Tag 183 – Vom Lieferschein geliefert

Die Bikini-Oberteile kamen heute schon an. Wow! Sehen voll gut aus. Werde die vier Stück auf alle Fälle mitnehmen. Schön ganz unten im Koffer verstauen. Meine Frau soll das nicht unbedingt mitkriegen. Habe sie daher schnell geschnappt und in meinem WM-Lager vor unerwünschten Blicken versteckt. Verpackung schön leergeräumt. Und ab in den Papiercontainer. Alle Spuren verwischt. Sehr gut!

Was mich weiter beschäftigt: Hab‘ immer noch keine Unterkunft für Moskau. Ist ja nicht mehr so lange. Heute in zwei Wochen wäre die erste Übernachtung dort angesagt. Kann aber ja auch wach bleiben. Haha!

Nee, Quatsch. Norberto hat mir jetzt einen Freund von ihm genannt, den Alex, gebürtiger Russe. Wohnt in einer Nachbargemeinde. „Er kann vielleicht helfen, ruf ihn mal an.“

Gesagt, getan. Alex meint, er hätte Freunde in Moskau wohnen, die würden eventuell ihre eigenen privaten Unterkünfte an WM-Gäste vermieten. „Normalerweise wären sie weg während der WM“, erzählt Alex, „die wollen sich eigentlich das Treiben in Moskau mit den ganzen Fans nicht antun. Aber ich werde mal sehen, was sich machen lässt“. Er sagt mir zu, sich spätestens morgen wieder zu melden.

Michel postet in unsere WhatsApp-Gruppe seine Fan-ID. Wow! Die ist schon bei ihm! Sogar die laminierte Version. Also die echte. Nicht bloß die Mail-Version. Das ging aber schnell. Möchte wissen, was er denen in Russland wieder weis gemacht hat. Von meiner Fan-ID, die ich bestimmt zwei bis drei Wochen vor dem Michel bestellt hatte, jedenfalls noch keine Spur.

Dann ergänzt er: „Kam heute per Einschreiben.“

„Oh mein Gott!“, schießt es mir da durch den Kopf. Ich habe ja auch schon seit etwa einer Woche ein Einschreiben abzuholen. Hab mich aber bis jetzt geziert, es abzuholen, weil ich davon ausging, dass es eine Vorladung oder sowas in der Richtung ist. Aber nein, es ist wohl die Fan-ID!

Fahre sofort zur Post. Nehme das Einschreiben entgegen, reiße es noch im Laden auf. Tatsächlich – die FAN-ID!

Ein kleiner Wermutstropfen: Ich sehe auch auf dieser Fassung der FAN-ID aus wie ein Grombeerkäfer. Aber nicht schlimm. Jetzt hält uns nix mehr an der Einreise nach Russland.

Zum Abschluss des Tages dann die Katastrophe: Meine Frau fragt mich, wieso ich vier Bikinis gekauft hätte.

Bin sprachlos. Hat sie doch tatsächlich in meinen WM-Sachen rumgekramt!

Plötzlich hält sie mir einen Zettel vor die Nase: Es ist ein Lieferschein. Au Mann. Das hätte jetzt nicht passieren dürfen. Hatte wohl übersehen, das Teil zu entsorgen.

 

„Ähh … Das? Na, das sind Fan-Artikel. Das steht doch drauf.“

„Und was machst du damit?“

„Ähh …“

„Zieht ihr die vielleicht selbst an? Verheimlichst du mir seit Jahren etwas, Osvaldo?“

Au Mann, es wird von Sekunde zu Sekunde schlimmer.

„Ähh … ja. … Ich meine, natürlich nein, nein, natürlich!“

„Was denn jetzt?“

„Ähh …“

Ich rolle mit den Augen nach oben an die Decke. Komisch, wieso schießt es mir jetzt durch den Kopf, dass ich denke, der Özil könnte das besser. Egal.

„Nun …?“

Sie nagelt mich. Umgekehrt wäre mir durchaus lieber.

„Na, die wollen wir an den Mann bringen.“

„An den Mann bringen? Meinst du das jetzt ernst?“

„Ich meine natürlich: an die Frau! Das sind doch Bikini-Oberteile, sowas ziehen doch nur Frauen an!“

„Aha. Und die Russinnen stehen auf Bikinis in Deutschland-Farben? Wie wollt ihr das hinkriegen? Die werden doch eher vor euch davonlaufen. Aber nimm die Teile ruhig mit. Kannst sie nach eurer Rückkehr dann bei Ebay-Kleinanzeigen wieder einstellen.“

Hat aber auch überhaupt gar kein Zutrauen in mich, meine Frau. Pffft!

Weiß jetzt zumindest, warum ein Lieferschein Lieferschein heißt: Liefert dich an deine Frau aus.

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