Die russischsprachige Ostukraine ist aktuell eigentlich wesentlich unruhiger als die Krim – wegen der stillschweigenden „Nachrichtensperre“ der sonst so quirligen Mainstream-Medien völlig unbemerkt vom Westen. Auch heute fanden dort wieder Verhaftungen, Demonstrationsverbote und dennoch Proteste des prorussischen Widerstands statt. In Donezk gab es bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen prorussischen Demonstranten und proukrainischen Neonazis 28 Verletzte und einen Toten.
- Dieser Artikel beruht ausschließlich auf Informationen von Online-Zeitungen der russischsprachigen Ostukraine, um eine Verfälschung des Bildes vor Ort durch deutsche oder russsische Propaganda zu verhindern.
Die opferreichen Kämpfe zwischen den prorussischen und ukrainisch-nationalistischen Demonstranten fanden nach übereinstimmender Aussage mehrerer örtlicher Onlinezeitungen am Leninplatz in Donezk statt. Auch ein Amateurvideo gibt es von diesem Brennpunkt, interessanterweise ins Netz gestellt von einem proukrainischen Lemberger, die aktuell in Dneprpetrowsk wohnt:
Vier der Verletzten mussten stationär im Krankenhaus aufgenommen werden, einer starb unterwegs bei Transport in die Klinik, nach Angaben der Onlinezeitung sevnews.info an der Folge von Messerstichen. Nach Augenzeugenberichten zitiert in der Onlinezeitung Nahnews ging die Gewalt nach einem anfänglich friedlichen Verlauf zweier Demos eindeutig zuerst von gewaltbereiten Euromaidan-Anhängern aus, die begannen, in die „gegnerische“ Demonstration selbstgebaute Sprengsätze zu werfen. Dadurch nahm die Eskalation ihren Lauf und die Prorussen verteidigten sich mit den Fäusten. Die Polizei versuchte daraufhin die streitenden Parteien mit Tränengas zu trennen, hatte damit jedoch erst nach einer Zeit andauernder Kämpfe Erfolg. Die Stadtverwaltung von Donezk hat in den folgenden Tagen ein Demonstrationsverbot für die Innenstadt verhängt. Es ist jedoch angesichts der angespannten Lage vor Ort sehr fraglich, ob sich die Kontrahenten daran halten werden. Gerade die Tatsache, dass die Gewalt von den geliebten Euromaidanern ausging, dürfte ARD und ZDF von der ausgewogenen Berichterstattung über diesen „Event“ abhalten.
In Lugansk wurde gestern der Anführer der prorussischen Opposition, Alexander Charitonow verhaftet und sofort nach Kiew verschleppt. Er war an der Organisation zweier prorussischer Demos am 2. und 9. März maßgeblich beteiligt. Bereits zuvor waren Pawel Gubarjow, der in Donezk eine ähnliche Rolle in der dortigen Opposition gespielt haben, sowie der ebenfalls Lugansker Oppositionelle Arsen Klintschajow verhaftet worden. Es sind leider nur die drei prominentesten Beispiele einer Reihe weiterer von der Euromaidan-Regierung politisch Inhaftierter auch in Odessa und anderen ostukrainischen Städten. Als Fürsprecher der Ostukrainer profiliert sich gerne Moskau, das nun reichlich Stoff für eine Antwort hat, wenn Euromaidaner oder ihre westlichen Unterstützer den Kreml mit Menschenrechtsverletzungen in Russland konfrontieren.
In Odessa ließen sich laut der örtlichen Onlinezeitung Tajmer die Befürworter eines prorussischen Kurses etwas einfallen. Hatte doch die Euromaidan-Regierung und ihre Handlanger auf offen prorussische Aussagen auch dort mit Verhaftungen wegen „Verstoßes gegen die Integrität der Ukraine“ reagiert. So führte man auf einer heutigen Kundgebung einfach die Fahnen von Odessa, der Krim und die „Fahne des Sieges“ aus dem Zweiten Weltkrieg statt der russischen. Statt einer Abspaltung von der Ukraine wird ein Volksentscheid über die Zugehörigkeit zu ihr gefordert. Jedoch vermied man strikt, den Leuten zu empfehlen, bei so einem Referendum für eine Unabhängigkeit zu stimmen, damit man den neuen Wächtern der ukrainischen „Demokratie“ keinen Vorwand für neue Verhaftungen liefert.
Während die Westpresse die neue Ukrainische Regierung liebt und hegt, ist sie im Osten des eigenen Landes verhasst. So schreibt die Onlinezeitung Oplot aus Charkow, der Ukraine drohten bei einer Fortsetzung des aktuellen Regierungskurses somalische Zustände. Begründet wird diese Einschätzung mit dem offenen Auftreten westukrainisch-nationalistischer bewaffneter Paramilitärs, die unter der neuen Regierung unbehelligt militärähnliche Aktionen starten könnten und aus denen sich wahrscheinlich auch die zukünftig geplante Nationalgarde rekrutieren werde. Hier äußert sich recht offen der Unmut der Charkower Bevölkerung über die Vorkommnisse in Donezk und auch einige Tage davor in Charkow selbst, wo mit Baseballschlägern und Pistolen bewaffnete ukrainische Neonazis eine prorussische Demonstration angegriffen hatten. Genährt werden die Befürchtungen von der Forderung der ukrainisch-nationalistischen Partei Sowobda, in der Ukraine den Besitz von Schusswaffen weitgehend frei zu geben.
COMMENTS