Russische Schachgroßmeister fordern WM-Boykott

Karpow und Kasparow setzen sich vehement dafür ein, dass die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft in Russland boykottiert werden solle. Die beiden glauben, dass dadurch Akzente für die russischen Politik gesetzt werden könnten.

Ob man Schach als Sport bezeichnen will, bleibt jedem selbst überlassen. Haftete Fußball seit eh und je der Ruf als Proletensport an, war Schach, das Spiel der Könige, eher der Zeitvertreib für intellektuellere Gesellschaftsschichten. Oder zumindest die, die sich dafür halten. Ob Schachspieler nun wirklich so gescheit sind, wie angenommen, lassen zumindest die Statements der Großmeister Anatoli Karpow und Garri Kasparow kurz vor der WM offen.

Kasparow fordert ausländische Politiker auf, die Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland zu boykottieren, schreibt die Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ. „In der Regel lehne ich den Boykott von Sportveranstaltungen ab, da dieser meiner Meinung nach ausschließlich Sportler bestraft. Ich bin jedoch für den politischen Boykott des Regimes, das für diese Handlungen verantwortlich ist“, schreibt er in einem Gastbetrag für die Zeitung.

Er führt darin die Verfehlungen der Regierung um den amtierenden Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, auf, die seines Erachtens einen derartigen Schritt nötig machen würden. Kasparow beginnt mit dem, seiner Meinung nach unrechtmäßigen, Beitritt der Krim zu Russland und spannt den Bogen bis zu der jüngsten Episode um den ehemaligen Doppelagenten Skripal, für die Russland verantwortlich sei.

„Verwehren wir Putin die Bestätigung und den Ruhm, die er so sehr begehrt, indem Regierungsvertreter der Weltmeisterschaft fernbleiben“, fordert der 54-jährige Garri Kasparow, der sich selbst schon in der russischen Duma versuchte, die ausländischen Politiker auf. Zuletzt hatten sowohl Großbritannien als auch Island angekündigt, keine Regierungsvertreter zur WM zu schicken. Australien erwägt diesen Schritt ebenfalls, äußert sich jedoch noch widersprüchlich. Für die Bundesregierung um Angela Merkel ist ein WM-Boykott indes noch kein Thema.

Mit Anatoli Karpow stößt ein weiterer Schachgroßmeister und ebenfalls Staatsduma-Abgeordneter in das gleiche Horn. Er führt jedoch an, dass der Versuch, Russland des Weltcups zu berauben, gescheitert sei. „Der Wunsch war groß, Russland das Recht zu nehmen, die WM 2018 auszurichten. Aber die groß angelegte Aktion ist gescheitert. Jetzt werden sie auf Kleinigkeiten reagieren müssen“, resümiert Karpow.

[mb/russland.NEWS]

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