Idlib: Medialer Kampf zwischen Weißhelmen und „Russischem Versöhnungszentrum“?

Schon vor mehr als zwei Monaten gab es Schlagzeilen über neue „Provokationen von Terroristen“ in Idlib. Einwohner der Stadt hätten das russische Versöhnungszentrum in Syrien vor einer Provokation seitens der Terroristen gewarnt. Es sollen Videos gedreht worden sein, die später für Vorwürfe gegen Moskau und Damaskus genutzt werden sollen. Mehrere Einwohner hätten dem Zentrum per Telefon mitgeteilt, dass am 22. Juni das Kamerateam einer „nahöstlichen Nachrichtenagentur“ in Idlib eingetroffen sei. Sie hätten gemeinsam mit Terroristen von Dschabhat an-Nusra inszenierte Evakuierungen von Zivilisten durch Kämpfer gefilmt. Diese Bilder sollen in arabischen und westlichen Medien veröffentlicht werden und als Anlass für neue Vorwürfe gegen Russland dienen, so das Zentrum weiter. Durch die erzielte mediale Aufmerksamkeit hoffen die Kämpfer laut dem russischen Versöhnungszentrum auf eine Finanzierung der bewaffneten Formationen in Syrien durch westliche Nichtregierungsorganisationen.

Auch die Nachrichtenagentur AFP teilte anschließend die Sorge der Einwohner der syrischen Provinz Idlib und wusste zusätzlich, sechs Pkws mit Weißhelme-Logos und ein Lkw seien in die Stadt Idlib gekommen. Der Lkw soll Schutzausrüstung, Behälter mit Flüssigkeiten, Kameras sowie sieben Raketen transportiert haben. Damit solle von der Organisation „Weißhelme“ eine Provokation vorbereitet werden, hieß es aus dem russischen Zentrum für Versöhnung der Konfliktparteien in Syrien. „ Vier Unbekannte in Schutzausrüstung füllten die Sprengköpfe der Raketen mit einer mitgebrachten Flüssigkeit  und mit einem Pulver“, teilte der Chef des Versöhnungszentrums Generalmajor Alexej Zygankow mit. „Die geladenen Raketen hat der Lastwagen in Richtung der Stadt Maarat an-Numan gebracht“. Ein wenig später habe die Autokolonne mit den Vertretern der Weißhelme die Stadt verlassen und sich ebenfalls in Richtung Maarat an-Numan begeben, so Zygankow.

Nun, gut zwei Monate danach taucht die Nachricht erneut in den Schlagzeilen der Medien auf, nur diesmal global. „Weißhelme bringen Giftsubstanzen in Terroristen-Lager in Idlib.“ Wie schon im Juni gilt als Quelle dieser Beschuldigungen stets das russische Versöhnungszentrum in Syrien, das unter Berufung auf „unabhängige Quellen“ berichtete, zwei große Lkw-Ladungen giftiger Substanzen seien in der Provinz Idlib vom Dorf Afs in die Stadt Sarakib transportiert worden. Begleitet von acht Weißhelmen seien die „giftigen Chemikalien“ in ein Waffenlager der Miliz Ahrar al-Sham gebracht worden. Die Weißhelme seien von zwei hochrangigen Kommandeuren dieser Terrororganisation empfangen worden. Ziel sei die Inszenierung eines Giftstoff-Einsatzes gegen die Zivilbevölkerung, um später die Regierungskräfte dafür verantwortlich zu machen.

Die britische UN-Botschafterin Karen Pierce verwehrte sich gegen die russische Darstellung: „Wir haben keine Informationen über Chlorin-Lieferungen. Deshalb, wenn das russische Ministerium diese hat, dann ist die wahrscheinlichste Erklärung dafür, dass es sich um einen präventiven Versuch handelt, einen bevorstehenden, schrecklichen Angriff selbst vorzubereiten.“

Der russische UN-Botschafter Vassily Nebenzia äußerte sich ebenfalls besorgt über mögliche Inszenierungen von Giftgasangriffen: „Wir sind tief beunruhigt über die Warnungen unserer westlichen Partner an das syrische Regime vor einer möglichen Nutzung von – wie sie es nennen – Chemiewaffen. Wir betrachten dies als Einladung an die bewaffneten Rebellengruppen, weitere Giftangriffe zu inszenieren – wie bereits in Ost-Ghouta, Douma im April oder früher in Khan Shaykun – um diese dann als Vorwand für Militäroperationen gegen Syrien zu nutzen.“

Das Zentrum für Versöhnung der Konfliktparteien dient den russischen Militärs zum Monitoring der humanitären Lage. Dazu gehört, „die Anführer illegaler, bewaffneter Gruppen“ aufzufordern die „Feindseligkeiten einzustellen und sich in die von ihnen besetzten Gebieten in Richtung einer friedlichen Einigung zu bewegen“. Man nehme Anrufe von Milizen an, die den Kampf einstellen wollen. Eine davon muss dem Versöhnungszentrum diese mutmaßlich unversöhnliche Nachricht überbracht haben.

[hub/russland.NEWS]

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