Tag 139 – Keine Tickets wegen der Kuba-Krise

Gleich geht’s los. Wir fahren auf Schalke. Zuvor noch ein paar Infos:

Ab 11 Uhr beginnt auf der FIFA-Homepage die Last-Minute-Verkaufsphase, die letzte Verkaufsphase, für WM-Tickets. Wir vier, also Lew, Michel, Norberto und ich, wir wollen uns ab 11 Uhr MEZ nochmal voll reinhängen und versuchen, Tickets zu ergattern. Geht nach dem Motto „First come, first serve“. Wer also zuerst kommt, wird zuerst bedient.

Dabei sind die Internet-Server natürlich voll überlastet. Bei der vorangegangenen Verkaufsphase bekamen Michel und Norberto gar keine Karten zugeteilt, Lew kam erst gar nicht ins System rein. Nur ich hatte Glück und konnte zwei Tickets für das Viertelfinale in Samara ergattern. Das Blöde: Die sind nicht an die deutsche Mannschaft gebunden, sondern rein an den Spielort. Heißt: Spielt Deutschland nicht dort, müssen wir eben mit Fans aus anderen Ländern feiern. Geht auch!

Heute probieren wir, was klar zu machen für das Achtelfinalspiel am 3. Juli in Sankt Petersburg. Dafür haben wir noch keine Karten. Wäre gigantisch, wenn das klappen würde.

Und dann steht natürlich noch meine absolute Lieblingspartie auf dem Programm, am 16. Juni 2018, 16 Uhr Ortszeit, im Spartak-Stadion zu Moskau: Argentinien gegen Island. Muss doch möglich sein, dafür ein Ticket, nur ein einziges, zugeteilt zu bekommen. Dafür würde ich mein letztes Hemd geben. Dürfte dann bei der Anreise aber echt nix dazwischenkommen. Breche nämlich morgens erst in Deutschland auf.

Mal was zur FAN-ID, die wir brauchen, um ohne Extra-Visum nach Russland einreisen zu können. Die FAN-ID ist an bereits gekaufte Tickets gekoppelt. Das Problem: Bisher funktioniert das hinten und vorne nicht.

Michel, der Zuverlässige, schrieb letzte Woche den DFB an und erhielt gestern Antwort. Hier der Original-Wortlaut:

„Lieber Michel,

(gut, das hab ich mir jetzt ausgedacht, da der Nachnamen-Klarname zu                               Verwicklungen führen könnte; aber gefühlt hätte die nette Dame die Anrede                    bestimmt so formuliert, wenn sie den Michel kennen würde, näher kennen                          würde, meine ich)

vielen Dank für Ihre Nachricht.


Für die Beantragung der FAN-ID benötigen Sie die Nummer einer Eintrittskarte bzw. der Eintrittskartenbestellung. Die Rechnungsnummer wird hierzu nicht ausreichend sein.

Leider ist die Website zur Beantragung der Fan-ID derzeit inaktiv (dies läuft über die Russische Föderation). Allerdings erhalten Sie alle wichtigen und relevanten Informationen rund um die Beantwortung auch auf unserer Webseite (www.fanguide-wm2018.de/turnier-und-tickets/fan-id/).

Sofern wir Ihnen noch weiter behilflich sein können, wenden Sie sich gerne erneut an uns!

Mit freundlichen Grüßen

i.A. IK“

So, da haben wir’s. Server in Russland komplett down. Bis auf Informationen können wir uns nix beschaffen. Und sooo gut geholfen hat uns die Dame nun ja auch wieder nicht. Au Mann.

Wenn wir nachher gefragt werden „Na, wie war’s denn in Russland?“, dann können wir wahrscheinlich alles über das Land erklären, haben allerdings keinen einzigen Schritt auf dessen Boden gesetzt. Der Server war ja down. Wir sind das auch.

Ist jetzt ja nicht mehr lange. Acht Wochen für eine Antragstellung in Russland? Die lachen sich tot! Da sind sechs Monate und mehr wahrscheinlich die Regel. Und selbst hinfahren? Ich meine, selbst hinfahren und einige Beamte bestechen, damit die sich beeilen mit der Bearbeitung der FAN-ID’s? Geht auch nicht. Wir haben ja kein Visum.

Ob wir uns mal an die russische Botschaft wenden sollten? Mmhhh …. überlegenswert.

Die könnte ich bei dieser Gelegenheit auch noch andere Sachen fragen. Aber dazu später. Muss aufpassen, meine Frau wuselt die ganze Zeit um mich rum. Sie darf davon nix erfahren. Ist ein neues Projekt, das ich nach der WM angehen möchte. Vor der WM ist eben nach der WM. Manchmal zumindest.

