Tag 169 – Gardinenwechsel oder: Kleider machen Fans

Lese gerade „Putin trifft Merkel in Sotschi“. Lieber wäre mir die Schlagzeile:

„Spitzentreffen in Sotschi – Osvaldos Truppe gibt Jogis Jungs letzte Instruktionen.“

In Sotschi wird am 23. Juni das Spiel Deutschland gegen Schweden steigen. Hoffentlich taucht dann die Merkel nicht schon wieder in Sotschi auf. Die lenkt dann nur vom Wesentlichen ab. Ihr Erscheinen könnte einer Titelverteidigung im Wege stehen.

Apropos – für die Titelverteidigung wollen wir nichts dem Zufall überlassen. Mein siegreiches Deutschland-Trikot mit dem „Osvaldo“-Aufdruck habe ich ja noch. Mmhhh … die Eierbecher mit dem brasilianischen Schriftzug, also meine Unterhosen von damals, habe ich auch noch. Sogar ab und zu in Gebrauch. Ob ich die …?

„Kannst Du eigentlich gut häkeln?“

Meine Frau schaut mich an.

„Wieso willst du das wissen, Osvaldo? Interessiert dich doch sonst auch nicht so, was ich kann. Da steckt doch was dahinter. Also, was ist los? Was brauchst du?“

„Könntest du eine ’14‘ durch eine ’18‘ ersetzen und ‚Brazil‘ durch ‚Russia‘?“

Keine Antwort.

„Na, ich möchte meine Erfolgshöschen von 2014 geändert haben“, ergänze ich, „mit der wir in Brasilien den Titel gewonnen haben! Die brauchen wir wieder für Russland. Dringend!“

„Du meinst die verwaschenen und zerfledderten Unterhosen, die in deiner Geheim-Schublade vor sich hin dümpeln?“

„Ja, genau die!“

„Und du willst wohl sagen, du brauchst die, Osvaldo. Oder tauscht ihr euch unterwegs immer             untereinander aus?“

„Nein! Natürlich nicht. Hast recht. Ich brauche die neuen Häkelsachen.“

„Häkeln kann ich aber nicht.“

Kurze Stille.

„Oh mein Gott! Und was wird aus unserer Titelverteidigung? Unsere ganze akribische Vorbereitung etwa … alles umsonst?“

„Beruhige dich. Häkeln tut man das ohnehin nicht. Ich gucke, dass ich dir das umgenäht kriege.“

Sie nimmt mich in den Arm. Sie weiß, wie wichtig mir das ist.

„Ein einmal erfolgreiches Trikot darf man doch nicht waschen, oder?“

„Stimmt!“

Bin stolz auf meine Frau. Hat sie von mir. Hab‘ ich ihr alles beigebracht, das mit dem Aberglauben.

„Und wie sieht es mit deinen Schlüpfern aus? Werden die auch nicht gewechselt? Ist das wie mit dem Trikot? Einmal an, immer an?“

Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet.

„Weißt du was?, sage ich ihr, „Wir lassen das mit den Unterhosen. Werde mir neue kaufen, mit russischen Buchstaben drauf.“

„Hoffentlich stehen dir die Buchstaben auch, Osvaldo. Könnte ab und zu nix schaden.“

„Wie meint sie das jetzt?“, denke ich noch, als ich hinter mir die Haustüre zumache, um mich nach russischen Slips umsehen zu gehen. Hab‘ eben nicht immer Zeit, mich um alles zu kümmern, was sie mir an Bemerkungen so zuwirft.

Heute kam Herrmann überraschend zu Besuch. Er wohnt jetzt ja in Frankfurt und machte ein Stippvisite für gerade mal sechs Stunden im Saarland. Musste dringend was abholen. Er erblickte dann auch den Bubu, den mir Max gestern übergab.

„Ja, sag‘ mal, was ist das denn?“

„Das ist mein Bubu. Ziehe ich an beim Spiel Polen gegen Senegal in Moskau. Bin mit Max im Stadion.“

Herrmann steht da und sagt nichts. Schaut nur. Erst auf das Teil, dann auf mich. Und wieder auf den Bubu.

„Das ist nicht dein Ernst, oder?“

„Wieso?“

„Osvaldo, das ist kein Kleidungsstück, das ist eine Zeltbahn.“

„Wie meinst du das?“

„Na, guck doch mal selbst. Und außerdem … das ist sogar eine besondere Zeltbahn. Sehr wahrscheinlich vom senegalesischen Militär.“

Gucke dann mal ganz genau.

„Mmhhh … So ganz unrecht hast du nicht, Herrmann“, überlege ich.

„Vorne sieht man sogar noch die Öffnungen für die Patronenhülsen. Und wenn du den Känguru-Beutel aufmachst, könntest du dir sogar noch eine Gasmaske reintun.“

Er lacht dabei. Ich nicht mehr.

„Die werden dich sofort verhaften, Osvaldo, noch bevor du überhaupt russischen Boden betrittst!“

Mir ist plötzlich gar nicht mehr zum Lachen zumute, finde meine positive Grundeinstellung aber schnell wieder.

„Pah! Das ist ein Original-Teil. Ein wunderschöner Bubu. Den ziehe ich an in Russland, auf jeden Fall. Kann kommen, was will.“

„Die werden dich als subversives Element ansehen. Die könnten das verwechseln mit Rückständen aus dem Tschetschenien-Krieg. Mach das bloß nicht!“

Sehe mir das Teil dann mal noch genauer an. … „Tja“, denke ich, „der Herrmann liegt nicht völlig daneben.“

Möchte den Bubu – bestehend aus Oberteil und Unterteil – gerne mal hier im Blog vorstellen. Das ist aber nicht einfach. Der ist so groß, den bekomme ich in unserer Wohnung gar nicht richtig ausgebreitet.

Um mal die Dimension besser veranschaulichen zu können, hier zunächst mal ein T-Shirt meiner 9-jährigen Tochter, darunter ein T-Shirt von mir (natürlich in orange; gut, der Schmächtigste bin ich wirklich nicht, muss ich eingestehen):

Jetzt zum Vergleich der Bubu, also erstmal nur das Oberteil:

Ist auf dem Rasen gut getarnt. Ob Herrmann recht hat? Von wegen Militär und so? Wenn och den beim Spiel anhabe, könnte ich mich glatt unerkannt auf den Platz schleichen. Und die Kugel den Polen unbemerkt ins Tor legen.

Im nächsten Foto sind die Vorrichtungen für die Patronen ganz gut zu erkennen:

„Ist schon mächtig, das Teil“. Mache mir Gedanken. Ob auch das mit der Zeltbahn stimmt? Der Schnitt der Hose mutet auf den ersten Blick auch etwas … sagen wir mal … gewöhnungsbedürftig an.

Aber egal. Passt schon. Werde bestimmt eine gute Figur drin abgeben (wie macht man eigentlich ein „Affenhände-Vorm-Kopf-Zeichen“ in Word? – In WhatsApp geht sowas jedenfalls einfach; und es wäre an dieser Stelle vermutlich mehr als angebracht).

Max muss mich kräftiger in Erinnerung haben. Sonst hätte er mir eventuell fünf Nummern kleiner mitgegeben. Na ja, was soll’s. Freue mich schon sehr auf’s Spiel. Und auf’s Bubu-Tragen im Stadion.

Ich bin überzeugt: Mir wird in Russland alles gut stehen – Eierbecher wie Bubu!

 

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