russland.TV-YouTube: 7 Millionen – Backstage-Bilanz

Heute Nacht hat der YouTube-Channel von russland.TV die 7.000.000-Marke  an Zuschauern überschritten. Zeit für einen kleinen Blick hinter die Kulissen und auf die bisherige Entwicklung.

Pionier nicht ohne Fehler

russland.TV als Web-TV der Onlinezeitung russland.RU (est. 1998!) gibt es bereits seit 2007, als erste regelmäßige Reisevideos und Kulturevents auch in Videoform bei uns in Netz kamen. Damals fragte man unsere Mitarbeiter vor Ort noch ungläubig, ob das wirklich nur ins Netz geht, ganz „ohne Print“ und niemand kannte das Wort „YouTuber“. Es gab sogar schon seit 2001 legendäre Vorläufer mit Webvideos im Briefmarkenformat – im damaligen Netz eine Seltenheit. Auf YouTube waren wir damals noch nicht und dachten, auch unabhängig davon im Internet erfolgreich Russlandvideos zeigen zu können. Eine verhängnisvolle Fehlentscheidung.

So platzierten wir bis 2010 unsere Filme nur auf einem eigenen Server und bei MyVideo.de, erst ab 2011 gab es zumindest Zweitveröffentlichungen auf YouTube – auf Eigeninitiative und in Eigenarbeit des Videoredakteurs. Doch noch bis 2013 sollte russland.TV bei YouTube nur nebenher laufen. Das führte zu einer Krise. Wesentlich geringere Analysemöglichkeiten und ein isoliertes Arbeiten verhinderten eine wirklich gute Ausrichtung auf die Vorlieben des Publikums, MyVideo.de verlor den Kampf mit dem Google-Videoriesen und verödete zur Videowüste. Der YouTube-Channel, obwohl eigentlich isoliertes Nebenprojekt hatte am Ende dennoch die höchsten Zuschauerzahlen. Zahlreiche junge, oft innovative YouTuber hatten uns von der Reichweite weit überholt.

Der totale YouTube-Schwenk 2013

Diese Situation führte 2013 zu einem radikalen Kurswechsel: Dem vollen Schwenk auf YouTube im Zuge einer Umgestaltung von russland.RU. Jetzt erst entstand russland.TV, wie man es heute kennt. Die Olympiade in Sotschi und der Ukraine-Konflikt brachten eine thematisch Konzentration auf Politik und Sport, heute 90 % unseres Programms. Kontakte zu begabten jungen Videomoderatorinnen wie Anna Gamburg und Anna Nikonova entstanden. Immer mehr selbst gefilmtes Material wurde in den Videos eingesetzt, anstatt wie zuvor mehr auf Fremdanbieter zu setzen.

Veröffentlichungen auf MyVideo wurden aufgegeben, der kostspielige eigene Videoserver eingestampft, die Mitgliedschaft im YouTuber-Netzwerk Mediakraft begründet, um KnowHow zu sammeln. Als „Altlast“ von Fehlern vergangener Tage ist die Abonnentenzahl von russland.TV bei YouTube noch heute eher niedrig,  aber die Zuschauer unserer Filme sind überwiegend im Alter zwischen 25 und 45 Jahren (wenn nicht „noch“ älter), wo News-Clips auch ohne Abo oder auf unserer Seite geschaut werden und die Leute stattdessen sogar altmodische Dinge wie „Lesezeichen“ verwenden.

Steigende Zahlen – wachsendes Team

Noch nie stiegen die Abozahlen so schnell wie 2015. Auch das Team, das die Videos produzierte, erweiterte sich 2013 bis 2015 und in zahlreichen russischen Städten haben wir heute aktive Filmer oder „Schläfer“, die bei aktuellen Ereignissen vor Ort für uns aktiv werden können. Eins haben sie alle gemeinsam: Sie wohnen, wo sie filmen und authentischer als jeder fremde deutsche Journalist können sie uns und unseren Zuschauern Informationen und Aufnahmen liefern. Außerdem haben sie natürlich wesentlich kleinere und billigere Kameras als die Profi-Konkurrenz, aber angesichts des technischen Fortschritts lassen sich damit annehmbare Clips produzieren.

So entstehen alle Filme dezentral, auch moderiert wird verteilt über Russland und Deutschland. Das Rohmaterial wandert durch das Netz zwischen Mitstreitern, die sich teilweise noch nie real getroffen haben oder das nur bei seltenen Redaktionstreffen tun. Die Fäden der Videoabteilung laufen aber nach wie vor in einem Dachzimmer im Fränkischen zusammen, das in diesem Video unserer Reihe „News mit Anna“ von vor ein paar Monaten zu sehen war:

Das Russlandbild wird politischer

Das Russlandbild der Deutschen hat heute andere Schwerpunkte, als zu Beginn der Tätigkeit von russland.TV. War Russland im Kopf der Deutschen damals politisch nur wenig präsent, dafür aber ein Geheimtip unter Abenteuer-Individualurlaubern, sind heute politische Clips ein Rückrat unseres Programms und mit Reiseclips (oder gar Kultur) ist es sehr schwer, überhaupt nennenswert Zuschauer zu bekommen. Wir berücksichtigen das im Programm, geben jedoch dennoch nicht auf, die Mitteleuropäer auch für das Russland abseits der Politik begeistern zu wollen. Denn Russland ist nunmal mehr als Putin. Mit unseren vielen Mitstreitern in Russland selbst haben wir hier den besseren Draht, als die deutschen Mainstream-Reporter, die eher Touristen ohne tieferes Interesse gleichen und für die Russland oft nur eine Station zum Abhaken auf dem Karriereweg ist.

Wegen dem Unikum der früheren Konzentration woanders liegt übrigens die Gesamtzuschauerzahl von russland.TV noch um einiges höher, als die bei YouTube. Inzwischen ist aber auch hier der YouTube-Anteil bei mehr als 75 % gesamt. So werden wir auch weiterhin mit dem Videoriesen verbunden bleiben, wo wir unsere Zuschauer nun einmal erreichen – direkt aus Russland mit Information und Unterhaltung abseits vom Mainstream – sowohl vom deutschen, als auch vom russischen.

2007 – 2015 – andere Welt

Die Online-Welt ist eine andere geworden seit 2007. YouTuber sind die Stars, klassischen Medien als einstige arrogante Platzhirsche kämpfen um das Überleben, wir haben bei deutschsprachigen Russlandvideos eine finanziell weit überlegende staatlich-russische Konkurrenz bekommen. Aber wir sind immer noch da und im wichtigen Videobereich wachsend.  Und übrigens freuen wir uns auch über ältere Herrschaften, die uns auf YouTube abonnieren (hier geht´s direkt zu unserem Channel) – denn so unterstützt man unsere spezielle Arbeit dort am besten. Die Bedeutung bemessen Außenstehende dort mittlerweile nur noch nach Abozahlen – Millionen von Zuschauern sind da nicht so wichtig.

Roland Bathon, russland.TV

Die Technik von russland.TV: Final Cut Pro X auf dem iMac late 2014, als Ersatz iMac early 2008 und mobil ein „aufgebohrter“ MacBook Pro 2009, sonst nur Free- und Shareware wie Audacity und diverse Converter, Intros mit Motion; gefilmt wird großteils mit Kameras aus dem High-End-Consumerbereich, getrennter Ton stammt von einfachen Audio-Aufnahmegeräten; eine Kamera bei Moskau, die TV-fähiges Material liefert; außerdem eine Reihe von Lampen und grünen Vorhängen 🙂

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