Ein durchaus munteres Trostfinale

Das „kleine Finale“ in St. Petersburg war ein Spiel, bei dem man als neutraler Beobachter nicht so recht wusste, wem man nun seine Sympathien schenken soll. Den Engländern, weil sie und ihre Fans den britischen Medien gezeigt haben, das man sich nicht länger durch die Hetze und Propaganda gegen Russland veräppeln lässt? Oder aber den Belgiern, weil sie sich klammheimlich mit schönem Fußball bis in dieses Spiel manövriert haben?

„Das Spiel um den dritten Platz kann man nicht leicht beurteilen, weil die Spieler erschöpft und müde sind nach dem Halbfinale, sowohl emotional als auch körperlich“, sagte Englands Trainer Gareth Southgate, der erst dieser Tage von irgendwem zum sympathischsten Trainer dieser Fußball-WM gekürt worden ist. „Wir sind dem Hauptgewinn so nahe gekommen, dass wir nach der Halbfinalniederlage nur davon geträumt haben, möglichst schnell nach Hause zu fliegen“, resümiert der Mann im edlen Tuch, der genauso gut eine Bankfiliale oder ein Autohaus leiten könnte.

Es sei nicht seine Aufgabe zu entscheiden, ob man dieses Spiel nun brauche oder nicht, antwortete Southgate auf die Frage nach der geringen Popularität des undankbaren und für viele überflüssigen Extraspiels. „Ich glaube nicht, dass alle Spieler an diesem Spiel teilnehmen möchten“, erklärt die dänische Torwartlegende Peter Schmeichel deutlich. „Nach der Niederlage im Halbfinale gibt es eine Leere und alle müssen dann noch drei oder vier Tage auf ein Spiel warten, das von geringer Bedeutung ist.“

Das Spiel um die goldene Ananas

Harry Kane werde laut Schmeichel sicherlich gern spielen, um sicher zu sein, dass er den „Goldenen Schuh“ bekommt. Romel Lukaku will diesen Preis ebenfalls, aber er müsse zwei Tore schießen, um ihn zu bekommen. „Das ist wichtig! Die Leute werden sich an die besten Torschützen der WM erinnern“, sagt er. In der dritten Minute schoss jedoch zunächst Verteidiger Meunier das Tor zum 1:0. Man hätte ihm vielleicht sagen sollen, dass er so den Unbedarften die gute Laune verdirbt. Das fanden die zwei Engländerinnen auf den Nachbarsitzen übrigens auch.

In der Folge wurde Thibaut Courtois, der belgische Torhüter, zum meistbeschäftigten Spieler auf dem Platz. Da konnten die Engländer noch so dagegen anrennen, Courtois parierte ein ums andere Mal und hielt seinen Kasten sauber. „Ich verstehe, dass dieses Spiel weniger interessant ist als das Finale. Aber wir haben allen Fans in Belgien die Gelegenheit gegeben zu feiern“, strahle ein überglücklicher Eden Hazard, der 10 Minuten vor Schluss das endgültige Ko der Engländer besiegelte.

Froh, dass es endlich vorbei ist

„Ich bin froh über den Erfolg, aber jetzt möchte ich so schnell wie möglich in den Urlaub fahren“, nicht nur der belgische Mittelfeldmotor Kevin De Breyne war nach dieser langen WM am Ende seiner Kräfte. Dennoch, es war „der wichtigste Sieg in der Geschichte des belgischen Fußballs“, brachte es Keeper Courtois auf den Punkt. Und selbst die Verlierer dieses Trostfinales schienen nicht unbedingt traurig über ihren vierten Platz.

„Wir haben uns keine Illusionen über unseren Status gemacht, wir haben das Turnier mit dem vierten Platz beendet, obwohl wir nie zu den vier besten Mannschaften des Turniers gezählt haben“, versuchte Southgate den Ball bie der anschließenden Pressekonferenz flach zu halten. „In der zweiten Hälfte haben wir gut gespielt, hatten hervorragende Torchancen und haben Druck auf den Gegner ausgeübt. Aber die Jungs konnten nicht mehr. Es war ein sehr schwieriges Turnier“, entlastete der englische Kapitän sein Team. Und eigentlich, so finden sie beide, könnten sie auf den vierten Platz durchaus stolz sein.

Auch wenn es nur das kleine, das ungeliebte, Finale war. Am Ende haben zwei Mannschaften noch einmal einen positiven Eindruck zum Fußball ihres Landes und zu der WM als solches hinterlassen können. Die WM 2018 hat eine neue Messlatte gesetzt, wenn man so will. Und vielleicht ist dieses Spiel um den dritten Platz seit gestern dann doch gar nicht mehr so unnütz, wie es für die meisten schien.

[mb/russland.NEWS]

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