Tag 133 – Wissenschaften für sich

Heute mal im Stakkato:

Den Rubel hat’s erwischt. Stürzte gestern ab. Aber besser der als wir. Der Wert des Rubels hat sich in den letzten fünf Jahren ohnehin schon fast halbiert (derzeit erhält man für 1 Euro etwa 77 Rubel). Meine Frau hat die Befürchtung, dass ich wegen des günstigeren Wechselkurses womöglich länger in Russland bleibe. Weiß gar nicht, was sie hat, könnte man doch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Käme schließlich uns beiden entgegen.

Wie heißen eigentlich die kleinen russischen Münzen? Na, fällt der Groschen? Ja, richtig: Kopeken. 1 Rubel = 100 Kopeken. Gibt es in Stücken zu 1, 5, 10 und 50 Kopeken. Bin mal gespannt, wie lange es die überhaupt noch gibt. Wie ich gelesen habe, liegt der Herstellungspreis einer Münze zu 1 Kopeke bei etwa 30 Kopeken. Das war schon im Jahr 2008. Kein Wunder, dass seither die Münzen zu 1 und zu 5 Kopeken aus dem Verkehr gezogen werden. Mittlerweile wird an den Supermarktkassen wohl sogar schon auf ganze Rubel gerundet.

Was macht man mit noch im Besitz befindlichen Kopeken? Keine Ahnung. Auf den Kopf hauen geht schlecht, wenn der Wert gegen Null tendiert. Wäre die WM in Italien, könnte man sie wenigstens in den Trevi-Brunnen schmeißen und sich was dabei wünschen. Zum Beispiel: „Holland wird Weltmeister“. Haha.

Bedauern tue ich, dass es die Einheit „Pfennig“ nicht mehr gibt. Der arme Groschen. Und beim guten alten Heiermann, dem ehrwürdigen 5-Mark-Stück, hatte man sogar noch richtig was in der Hand, der war nicht so leichtgewichtig wie die Münzen heute.

… was mich heute beschäftigt hat:

… als derzeit regelmäßiger Waagengänger habe ich heute eine recht kuriose (wissenschaftlich aber noch nicht endgültig belegte) Entdeckung gemacht: Eine schwächer werdende Batterie in der Waage löst einen vergleichsweise leicht herbeigeführten Gewichtsverlust aus; eine neu eingesetzte Batterie hingegen blankes Entsetzen.

… Bilder ins Panini-WM-Album einkleben ist für rein digital veranlagte Zeitgenossen eine hervorragende analoge Alternative. Von der Wirkung her ähnlich wie ein Waldspaziergang. Entschleunigt ungemein.

… kurios (und wahrscheinlich der Grund, warum die deutsche Sprache noch schwieriger zu erlernen ist als Russisch): Das Gegenteil von „Umfahren“ ist „Umfahren“. Tsetse.

… Norberto hat eine Schwäche bei mir ausgemacht, die ich gerne verheimlicht hätte. „Osvaldo, ich mag dich ja, aber was du da ständig an T-Shirts an dir rumträgst, das kann ich fast nicht glauben.“ Ja, Norberto liegt mit seiner Vermutung richtig, und daher sehe ich mich gezwungen, ein Geständnis abzulegen: Meine Lieblingsfarbe ist orange. Und zwar in allen nur denkbaren Nuancen. Norberto hat mich heute zum dritten Mal innerhalb von drei Tagen mit einem orangefarbenen T-Shirt im Dorf gesehen. Ganz übel. Fühlte mich wie ein Transvestit bei seinem ersten öffentlichen Spaziergang nach seinem Outing. Ok, nun ist es raus. Orange. Wie Holland. Für Norberto der Super-Gau. Aber es ist wichtig, zu seinen Schwächen zu stehen.

… Buffon kassierte gestern Abend eine rote Karte nach einem zweifelhaften Elfmeter in der letzten Minute der Nachspielzeit und sein Juventus-Team schied sehr unglücklich aus. Der einzige, der mit dem armen Buffon kein Mitgefühl zeigte, war Olli Kahn. Wundern tut mich das nicht: Er wirbt ja auch für eine Sportwettenfirma und hat kein Mitleid mit den ganzen Spielsüchtigen, die Haus und Hof verprassen und dadurch großes Leid über ganze Familien bringen können. Olli Kahn verdient sein Geld mit der Misere anderer Menschen. Sehr verwerflich, finde ich. Und ziemlich charakterlos.

… die Telekom-Rechnung wegen Kuba (siehe Tag 127) kam heute rein: 1.661,- Euro. Alles angeblich in einer einzigen Nacht während zwei Stunden vertelefoniert. Wow. Nicht mal meiner Frau hätte ich ein solches Pensum zugetraut. Hab jetzt widersprochen und bin gespannt, was rauskommt.

… durch Zufall entdeckte meine Frau heute ein russisches Lebensmittelgeschäft in einer benachbarten Stadt. Sie hat mir sofort davon berichtet. Wundert mich. Hätte eher vermutet, dass sie versucht, mir das mit allen Mitteln vorzuenthalten. Sie müsste doch wissen, dass ich mir das mal selbst anschauen gehe. Und ab dann versuchen werde, mich für die WM in zwei Monaten auf russische Verhältnisse einzuessen und einzutrinken.

Werde gleich morgen früh mal hin.

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