Michel erzählte, dass er am Wochenende bei den „German Darts Open“ in Saarbrücken gewesen sei. Er war total begeistert. „Alles total besoffen“, schrieb er in unsere Russland-WhatsApp-Gruppe, „außer mir natürlich.“ Wir haben das dann mal so stehen lassen. Schließlich muss Michel ja für Russland üben.

Gleich 11 Uhr. Bin gespannt, ob ich ins FIFA-Verkaufssystem reinkomme. Noch schnell auf’s Klo, dann volle Konzentration auf’s Surfen.

11.01 Uhr. Komme nicht rein. Kann doch nicht vor lauter Aufregung jetzt schon ein Bier reinkippen? Och, warum eigentlich nicht. Spricht absolut nix dagegen, bereits morgens betüddelt zu sein. Zumal es gleich nach Schalke geht.

Michel schreibt, dass er in der Warteschleife drin ist. Wartezeit: „mehr als 1 Stunde“.

Übersetzt bedeutet dies:

„Au Mann. Nimm dir Zeit. Mach den Rest vom Tag am besten nichts mehr außer vorm Computer sitzen, denn dann hast du die einmalige Gelegenheit, beim Eintreten in die offiziellen FIFA-Online-Hallen innerhalb des geöffneten Zeitfensters von schlappen zehn Minuten alles zu regeln, wobei du ohnehin wahrscheinlich nur sehr, sehr geringe Chancen hast, ein Ticket zu bekommen. Du Ochse.“

Bin gespannt, was bei Michel rauskommt.

Bei mir geht am Computer gar nix. Komme nicht mal auf die Formularmaske, auch keine Warteschleife weit und breit in Sicht. Unglaublich. … Ahh … ich glaube … ja, so langsam … mir dämmert’s. Das hat alles mit meinen Verbindungen nach Kuba zu tun (siehe Tage 127 und 133). Hatte vor ein paar Tagen ja die Rechnung erhalten über knappe 1600 Euro, weil ich in einer einzigen Nacht an mehreren Apparaten über den gleichen Router angeblich so viel mit denen rumtelefoniert hatte. Daraufhin habe ich mir dann eine neue Sicherheitssoftware installiert. Und jetzt blockiert die offensichtlich die offiziellen FIFA-Seiten.

Wenn es noch eines letzten Beweises bedurft hätte, dass bei der FIFA nix mit rechten Dingen zugeht, dann ist er jetzt geliefert. Die FIFA-Seiten sind überaus gefährlich und infiltrieren dir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit höchst bedrohliche Trojaner. Die wissen am Ende alles über dich. Noch mehr als der Putin.

Ich hätte ja gerne alles von mir preisgegeben, freiwillig, und sogar über meine Kuba-Kontakte hinaus, aber darf ja nicht. Blöde Software.

Gestern meldete sich Andreas mal wieder. Andreas ist ein echter Höhepunkte-Hopper. Er hat schon vier Olympische Spiele und vier Fußball-Weltmeisterschaften miterlebt. Nicht als Spieler oder Athlet. Als Zuschauer. Vielfältige Talente hat er ja, ohne Zweifel. Im Gegensatz zu uns hat er über einen offiziellen Fußball-Reise-Anbieter, dem Fan Club Nationalmannschaft, gebucht. Alles streng organisiert. Das Gute dabei: Er reist der deutschen Mannschaft hinterher, egal, wo die spielt. Sogar direkt mit nach Hause, wenn wir ausscheiden.

Nee, bei uns ist das anders. Wir wollen ja lieber mit den Fans aus aller Herren (und Frauen) Länder feiern.

Egal. Mit Andreas habe ich jedenfalls verabredet, dass wir uns zum Viertelfinale in Samara am 7. Juli treffen – falls unsere deutsche Mannschaft dann noch dabei ist.

Apropos Treffen – was macht eigentlich Bianca S.? Die tolle Deutsch-Brasilianerin, die wir zur WM 2014 mit Aufrufen öffentlich gesucht hatten, nachdem wir erfahren hatten, dass sie wie wir aus dem Saarland stammt und ebenfalls zur WM nach Brasilien fährt. Bianca S. hatten wir – das war echt sagenhaft – tatsächlich in Rio getroffen. Ob sie dieses mal auch nach Russland reist …? Wäre schön.

Aber vielleicht gibt es in den Weiten da draußen irgendwo nette Deutsch-Russinnen, die sich auf den Weg nach Moskau machen? Die wären dann die neuen Biancas.

Wir wollen uns ja nicht darauf verlassen, dass das mit Putins Töchtern (siehe Tag 106) tatsächlich klappt …

 

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