Das Gras war grüner – 75 Prozent der Russen finden die Sowjetunion positiv© russland.NEWS

Das Gras war grüner – 75 Prozent der Russen finden die Sowjetunion positiv

Drei Viertel der Russen glauben, dass die Sowjetzeit die beste Zeit in der Geschichte des Landes war. Nur 18 Prozent der Befragten stimmen dieser Meinung nicht zu. Dies folgt aus der aktuellen Studie des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum „Die Struktur und Reproduktion der Erinnerung an die Sowjetunion in der russischen Öffentlichkeit“.

Stabilität und Vertrauen in die Zukunft – daran denken 16 Prozent der Befragten, wenn sie den Ausdruck „Sowjetische Epoche“ hören. 15 Prozent stellen sich dabei das gute Leben im Land vor. Andere verbinden damit persönliche Erinnerungen an die Kindheit, Jugend oder Eltern (11 Prozent). Negative Einschätzungen kommen viel seltener vor – nur vier Prozent der Befragten erinnern sich an die Mangelwirtschaft, ewige Warteschlangen vor Geschäften und Rationierungen. Nur ein Prozent denkt an den Eisernen Vorhang, Stagnation und Repressionen. 76 Prozent der Befragten schätzen die Sowjetzeit positiv ein (negativ nur sieben Prozent).

65 Prozent der Russen bedauern den Zusammenbruch der Sowjetunion, und genauso viele glauben, dass er hätte vermieden werden können. 52 Prozent derer, die den Zusammenbruch der Sowjetunion bedauern, sagen, dass sie sich über den Verlust des Gefühls der Zugehörigkeit zu einer Großmacht ärgern. Fast die Hälfte bedauert die Zerstörung des gemeinsamen Wirtschaftssystems und 37 Prozent ärgern sich über das gestiegene gegenseitige Misstrauen und die Bitterkeit.

Diese nostalgische Verherrlichung der sowjetischen Epoche hängt damit zusammen, dass das Leben heute nicht einfach ist und es Probleme mit dem Lebensniveau gibt. Das sagt der Experte des Moskauer Carnegie-Zentrums Andrej Kolesnikow: „Die sowjetische Epoche wird gesehen, vielleicht nicht als eine Zeit des hohen Lebensstandards, aber als eine Zeit der Gerechtigkeit. Der heutige Staatskapitalismus wird als ungerecht angesehen -Ungerechtigkeit besteht in der Verteilung, im Zugang zu Gütern und Infrastruktur. Und dieses Gefühl wächst“.

Das sowjetische Projekt ist in den Massen immer populär geblieben, aber früher hat es nicht den ersten Platz eingenommen, stellt der Experte fest: „Es ist ähnlich, wie sich die Einstellung zu Stalin verändert hat – auch er war immer populär, aber nicht in dem Maße wie jetzt. Das Gefühl der Ungerechtigkeit der Gegenwart provoziert eine romantische Haltung gegenüber Stalin im Besonderen und der Sowjetzeit im Allgemeinen“. Aber wenn man die Russen fragt, ob sie in der Stalinzeit leben möchten, sagen sie nein. Viele Menschen, die von einem „gutem Leben“ sprechen, idealisieren Kindheitserinnerungen und einige haben sie nicht, fügt der Experte hinzu. „Auch die junge Generation romantisiert diese Epoche“, so Kolesnikow.

Gleichzeitig sind allerdings nur 28 Prozent der Russen damit einverstanden, „auf den Weg der Sowjetunion zurückzukehren“, während die Mehrheit entweder für Russlands „eigenen, besonderen Weg“ (58 Prozent) oder für die europäische Option der Entwicklung (10 Prozent) ist.

[hrsg/russland.NEWS]

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