Russische Regierung stoppte Gesetzentwurf zur patriotischen Erziehung

Die Regierung der Russischen Föderation hat einen Gesetzentwurf zur patriotischen Erziehung der Russen gestoppt, der eigentlich in dieser Woche das Parlament passieren sollte. Die Novelle war bereits im Oktober 2017 von Abgeordneten der Partei „Einiges Russland“ eingebracht worden.

Das Kabinett bemängelte nun, wie die Zeitung Iswestija schreibt, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form zusätzliche Kosten aus dem Staatshaushalt erfordern würde und außerdem viele Fragen bereits in der geltenden Gesetzgebung geregelt seien.

Der Gesetzentwurf „Über die patriotische Erziehung in der Russischen Föderation“ definiert den Begriff „Patriotismus“ und versteht darunter, „die Liebe zu Russland, dem Volk, das Begreifen der Untrennbarkeit beider, das Streben und die Bereitschaft, mit seinem Handeln ihren Interessen zu dienen, ihnen die privaten Interessen unterzuordnen, sich zum Schutz des Vaterlandes verpflichtet zu fühlen.“

Nach Meinung der Autoren sollte das Gesetz Grundlage für die „geistig-patriotisch, bürgerlich-patriotisch und militärisch-patriotische Erziehung“ der Bürger des Landes sein. Ziel ist „die Verankerung der Achtung der historischen und kulturellen Vergangenheit Russlands, der besten Traditionen, des Stolzes auf die großen Errungenschaften, die Verehrung staatlicher und anderer bedeutsamer Symbole und der Heiligtümer des Vaterlandes im Bewusstsein und den Gefühlen der Bürger.“

Die Regierungskommission, die den Gesetzentwurf prüfen sollte, kritisierte, dass darin „keine konkreten Mechanismen der Umsetzung festgelegt sind“. Außerdem seien viele Vorschläge, zum Beispiel, in den Gesetzen „Über die Bildung in der Russischen Föderation“, „Über die Wehrpflicht und den Wehrdienst“, „Über Körperkultur und Sport in der Russischen Föderation“ bereits geregelt, vor allem im derzeit laufenden Staatsprogramm „Patriotische Erziehung der Bürger der Russischen Föderation in den Jahren 2016 bis 2020“.

In der Regierung wurde auf die Notwendigkeit einer zusätzlichen Finanzierung durch ein solches Gesetz hingewiesen. Dem Entwurf zufolge sind die Kosten für die Maßnahmen zur patriotischen Erziehung vor allem von den Kommunen und Regionen zu tragen. Das aber widerspricht der Haushalts-Gesetzgebung der Russischen Föderation, die es untersagt, Kosten einzuführen, die gleich aus zwei oder mehreren Budgets gedeckt werden müssen.

Einer der Autoren der Novelle, der Stellvertretende Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Sicherheit und Korruptionsbekämpfung, Anatolij Wybornyj, („Einiges Russland“) erklärte der Zeitung, dass die Arbeit am Gesetzentwurf fortgesetzt wird und Vertreter des Bildungs- sowie des Verteidigungsministeriums, möglicherweise auch des Geheimdienstes FSB, einbezogen werden.

Präsident Putin hatte wiederholt betont, auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen Russlands mit dem Westen, dass der Patriotismus ein Grundzug des Charakters der Russen sei. Experten warnen allerdings davor, dass der Patriotismus auch die Gefahr von nationalistischen Tendenzen birgt.

Das Thema der patriotischen Erziehung sei sehr sensibel, meint Direktor der Stiftung „Petersburger Politik“, Michail Winogradow: „Zum einen ist die Verbundenheit mit dem Vaterland sehr wichtig. Zum anderem ist der Patriotismus ein Gefühl, und nicht Wissen oder Können. Die große Frage ist, ob man Gefühle lehren kann. Niemandem fällt ein, einem anderen den Sinn für Humor oder sogar Liebe beizubringen“, sagte er. Für ihn liegt die Ausprägung das Patriotismus in der Verantwortung der Familie. Wenn die Familie dazu die Hilfe der Schule oder gesellschaftlicher Organisationen wünscht, dann sollte sie gewährt werden. Aber den Eltern sollten keine Maßnahmen aufgedrängt werden, die sie gar nicht wollen.

[hh/russland.NEWS]

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