Rostow setzt Kosaken für die WM-Sicherheit ein [mit Video-Classic]

Sie kommen zu Pferde und benutzen die Peitsche, um Störenfriede zur Raison zu bringen. Die Kosaken, ein paramilitärisches Überbleibsel aus der Zarenzeit, werden im südrussischen Rostow am Don als Sicherheitskräfte für die Fußball-Weltmeisterschaft eingesetzt.

Ursprünglich waren die Kosaken unabhängige Reiterverbände aus der südrussischen Steppe, denen sich im Lauf der Zeit immer wieder entlaufene Leibeigene, sonstige Abtrünnige oder einfach nur Abenteurer anschlossen. Ihr Name stammt aus den Turksprachen und bedeutet etwa so viel wie „freie Krieger“. Diese Freiheit nahmen sie sich auch und schlossen sich wahlweise den Ukrainern, den Polen oder den Russen an. Je nachdem, wo gerade mehr zu holen war.

Ab den 19. Jahrhundert allerdings galten die Kosaken, die im Grunde genommen immer auf Loyalität gegenüber der Aufgabe, der sie gerade dienten, bedacht waren, zu einer tragenden Säule des russischen Zarenreichs. Sie schlugen innerpolitische Aufstände nieder und waren wegen ihrer schon fast legendären Reitkünste maßgeblich an den russischen Erfolgen über die Truppen Napoleons und der Türkei beteiligt. Den Wirren der russischen Revolution ist es zu Verdanken, dass sich die Kosaken während des Zweiten Weltkriegs schließlich auf beiden Seiten wiederfanden.

Im heutigen Russland sind die Kosaken in ihren Verbänden mehr als nur eine historische Attraktion bei Reiterfesten. Durch ihre tief verwurzelte Bindung an die orthodoxe Kirche und den Staat, werden ihnen gerne offiziell die Aufgaben einer „Spezialeinheit“ übertragen. So oblag es den Kosaken zum Beispiel während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi für die Einhaltung von Recht, beziehungsweise Zucht, und Ordnung zu sorgen.

Traditionspflege mit der Peitsche

Was für ausländische Besucher mitunter eher einen folkloristischen Anstrich trug, als die martialisch wirkenden Krieger mit ihren Peitschen durch die Straßen der Olympiastadt stolzierten, bekamen andere am eigenen Leib zu spüren. An dieser Stelle darf an den etwas deplatzierten Auftritt der schrill bemützten Möchtegern-Postpunk-Gauditruppe „Pussy Riot“ erinnert sein, der mit der Knute der Kosaken schnell ein unspektakuläres Ende fand.

In Rostow, der ursprünglichen Heimat der Don-Kosaken, sollen nun zweihundert dieser patriotischen Museumsgardisten, davon dreißig hoch zu Ross, die Sicherheit bei der Fußball-WM aufrecht erhalten. Da sie sicherlich nicht als nostalgisch anmutender Chor dort anwesend sein werden, wittern LGTB-Aktivisten bereits Ungemach für schwule und lesbische WM-Besucher, und der Höflichkeit halber, -Innen.

Trotz aller Überspitzungen, die der russischen Gesetzgebung gerne in Puncto des meist fehlinterpretierten „Anti-Schwulengesetzes“ gegenüber gestellt werden, ist in diesem Fall womöglich wirklich etwas Vorsicht angeraten, um unbeabsichtigte Provokationen zu vermeiden. Dazu muss man wissen, dass das Traditionsverständnis der Kosaken nahezu unerschütterlich ist. Und da hat man leider für Schwule und Lesben nicht allzu viel Spielraum eingeplant.

Um zu vermeiden, dass den Kosaken die Peitsche nur allzu locker sitzt, ist es sicher zweckmäßig, vorübergehend auf deutliche öffentliche Sympathiebekundungen gleichgeschlechtlicher Art zu verzichten. Bei der Stadt Rostow am Don wird man mit Kritik, und sei sie noch so berechtigt, garantiert auf taube Ohren stoßen. Schließlich ist das Kosakentum für Offizielle und die Behörden quasi die Visitenkarte der Region.

[mb/russland.NEWS]

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