Tag 154 – Melnikova Inn

Rasen gemäht, Mahnungen bezahlt, auf den letzten Drücker natürlich, am Hörbuch gearbeitet, mich um Cuba gekümmert (die wollen das Geld aus unseren angeblichen Anrufen immer noch, so langsam glaube ich, da ist am Ende noch was dran; muss meine Frau bei Gelegenheit mal drauf ansprechen), mich mit den Tücken einer Krankenversicherungsabrechnung auseinandergesetzt (das macht mehr krank als so manche Krankheit an sich), mich mit meiner Frau wegen den Hausaufgaben unserer Jüngsten (3. Klasse) in die Wolle gekriegt (es ging um eine Nacherzählung, bei der die Vorlage ziemlich schlecht kopiert war; meine Frau hätte völlig losgelöst von den vier zu erklärenden Bildern eine völlig abstruse Geschichte erfunden; ich hab das dann immer korrigiert; stellt euch vor, unsere Kleine wäre mit unterschiedlichen Versionen von Hausaufgaben ihrer Eltern in die Schule gegangen; nee, nee, das konnte ich gerade so noch abwenden), beim Friseur gewesen (die russischen Frauen können sich auf was gefasst machen, sie werden ihre helle Freude an einem völlig gutaussehenden Osvaldo haben, ganz bestimmt), Sachen im Internet bestellt, einige unnötig, wie z.B. ein „4-in-1-USB-Foto-Kartenlesegerät“ (extra für Russland, wobei mir erst später klar wird, dass ich gar keinen Fotoapparat mitnehmen werde, ist einfach zu schwer und sperrig und die FIFA würde ihn mir wohl bei der Stadionkontrolle bestimmt entwenden wollen) und so weiter. Mann, was habe ich zu tun!

Meine Frau braucht dagegen nur den Haushalt zu machen und sich um die drei Kinder zu kümmern. Ok, ihren Job darf ich nicht unterschlagen. Aber den macht sie ja nur halbtags.

Was hat sich mit unseren Russland-Vorbereitungen so getan …? Nun, ich hab‘ mal eine Unterkunft in Moskau gebucht. Für die erste Woche, in der ich dort alleine sein werde (16. bis 22. Juni), also noch ohne Norberto, Michel und Lew. Es gibt dort, sagen wir mal … ganz billige Unterkünfte … und ganz teuere. Bin richtig erschrocken. Die günstigsten, die man ernst nehmen konnten, begannen bei knapp 180 Euro für sechs Tage, die teuersten mehrere Tausend. 23.651 um genau zu sein! Nennt sich „Apartment on Melnikova“. Erst dachte ich, die meinen Rubel. Nein … es waren tatsächlich Euro.

Blöd, dass ich mich so spät um eine Unterkunft gekümmert habe. Hab‘ ich zu lange schleifen lassen.

Apropos … was ist eigentlich … Melnikova? Enden nicht viele Frauenamen in Russland auf „ova“? Also … was meinen die mit Melnikova? Mmhhh … das könnte … durchaus mit den Preisen im Zusammenhang stehen. Mondpreise, haha. „On Melnikova“ wohnen, das hat was. Die einzige Steigerung wäre wohl nur noch, „Melnikova Inn“. Wenn man das bucht, das wäre bestimmt noch ein gutes Stück teurer.

Das „SleepLand“ habe ich von vornherein ausgeschlossen, obwohl es nur 20 Euro kostete. Für schlappe sechs Tage und Nächte. Liegt zwar im Zentrum von Moskau, ist laut Anbieter „sehr gefragt“, „in den letzten sechs Stunden sechs Mal gebucht“ und „drei Personen sehen sich das gerade an“, aber … irgendwie habe ich einungutes Gefühl dabei. Weiß auch nicht.

Bei der Melnikova ist immerhin eine „kostenlose Stornierung“ möglich. Aber was, wenn ich die vergesse vorzunehmen? Muss ich dann trotzdem ran? Lasse lieber die Finger davon.

Na ja. Aus Sicherheitsgründen hab‘ ich mich dann für eine andere Unterbringung entschieden. Schlicht, ein kleiner Schlafsaal 5 Kilometer vom Zentrum. Ein 4er-Zimmer mit Doppel-Etagenbett. Lerne ich eben neue Leute kennen. Holländer dürften ja kaum dabei sein, schätze ich. Nachts werde ich versuchen, als erstes einzuschlafen, denn in solchen Unterkünften beißen den letzten die Hunde. Die bleiben regelrecht wachgebellt. Gut, Norberto ist zwar nicht mit dabei, aber ich selbst kann mittlerweile auch schon ganz schön röhren, wenn es eng wird. Und es wird eng, ganz sicher. Meine Zimmergenossen werden ihren Spaß mit mir haben. Gut, dass die nicht vorher wissen, was auf sie zukommt … Zimmergenosse hat eben nichts mit Zimmer genießen zu tun. Das will ich an dieser Stelle nur mal klarstellen.

Bin jetzt aber noch woanders aktiv, kann ja nicht überall gleichzeitig sein. „Die Hilfe mancher Angehöriger in unserem Haushalt ist umgekehrt proportional zu der außergewöhnlichen Essleistung Tag für Tag“, höre ich meine Frau vor sich hin murmeln. Weiß zwar nicht so genau, was sie damit meint. Sie kann sich, wenn es ihr wichtig ist, es aber nicht alle verstehen sollen, sagen wir mal … sehr vornehm ausdrücken. Kümmert mich aber nicht. Ist ja nicht meine Sache.

„Schatz, heute hast du wieder vorzüglich gekocht!“, rufe ich ihr gut gelaunt zu, als ich vom Tisch aufstehe und mich weiter um die Russland-Vorbereitungen kümmern will. Die gehen schließlich allem andern vor.

Mehr kann ich heute beim besten Willen nicht schreiben. Habe so viel zu tun.

 

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