Bundespolizei will Russland zur WM Hooligan-Daten schicken

Nach den Engländern will auch Deutschland die russische Polizei tatkräftig bei der Sondierung von Gewalttätern rund um den Fußball unterstützen. Die Bundespolizei übermittelt für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 bereits seit dem vergangenen Jahr den russischen Kollegen Daten über erfasste Personen. Wegen der fehlenden Rechtsgrundlage sind vor allem Unschuldige betroffen.

Annähernd 11.000 Personen jeden Alters sind derzeit in der Datenbank „Gewalttäter Sport“, die von sämtlichen 16 Länderpolizeien und der Bundespolizei geführt wird, gespeichert. Erfasst sind Daten von der Schuhgröße bis zum gesprochenen Dialekt der Betroffenen. Weil in dieser Datei nicht nur Körperverletzungen, Landfriedensbrüche und Gewaltdelikte „abgeheftet“ sind, sondern beispielsweise auch profane Beleidigungen gegen Beamte, steht diese Methodik der Erfassung seit längerem in der Kritik. Zumal auch Personen davon betroffen sind, deren Personalien am Rande von Sportereignissen von der Polizei aufgenommen worden sind.

Darüber hinaus sammelt auch die lokale Polizei ihre aufgenommenen Vorfälle in eigenen Sport-Dateien, die nach Bedarf in die Zentraldatei übernommen werden kann. Darüber besteht jedoch keine Pflicht zur Benachrichtigung der Betroffenen, was bedeutet, dass unberechtigt in der Datenbank abgespeicherte Personen nur schwer gegen einen solchen Eintrag vorgehen können.

Auf Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Monika Lazar wurde nun bekannt, dass bereits 2017 anlässlich des FIFA-Konföderationen-Cups die Datensätze von fünf Personen aus der Datei „Gewalttäter Sport“ an die russische Polizei übersendet wurden. Ihrer Meinung nach stelle die Übermittlung von Daten an russische Behörden einen Präzedenzfall dar. „In Russland gibt es keinen mit Deutschland vergleichbaren Datenschutz, was die Voraussetzung für eine Datenübermittlung ist, stellt Lazar zunächst grundsätzlich fest. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Datenübermittlung nach den Paragraphen 32 des Bundespolizeigesetzes und 14 des BKA-Gesetzes sehe Lazar nicht erfüllt.

Schon zu den Europameisterschaften 2012 in Polen und der Ukraine sowie 2016 in Frankreich seien tausende Datensätze im Vorfeld an ausländische Behörden übermittelt worden, heißt es. Konnte man sich hierbei noch mit schwammigen Erklärungen unter Berufung auf EU-Recht aus der Affäre ziehen, schlägt Lazar nun im Falle Russlands schärfere Töne an. „Im Vorfeld der WM 2018 darf es keinen massenhaften Datenaustausch mit Russland geben, denn die Datei „Gewalttäter Sport“ fußt nicht auf einer ausreichenden rechtsstaatlichen Grundlage“, wettert sie.

Nun bliebe allerdings noch zu klären, ob es der grünen Abgeordneten Monika Lazar in erster Linie um den rechtsstaatlichen Schutz unbescholtener Bundesbürger geht oder ob ihre Forderung zur Auskunftsverweigerung für Russland der politischen Linie ihrer Partei geschuldet ist. Die Partei der Grünen war seit Beginn der Sanktionen im Jahr 2014 in vorderster Reihe vertreten, wenn es darum ging, Russland weltpolitisch abzukanzeln. Sogar die Möglichkeit des Entzugs der WM 2018 wurde bereits ernsthaft debattiert.

[mb/russland.NEWS]

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