Kurz vor dem Referendum auf der Krim könnte die russische Zentralbank, nach Meinung der HSBC-Ökonomen, noch einmal den Leitzins anheben. Die Logik ist klar: Nach der Auswertung des Referendums wird am Montag auf den Märkten Panik ausbrechen, die verhindert werden könnte, indem man den Banken kein Geld gibt.
Vor einem ein Jahr stand die Zentralbank vor einer scheinbar schweren Wahl: Sollte man man unter den Bedingungen einer hohen Inflation und der Verlangsamung des Wirtschaftstempos die Zinsen senken? Jetzt ist alles noch viel komplizierter – die Regulierungsbehörde muss sich entscheiden, was angesichts der nach wie vor hohen Inflation, der langsamen Wachstumsraten, der drastischen Abschwächung des Rubelkurses und der Beschleunigung der Kapitalabwanderung zu tun ist. Eile tut Not, denn der Wirtschaft droht eine Stagflation, gegen die selbst eine hohe Inflation ein Sonntagsspaziergang ist.
Auf einer Sondersitzung Anfang März fasste die ZB den unerwarteten Entschluss, den Leitzins gleich um 150 Prozentpunkte auf sieben Prozent anzuheben. Das sollte die Panik auf den Märkten stoppen und den Druck auf Rubel durch die Situation um die Ukraine verringern. Aber die Krise auf der Krim ist alles andere als vorbei, und der Druck auf den Rubel und die Finanzmärkte bleibt erhalten. Er könnte sogar zunehmen, wenn die USA und die EU gegen Russland Wirtschaftssanktionen verhängen.
Heute, am 14. März, findet eine turnusmäßige Sitzung der ZB statt, auf der die Regulierungsbehörde wieder über den Leitzins entscheiden muss: Abwarten und zusehen, wie der Rubel in einem tiefen Loch versinkt, oder sich einmischen, und den Satz wieder anheben. Die Ökonomen der HSBC-Bank, Alexander Morosow und Artjom Birjukow meinen, dass die ZB durchaus ein zweites Mal in diesem Monat eine Zinserhöhung vornehmen könnte.
Die Zentralbank steht am Scheideweg
Nach der Verschärfung der Geldpolitik wurde der Repo-Satz bei acht Prozent fixiert, für Overnight-Deposita wurden sechs Prozent gezahlt. Der Zins-Korridor blieb unverändert bei 200 Prozentpunkten.
Im Januar ging das Wirtschaftswachstum laut der Zwischenauswertung des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Handel auf 0,7 %,zurück. Im Februar befand sich die russische Wirtschaft am Rande der Stagnation.
Die Inflation wuchs im Februar wegen des Preisanstieges für Lebensmittel auf 6,2 %. Die Preise für Gemüse und Obst kletterten mehr als im Februar üblich. Bei der HSBC bringt man das mit der Abschwächung des Rubels in Verbindung. Sie stellt den größten Risikofaktor für das Ziel der Regulierungsbehörde von fünf Prozent Preisanstieg durch Inflation in diesem Jahr dar.
Aber die ZB darf nicht nur die Preise, sondern muss auch die Dynamik des Wechselkurses berücksichtigen. Die Regulierungsbehörde hat sich schon Handlungsfreiheit geschaffen: Wenn früher das Limit für Interventionen der Zentralbank ohne Veränderung des Korridors $350 Mio. betrug, so steigt es jetzt auf das Fünffache – $1,5 Mrd.
Wenn die finanzielle Unsicherheit weiter zunimmt, ist es den Analysten zufolge wahrscheinlich, dass die Zinsen wieder steigen. Vorläufig braucht der Rubel die Unterstützung der Zentralbank, denn der Druck auf die Währung wächst mit der Entwicklung der Krimkrise.
Am 16. März wird auf der Krim das Referendum stattfinden, bei dem über das weitere Schicksal der Halbinsel entschieden wird. Eine Zinserhöhung kurz vor dem Referendum könnte ein Signal für die Märkte setzen, dass die Zentralbank die Situation um den Rubelkurs vollständig kontrolliert.
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