Moskauer Gespräch: „Chancen vertan“

Moskauer Gespräch: „Chancen vertan“

Unter dem Motto „Chancen, Impulse und Herausforderungen für die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen“ fand am Dienstag eine vom Deutsch-Russischen Forum e.V. veranstaltete Podiumsdiskussion statt.

Am Tag des Besuches von Kanzler Olaf Scholz in Moskau diskutieren Experten über das Wirtschaftsklima zwischen Deutschland und Russland. Greifbare Verbesserungen und Erleichterungen der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen sind für deutsche und russische Unternehmen ein drängendes Anliegen. Wie kann der deutsch-russische Handel durch diese Zeiten navigieren? Wie gehen deutsche und russische Unternehmen, die in das jeweilige Partnerland investieren möchten, mit den Herausforderungen um? Wie sieht die Zukunft für deutsch-russische Kooperationen aus?

In seinem Begrüßungsrede betonte der Geschäftsführer des Deutsch-Russischen Forums Martin Hoffmann, dass die Konferenz zum ersten Mal nach zwei Jahre wieder im Offline-Format stattfindet.

Dr. Stanislaw Tkachenko, Professor am Institut für Europäische Studien der Universität St. Petersburg zitierte den russischen Außenminister Lawrow der meinte, dass der Dialog zwischen dem Westen und Russland ein Gespräch zwischen einem Stummen und einem Tauben sei, man rede aneinander vorbei. Der Bereich der Modernisierung der russischen Wirtschaft könnte eine neue Agenda sein, Deutschland könnte sich daran beteiligen

Hat man die Idee über das Projekt Europa zwischen Wladiwostok und Lissabon inzwischen ad acta gelegt? Dr. Frank Schauff vom Berlin Global Advisors bezeichnete die Lage als schwierig. Vor 10 Jahren sprach man noch über Modernisierungspartnerschaft, nun sind viele Chancen und Potenzial verlorengegangen, zum Beispiel was den Modernisierungstransfer angeht. Man soll die Situation nicht schönreden.  Das deutsch-russische Handelsvolumen ist geringer und hinter dem Potenzial zurück, weil die politischen Rahmenbedingungen negativ sind. Es werden die Chinesen sein, die sich darüber freuen.

Maria Gratschewa, leitende Mitarbeiterin am Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen (IMEMO) an der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAN) meinte zu dem Klima in den deutsch-russischen Handelsbeziehungen, dass der Handelsumsatz jetzt in etwa auf dem Niveau von 2010 liegt. So ist Russland als Partner für Deutschland im Maschinenbau vom sechsten auf den zehnten Platz zurückgefallen. „Wir sehen eine Stagnation oder bestenfalls ein schwaches Wachstum“. Sie verwies auf eine Umfrage der AHK unter ihren Mitgliedern. Die Hauptattraktion des russischen Marktes ist die Nachfrage nach deutschen Produkten. Der Rubelkurs, die Sanktionen und die Bürokratie sind die größten Sorgen der deutschen Investoren. 74 Prozent hoffen, dass sich die Beziehungen unter der neuen Regierung verbessern oder gleichbleiben werden.

Ein großes Problem war die fehlende Kommunikation wegen der Pandemie, betonte Mirco Nowak, CEO der LUNO-Group, Vorsitzender der Russisch-Deutsche Handelsgilde in Hamburg e.V. Und das gilt sowohl für die Wirtschaft als auch für die Politik. Wir brauchen mehr Plattformen und Brücken, man solle Gespräche suchen und im Gespräch bleiben. Er stelle aber eine positive Einstellung in der Businesscommunity gegenüber Russland fest. Bei mehr als 270 Messen in Russland nehmen deutsche Unternehmen teil.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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