Russlands Coach 100 Tage vor der WM

Mit dem heutigen sind es noch genau einhundert Tage, bevor sich alles nur um ein Thema dreht – Die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Am 14. Juni eröffnen Russland und Saudi-Arabien in Moskau das 21. Turnier der besten Mannschaften der Welt. Russlands Trainer Tschertschessow mit einer Bestandsaufnahme.

„Wir müssen ein richtig starker Gastgeber sein“, Tschertschessow weiß wovon er spricht. Es ist an ihm und seiner Mannschaft, all die Lästermäuler zum Schweigen zu bringen, die bis zuletzt versucht haben, das ehrgeizige Projekt Russia-2018 schlecht zu reden. Die Sbornaja soll alle Debatten, die sich um das umstrittene Turnier rankten, glätten. Das dies keine leichte Aufgabe ist, weiß der ehemalige Profispieler von Dynamo Dresden selbst. Bereitwillig stand er der Deutschen Presseagentur dpa Rede und Antwort.

Bundestrainer Jogi Löw und er hätten dasselbe Problem, sagt er gleich vorweg mit Blick auf den Turnierfavoriten Deutschland. „Wir haben die gleichen Symptome, aber die Diagnose ist eine andere: Er hat zu viele Spieler, ich habe zu wenige“, scherzt der Trainer über den Stand seiner Mannschaft. Aber er sehe sie auf einem guten Weg, sagt er. Nachdem er ein schwerfälliges, überaltertes Team nach einer, aus russischer Sicht, desolaten Vorstellung bei der Europameisterschaft in Frankreich übernommen hatte, habe die Sbornaja nun ein wesentlich positiveres Image.

Ein verjüngter Kader mit schwerer Bürde

„Wir sind ein Team geworden. Wir haben an unserer Mentalität gearbeitet, jetzt können wir richtig Gas geben“, glaubt er, wenn er auf seine verjüngte Mannschaft schaut. Das Achtelfinale sei das Mindeste, was es zu erreichen gilt, schon alleine wegen der Zuschauer die wieder hinter ihnen stehen. Allerdings warnt er auch vor überhöhten Erwartungen. „Wir müssen uns selbst gegenüber objektiv bleiben. Deutschland gehört klar zu den Favoriten. Und auch Teams wie Brasilien, Argentinien und Frankreich stehen auf der Favoritenliste deutlich höher als wir“, versucht Tschertschessow den Ball im eigenen Land flach zu halten.

Wie er sagt, sei er nicht böse, dass ein WM-Spiel gegen Deutschland aufgrund der Gruppenarithmetik erst sehr spät möglich sei. „Wir können erst im Halbfinale oder Finale auf Deutschland treffen. Wenn wir so weit kommen, bin ich der glücklichste Mann der Welt“. Eine ganze Nation wird ihm dafür recht geben, dass ist sicher. Zunächst jedoch gilt es für Russland sich in der Gruppe A gegen Ägypten, Uruguay sowie Saudi-Arabien durchzusetzen. „Wir müssen von Schritt zu Schritt denken“, schränkt der Trainer die erste Euphorie ein.

Bis Juni sollen noch die geplanten Testspiele, unter anderem gegen Top-Teams wie Brasilien und Frankreich, ausgetragen werden. „Es geht darum, die Sbornaja konkurrenzfähig zu machen“, lanciert Tschertschessow. Deshalb müsse vor allem die Defensive verbessert und unnötige Gegentore nach Fouls vermieden werden. „Am Trikot ziehen, ein Foul am Strafraum, das muss nicht sein“, findet er. Und einen simplen, aber effektiven Ratschlag hat er für seine Offensivabteilung auch gleich parat: „Wir müssen unser Stellungsspiel im Angriff verbessern!“

Deutsche Fußball-Talente als Hoffnung

Auf zwei, die dabei helfen können, setzt der Trainer ganz besonders. Die Ex-Bundesligisten Konstantin Rausch und Roman Neustädter, die mit russischen, beziehungsweise sowjetischen Wurzeln für die russische Nationalmannschaft spielberechtigt sind, können laut ihrem Coach auf einen Platz im Kader hoffen. „Jetzt müssen sie gesund und fit bleiben, alles Weitere wird sich in der laufenden Meisterschaft zeigen“, so Tschertschessow. „Die Vorfreude, die steigt mehr und mehr“, der ehemalige Schalker Neustädter ist sich  bereits ziemlich sicher.

Rauschs Wechsel zur Winterpause vom 1. FC Köln zu Dynamo Moskau habe er sogar aktiv begleitet, räumt Tschertschessow ein. „Der Präsident von Dynamo hat mich angerufen und zu Rausch befragt. Ich habe Rauschs Schnelligkeit auf der linken Seite beschrieben. Meiner Meinung nach war das die richtige Entscheidung“, so die Einschätzung des Trainers. Alle zwei würden ohnehin einen guten Eindruck auf ihn und die Mannschaft hinterlassen. „Wenn du nur wenige Spieler zur Verfügung hast, musst du auch gut auswählen“, macht er den beiden Mut.

Im Zuge der Doping-Vorwürfe im russischen Sport ist auch Russlands Fußball ins Zwielicht geraten. Bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien, so behaupten jedenfalls Mediziner, sei auch die russische Fußball-Auswahl gedopt gewesen. Tschertschessow will davon nichts wissen: „Uns betrifft das nicht“, lautet seine knappe und bestimmte Antwort zu den, seiner Meinung nach haltlosen, Anschuldigungen. Schon vor längerem merkte er süffisant dazu an, dass die Leistung des damaligen Teams ja wohl eindeutig das Gegenteil bewiesen habe.

[mb/russland.NEWS]

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