Stimmen aus Russland: „Mit gutem Beispiel voran – Farbrevolution in den USA“Sturm auf das Capitol in Washington

Stimmen aus Russland: „Mit gutem Beispiel voran – Farbrevolution in den USA“

Auf die Ereignisse der letzten Nacht in Washington reagiert Russland verhalten. Nun, es ist der Weihnachtstag der orthodoxen Kirche, da steht anderes auf dem Programm. Das russische Außenministerium äußerte sich per Facebook durch seine Sprecherin Maria Sacharowa. Sie veröffentlichte einen Beitrag der ehemaligen Chefin des CNN-Moskauer Büros, Jill Dougherty: „Die USA werden der Welt nie wieder sagen können, dass wir das Modell der Demokratie sind“, hatte Dougherty auf geschrieben.

Ähnlich formulierte es Konstantin Kossatschow, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Föderationsrates, „die Vereinigten Staaten hätten das Recht verloren, anderen Ländern einen demokratischen Kurs aufzuzwingen“. Die amerikanische Demokratie humpele offensichtlich „auf beiden Beinen“. Das niemals klare hin und her seit der Auszählung der Stimmen vom 3. November bis zum gestrigen Zählende in Georgia habe „Amerika halbiert“. Und beide Hälften werden immer jegliche Abstimmungsergebnisse zu ihren Gunsten anzweifeln. „Die Feier der Demokratie ist vorbei“, so Kossatschow ohne einen Anflug von Schadenfreude. „Amerika legt den Kurs nicht mehr fest und hat daher das Recht verloren, ihn festzulegen. Und vor allem anderen aufzuzwingen.“ Einer der Gründe, warum die Menschen in Washington auf die Straße gingen, liegt im Narzissmus, in der Exzentrik und Abenteuerlust von Noch-Präsident Trump, der jetzt auf der „Kapitänsbrücke eines sinkenden Schiffes“ steht.

Gevorg Mirzayan, außerordentlicher Professor der Finanzuniversität, glaubt der Sturm des Kapitols werde das Bild von Amerika verändern. „Zum ersten Mal seit Hunderten von Jahren erhielten die Vereinigten Staaten das, was sie in anderen Ländern der Welt so aktiv verbreiteten – den Atem des Bürgerkriegs.“ Ein von Trump inspirierter Mob habe für Stunden sowohl amerikanische Politiker als auch die Presse einen echten Schock versetzt.

Mirzayan erinnert an den neuen politikwissenschaftlichen Begriff „Kirgisieren – wenn eine Menschenmenge, die mit den Wahlergebnissen unzufrieden ist, traditionell wichtige Regierungsgebäude beschlagnahmt“. In Kirgisistan habe diese Variante der Anfechtung der Abstimmungsergebnisse Tradition. George W. Bush bezeichnete einst Staaten mit derartigen Vorkommnissen als „Bananenrepubliken“. Mit den Ereignissen vom 6. Januar haben sich die Vereinigten Staaten dieser Reihe von „Republiken“ angeschlossen. Der Professor befürchtet, dass dieses erste „Kirgisieren“ in der US-Geschichte nicht das letzte sein wird.

Der frühere amerikanische Botschafter in Russland, Michael McFaul, schrieb auf Twitter, dass die Unruhen in Washington nicht mit 1776 verglichen werden sollten, als die Unabhängigkeitserklärung der USA verabschiedet wurde, sondern mit 1917. Obwohl sich Trumps Anhänger selbst als Antikommunisten bezeichnen, ähneln ihre Aktionen denen der Bolschewiki. „Glücklicherweise, wo Lenin hingegen Erfolg hatte, scheiterten Trumps Anhänger“, so McFaul. Es gäbe in den Vereinigten Staaten keine Spaltung zwischen Konservativen und Liberalen, sondern zwischen Befürwortern von Autokratie und Demokratie. Die Demokraten sind seiner Meinung nach klar in der Mehrheit. Er erinnerte daran, dass „Revolutionäre auf der ganzen Welt immer wieder bewiesen haben, dass man keine Mehrheit sein muss, um die Demokratie zu stürzen oder zu bedrohen.“

Die nicht als amerikafreundlich bekannte Zeitung Tsargrad titelt: „Mit gutem Beispiel voran – Farbrevolution in den USA“. Der Kreml habe vom „tiefen Staat“ in den Vereinigten Staaten drei Weihnachtsgeschenke erhalten. Erstens den Freibrief, gegen jede Oppositionsbewegung vorzugehen: Man muss sie nur als Aufstand bezeichnen.  Zweitens eine klare Anleitung, wie man den Protest schnell und effektiv ausgrenzen kann. Keine Schlagstöcke auf Plätzen, wo Demonstranten immer wie Opfer aussehen. Lasst die Menge rein und sorgt für Medienbegleitung. Und drittens, holt euch Freaks vor die Kamera, am besten mit Fellen und Hörnern.

Trump hat inzwischen zugesagt, dass am 20. Januar eine geordnete Machtübertragung an den gewählten Präsidenten Joe Biden stattfinden wird, während der Präsident den Ergebnissen der letzten Wahlen nach wie vor nicht zustimmt, schrieb sein Berater Dan Scavino auf Twitter. Dies markiere „das Ende der größten ersten Amtszeit in der Geschichte der Präsidentschaft“ und sei nur der Beginn unseres „Kampfes, Amerika wieder großartig zu machen“.

Gestern war eine Kongresssitzung für mehrere Stunden unterbrochen, nachdem Trump-Fans das Parlamentsgebäude auf dem Capitol Hill in Washington gestürmt hatten. Nach bisherigen Informationen kamen vier Menschen ums Leben.

[hrsg/russland.NEWS]

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