Bedrohung der Staatssicherheit: Lettland entzieht russischem Exil-Sender Doschd Lizenz

Bedrohung der Staatssicherheit: Lettland entzieht russischem Exil-Sender Doschd Lizenz

Der lettische Nationale Rat für elektronische Medien hat beschlossen, die Sendelizenz des Fernsehsenders Doschd entziehen. Die Entscheidung wurde im Interesse der „nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung getroffen“.

„Angesichts der Gesamtheit der Verstöße ist die NELPP davon überzeugt, dass das Management von Doschd die Bedeutung und Schwere der Verstöße nicht versteht und sich dessen nicht bewusst ist, so dass dieses Medienunternehmen in Lettland nicht weiter tätig sein kann“, schrieb der Vorsitzende des Rates, Ivars Abolins. Er sehe ein ernsthaftes Risiko, dass sich Doschds Verstöße wiederholen.

Die Ausstrahlung von Doschd muss in der Nacht zum 8. Dezember landesweit eingestellt werden. Abolins erwähnt auch, dass die Behörden planen, die Ausstrahlung des TV-Kanals über den Videodienst YouTube im Land zu blockieren. Das Studio von Dozhd in Lettland befindet sich in Riga. Der Sender hat auch Studios im georgischen Tiflis und im niederländischen Amsterdam.

Am 1. März dieses Jahres wurde Doschd in Russland von Roskomnadzor gesperrt. Die Generalstaatsanwaltschaft bezeichnete den Fernsehsender als eine Bedrohung für die verfassungsmäßige Ordnung Russlands. Am 3. März gab die Geschäftsführung von Doschd bekannt, dass das Unternehmen seine Tätigkeit in Russland einstellen wird. Am 6. Juni erhielt der Sender eine Lizenz zur Ausstrahlung in Lettland.

Am 1. Dezember hatte der Moderator Alexei Korostelew in einer Sendung von Doschd einen folgenreichen Satz über die Unterstützung des russischen Militärs ausgesprochen. Er verlas eine Aufforderung, Informationen über Verstöße gegen die Mobilisierten an die E-Mail-Adresse der Redaktion zu senden, damit Journalisten darüber berichten können. „Wir hoffen, dass wir vielen Soldaten an der Front mit Ausrüstungsgegenständen und anderen grundlegenden Dingen helfen konnten“, so Korostelew.

Wenig später entließ ihn die Leitung des Senders und erinnerte daran, dass der Sender immer gegen die militärische Operation Russlands in der Ukraine gewesen war. Trotzdem wurde ein Verwaltungsverfahren gegen den Fernsehsender eingeleitet, und die NEPLP verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro, weil ein Bild der Krim als Teil Russlands ausgestrahlt wurde und die russische Armee als „unsere Armee“ bezeichnet wurde. Die NEPLP wies auch darauf hin, dass dies der zweite schwerwiegende Verstoß von Doschd war; bei einem dritten hätte der Entzug der Lizenz gedroht. Am selben Tag kündigte der lettische Verteidigungsminister, Artis Pabriks, an, dass das Verfahren zum Entzug der Aufenthaltsgenehmigung für die Mitarbeiter des Fernsehsenders eingeleitet werde.

Dozhd hat das Recht, die NEPLP-Entscheidung vor Gericht anzufechten. Das endgültige Urteil darüber, ob die Journalisten des Fernsehsenders in Lettland bleiben können, werde vom Außenministerium und den Geheimdiensten gefällt, so NEPLP-Chef Abolins.

Er versicherte, dass die NEPLP keine Ansprüche gegen andere russische Oppositionsjournalisten habe, die nach Kriegsbeginn in Lettland Zuflucht gefunden hätten. Der Fall mit Doschd ist eher individuell geprägt.

Rigas Bürgermeister Martins Stakis stellte sich auf die Seite von Doschd: „Der Fernsehsender ist eine riesige Chance für Lettland, er hat 3,5 Millionen Abonnenten, eine Million im Kabelfernsehen, gestern gab es 350.000 Aufrufe auf Youtube. Das müssen wir berücksichtigen.“

Anna Platpire, Vorstandsvorsitzende des lettischen Journalistenverbands, vermutet, die Schließung von Doschd werde negative Auswirkungen auf den Pressefreiheitsindex haben.

Die internationale Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hat sich bereits an den Leiter von NEPLP mit der Bitte gewandt, die Lizenz zur Ausstrahlung der unabhängigen russischen Fernsehsendung Doschd nicht zu kündigen. Der Sender bleibe eine der wenigen verbliebenen Quellen unabhängiger und glaubwürdiger Informationen, die russische Journalisten an die russischsprachige Bevölkerung senden.

Doschd äußerte sich per Twitter: „Die lettischen Behörden haben beschlossen, die Lizenz von Dozhd zu entziehen. Der Kanal wird nicht mehr im Kabel ausgestrahlt, bleibt aber auf YouTube. Wir arbeiten weiter und halten alle Anschuldigungen gegen uns für ungerecht und absurd.“

Natalja Sindejewa, CEO von Doschd, kommentierte die NEPLP-Entscheidung in einem kurzen Interview mit Medusa. Auf die Frage, ob sie Korostelews Entlassung bedauere, antwortete Sindejewa: „Ich bereue jetzt alles. Wir haben viele dumme Dinge getan. Es gab nicht eine einzige gute Sache, die wir getan hätten. Dieser Fehler von ihm … Er erschien uns wie ein kompletter Albtraum, alle würden sich von uns abwenden – Ukrainer, Letten … Was sie tatsächlich taten. Vor dem Hintergrund all der Kommentare, die sich von allen Seiten ergossen, erschien er uns wie eine Katastrophe … Es ist klar, dass diese Entscheidung schnell, emotional und scharf getroffen wurde. Wissen Sie, als es keine Kraft gab, innezuhalten und nachzudenken.“

[hrsg/russland.NEWS]

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