EGMR-Entscheid: Begriff „ausländischer Agent“ unangemessen

EGMR-Entscheid: Begriff „ausländischer Agent“ unangemessen

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass das russische Gesetz über ausländische Agenten gegen die Menschenrechte verstößt. Dies berichtet Pawel Tschikow, einer der bekanntesten Rechtsanwälte in Russland und Leiter der Menschenrechtsorganisation Agora, auf seinem Telegramkanal. Der EGMR ordnete außerdem die Zahlung von 10.000 Euro an jeden Beschwerdeführer an.

Das Gericht erklärte, dass die Anwendung des Begriffs „ausländischer Agent“ unangemessen sei und stellte eine Verletzung der Vereinigungsfreiheit fest. Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Geldbußen für Verstöße gegen das Gesetz über ausländische Agenten überhöht sind. Das Urteil wird in drei Monaten in Kraft treten, wenn keine Berufung eingelegt wird.

„Nach neun Jahren des Wartens haben 73 russische Nichtregierungsorganisationen endlich eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erhalten, die bestätigt, was sie die ganze Zeit gesagt haben: Das Gesetz über ausländische Agenten und seine Anwendung widerspricht der Europäischen Menschenrechtskonvention“, schrieb Tschikow. In diesen neun Jahren wurden leider „mehr als die Hälfte der antragstellenden Organisationen aufgelöst, und das Gesetz über ausländische Agenten wurde auch auf Bürger ausgedehnt“, fügte Pawel Tschikow hinzu.

Am 7. Juni hatte die Staatsduma in erster Lesung den Gesetzentwurf „Über die Kontrolle der Tätigkeit von Personen unter ausländischem Einfluss“ angenommen, der die Normen der geltenden Gesetzgebung über ausländische Agenten verallgemeinert. Er sieht vor, dass eine natürliche oder juristische Person (einschließlich einer Handelsgesellschaft) sowie eine öffentliche Einrichtung als ausländischer Agent anerkannt werden kann, wenn sie „Unterstützung erhalten hat und/oder in anderer Form unter ausländischem Einfluss steht“.

Parallel dazu verabschiedete die Staatsduma zwei Gesetzesentwürfe über die Nichtvollstreckung von EGMR-Urteilen, die nach dem 15. März ergangen sind. Zu diesem Zeitpunkt stellte Russland einen Antrag auf Austritt aus dem Europarat. Im Zusammenhang mit der vom Ministerkomitee verabschiedeten Resolution, wonach die Russische Föderation am 16. März 2022 aus dem Europarat ausscheidet, beschloss der EGMR, die Prüfung aller Beschwerden gegen die Russische Föderation auszusetzen.

[hrsg/russland.NEWS]

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