Schwimmendes AKW wird aufgeladen

In Murmansk begann die Beladung der Reaktoren des bislang weltweit einzigen schwimmenden Atomkraftwerkes „Akademik Lomonossow“ mit Kernbrennstoff. Ab 2019 wird die Anlage die Bevölkerung und Industriestandorte im sibirischen Hafen Pewek, der nördlichsten Stadt Russlands, mit Strom und Wärme versorgen.

Der wassergängige Meiler ist für den Betrieb im Hohen Norden und Fernen Osten ausgelegt – sein Hauptzweck ist es, entlegene Industriestandorte, Hafenstädte sowie strategisch wichtige Öl- und Gasplattformen auf hoher See zu versorgen. Das 144 Meter lange und 30 Meter hohe Schiff, an dem seit 2006 gebaut wurde, ist mit zwei Reaktoren vom Typ KLT-40S ausgestattet, die in der Lage sind, bis 70 MW Strom und 50 GKal/h Wärmeenergie zu erzeugen – genug, um eine Stadt mit etwa hunderttausend Menschen mit Strom zu versorgen.

Im Frühjahr dieses Jahres wurde das Schiff von der Werft St. Petersburg nach Murmansk geschleppt, wo die Reaktoren nach der Kernbrennstoffbeladung angefahren und getestet werden. Der Bestimmungsort der „Akademik Lomonossow“ ist die Stadt Pewek auf der Tschuktschen-Halbinsel in Nordostsibirien. Dort wird es das bereits technisch veraltete Kernkraftwerk Bilibino und das Wärmekraftwerk Tchaunskaja ersetzen und somit zum nördlichsten Kernkraftwerk der Welt werden.

Den aktuellen Stand des Projektes kommentierte Leiter der Direktion für den Bau und Betrieb des schwimmenden Kernheizkraftwerks im Konzern Rosenergoatom, Witalij Trutnew: „Unsere Spezialisten haben bereits damit begonnen, eine der wichtigsten Aufgaben umzusetzen – die schrittweise Beschickung der Reaktoranlagen. Die nächsten Schlüsselphasen bis zum Jahresende werden, nach Erhalt der entsprechenden Genehmigungen durch die russische Kernenergie-Aufsichtsbehörde Rostechhnadzor, das physikalische Anfahren der Reaktoren und der Beginn der Pfahlproben sein.“

Das schwimmende AKW ist das Pilotprojekt einer Reihe von mobilen, transportablen Kleinkraftwerken – weitere sollen folgen. Geplant ist auch der Export, vor allem in Entwicklungsländer ohne ausreichende Energieversorgung. So können derartige mobile Kraftwerke beispielsweise in Inselstaaten betrieben werden, die auf dieser Grundlage leistungsfähige Entsalzungsanlagen bauen können. Das Vorstandsmitglied der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG), Prof. Dr. Marco K. Koch, zu den Aussichten dieser Technologien: „Das Konzept eines kleinen modularen Reaktors (SMR) als schwimmendes Kraftwerk bietet ein großes Potential, entlegene Gegenden zu erschließen. Sie sind auch für Regionen ohne Nuklearinfrastruktur geeignet“. Für diese müsse zusätzlich bedacht werden, hob der Experte hervor, dass es möglich sein muss, die Einheiten nach geplanter Einsatzzeit komplett zurückzuholen. „Zudem muss das Exportland beziehungsweise das exportierende Unternehmen verantwortlich für den Betrieb und die Sicherheit der Anlagen sein. Eine Sicherheitskultur muss dabei ebenfalls etabliert werden um einen sicheren Betrieb, auch über die Kraftwerksgrenzen hinaus, zu gewährleisten“, fügte er hinzu.

Dem Sicherheitsaspekt wurde bei Konzipierung und Bau der „Akademik Lomonossow“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Rosatom erklärt, das schwimmende Kernkraftwerk sei mit einer großen Sicherheitsmarge ausgelegt, die allen denkbaren Bedrohungen standhalte und die Kernreaktoren für Tsunamis und andere Naturkatastrophen unverwundbar mache. Der stellvertretende Leiter der Direktion für den Bau und Betrieb des schwimmenden Kernkraftwerks, Dmitri Alekseenko betonte, die Sicherheit sei die wichtigste Voraussetzung für den Start des Kraftwerks in Murmansk. „Die Basis von Atomflot, einer Tochtergesellschaft von Rosatom, die für die Durchführung des Projekts verantwortlich ist, verfügt über alle notwendigen Infrastrukturen, Spezialisten und Kompetenzen sowohl für die Beladung mit Kernbrennstoffen als auch für das physikalische Anfahren der Reaktoren“, versicherte er.

Derzeit werden am künftigen „Liegeplatz“ in Pewek alle notwendigen Bauarbeiten durchgeführt, um die erforderliche Infrastruktur zu schaffen, einschließlich eines Komplexes von Gebäuden, hydraulischen Strukturen und einer Küstenplattform, die einen sicheren Hafenaufenthalt des Energieblocks und die Stromübertragung an die Küste ab  dem kommenden Jahr sicherstellen werden.

[hh/russland.NEWS]

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