Der russische Politiker Alexei Nawalny sprach über den Fortschritt seiner Genesung nach dem Krankenhausaufenthalt. Der Beitrag wurde auf seiner Seite bei Instagram veröffentlicht. Der Post erhielt innerhalb weniger Minuten mehr als 200.000 Likes.
„Lassen Sie mich Ihnen beschreiben, wie meine Genesung voranschreitet. Es zeichnet sich bereits ein klarer, wenn auch kein kurzer Weg ab. Es gibt noch viele Probleme zu lösen. Das Telefon fühlt sich wie ein Stein in der Hand an und ein Glas Wasser einschenken ist eine richtige Attraktion“, heißt es in der Botschaft von Nawalny. Noch vor Kurzem aber habe er nicht einmal Menschen erkannt und nicht begriffen, wie das Reden geht.
„Jeden Morgen kam ein Arzt zu mir und sagte: Alexey, ich habe eine Tafel mitgebracht, denken wir uns ein Wort aus, um es darauf zu schreiben. Dies trieb mich zur Verzweiflung, denn obwohl ich im Allgemeinen bereits verstand, was der Arzt wollte, verstand ich nicht, wo ich die Worte hernehmen sollte. An welcher Stelle des Kopfes entstehen Sie? Wo finde ich das Wort und wie mache ich es so, dass es etwas bedeutet? Nichts davon war völlig klar. Ich wusste auch nicht, wie ich meine Verzweiflung ausdrücken sollte und schwieg deshalb einfach. Und das beschreibe ich noch als spätes Stadium, an das ich mich selbst erinnere. „Jetzt bin ich ein Kerl, bei dem die Beine zittern, wenn er die Treppen läuft“, schrieb er passend zu dem Bild auf den Stufen des Krankenhauses. Vor wenigen Tagen hätte er einfach „dumm rumgestanden und gestarrt“.
„Es sind also noch viele Probleme zu lösen, aber die großartigen Ärzte der Berliner Universitätsklinik Charité haben das Hauptproblem gelöst. Sie haben mich von einer ‚technisch lebendigen Person‘ zu jemandem gemacht, der jede Chance hat, wieder ein vollwertiges Mitglied der modernen Gesellschaft zu werden. Er werde zu jemandem, der wieder zügig Instagram nutze und ohne nachzudenken versteht, wo ein Like hingehört.“
Einer der Entwickler des Giftes Nowitschok, der Chemiker Wil Mirsajanow, hat Oppositionsführer Nawalny inzwischen um Verzeihung gebeten. „Ich entschuldige mich aufrichtig bei Nawalny für die Teilnahme an diesem kriminellen Geschäft – für die Entwicklung dieser Substanz, die ihn vergiftet hat“, sagte Mirsajanow im Fernsehsender Dozhd. Ihm zufolge widmete er sein ganzes späteres Leben dem Kampf gegen den Einsatz solcher Gifte.
Wil Mirsajanow sagte, er habe sich 1993 mit einem Mann getroffen, der die Vergiftung durch Nowitschok überlebt habe. Die Symptome dieses Mannes seien denen von Nawalny ähnlich. Der Chemiker erklärte, dass die von dem Politiker beschriebene Unfähigkeit, Worte zu schreiben, mit den Problemen der Signalübertragung vom Gehirn zu den funktionellen Organen verbunden ist. Die Nowitschok-Moleküle verhindern den Abbau eines Proteins, das für die Signalübertragung verantwortlich ist. Mirsajanow glaubt, dass Nawalny „Geduld haben muss, aber am Ende sollte er wieder gesund werden“. Die Erholung kann etwa ein Jahr dauern.
Alexei Nawalny lag vom 20. August bis zum 7. September im Koma. Derzeit wird er in der Berliner Charité behandelt. Die Mitstreiter des Politikers hatten berichtet, dass auf einer Flasche aus seinem Hotelzimmer in Tomsk das Gift Nowitschok gefunden wurde. Ärzte aus Omsk, wo der Oppositionelle zunächst ins Krankenhaus eingeliefert wurde, bestritten die Vergiftungsversion. Der Kreml nannte die Version über die Spuren von Nowitschok auf der Flasche aus dem Hotelzimmer absurd.
[hrsg/russland.NEWS]
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