ich nachberichten muss:

In einer offenen Abstimmung bei einer geheimen Sitzung von Norberto und mir während eines offiziellen Kurztrips nach Dublin im November, als wir kurzerhand zum entscheidenden Playoff-Spiel zwischen Irland und Dänemark anreisten, wurde Michel einstimmig zum neuen Kapitän unserer Truppe gewählt. Er wurde damit Nachfolger von unserem Alterspräsidenten Herrmann, der die Reise nach Russland leider nicht mit antreten wird.

Hier die Original-Nachricht an Michel vom 15.11.2017 um 15.03 Uhr:

„Hallo Michel, da Herrmann nicht mitfährt nach Russland, haben Norberto und ich dich einstimmig zum neuen Capitano gewählt. Dem Beschluss gingen stundenlange Beratungen voraus. In Moskau wirst du im Juni 2018 offiziell gekürt werden. Mit fünf Runden dürfte es knapp getan sein.“

Um 20.44 Uhr nahm er die Wahl an. Norberto und ich nehmen bis heute an, dass dem stundenlange Beratungen mit seiner Frau vorausgingen. Und bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des männlichen Parts in einer Ehe. Steht so bei uns in den Statuten. Gott sei dank.

Michel versprach, als erste Amtshandlung uns in Russland einen auszugeben. Nein, nicht einen, fünf Runden möchte er übernehmen. Er möchte die Beratungsergebnisse ernst nehmen. Ein würdiger Capitano.

Irland verlor übrigens sage und schreibe 1:5, nachdem sie mit dem Unentschieden im Hinspiel eigentlich eine hervorragende Ausgangssituation für eine WM-Qualifikation hatten. Die Iren mag ich sehr, weil sie ein sehr lustiges und aufrichtiges Völkchen sind.  Menschen mit viel Herz.

Gut, nun sind eben die Dänen dabei. Ist auch ok.

Beeindruckt hat mich, dass die Menschen im Stadion nach der 1:5-Niederlage ihre Mannschaft trotzdem stehend mit Applaus verabschiedeten. In Deutschland wäre das unvorstellbar.

Schöne Szenen gab es nach dem Spiel auch auf dem Weg in die Altstadt: Einige Dänen klopften uns, also Norberto und mir, also vermeintlichen Iren, tröstend auf die Schultern und meinten, wir hätten es genauso verdient gehabt, zur WM zu fahren. Sie glaubten tatsächlich, in uns Iren zu erkennen. Kann ja sein, dass wir in etwa so aussehen. … … obwohl … bei Norberto würde mir das schon schwerfallen. Egal. Wir hatten jedenfalls irische Schals umhängen.

Die haben aber nicht schlecht gestaunt, als wir ihnen antworteten, dass es nicht schlimm für uns sei, dass sich Irland nicht für die WM qualifiziert hat. Verständnislos blickten uns dann die Dänen an. Die fragenden Blicke beantworteten wir dann stets mit dem Hochziehen unserer Jacken – denn darunter wurden unsere Deutschland-Trikots sichtbar. Grinsend und meist verdatterte Dänen zurücklassend setzten wir unseren Weg in die Altstadt fort.

Und noch eine Wahl fand statt: Michel und Norberto wurden einstimmig damit beauftragt, sich offiziell um Tickets bei der FIFA zu bewerben. Michel ist immer noch so zuverlässig wie in Brasilien. Und Norberto kriegt in aller Regel alles hin, was er hinkriegen möchte. Ich bin also zuversichtlich. Darf nur meine Frau nicht dazwischenkommen.

 

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