Akinfejews Regenhandschuhe halten Sensation fest

Wer hätte das gedacht? Noch nie hat eine Fußball-Nationalmannschaft der russischen Föderation gegen die Spanier gewinnen können. Die letzten beiden Klatschen mit 1:4 am ersten Spieltag und dem 0:3 im Halbfinale bei der Europameisterschaft 2008 waren noch deutlich in Erinnerung und plötzlich kam es zum Achtelfinale der Weltmeisterschaft im eigenen Land.

„Ich bin jetzt leer, leer vor lauter Freude“, sagte Igor Akinfejew, der Torhüter und Kapitän der Russen, der das historische 3:4 nach Elfmeterschießen im strömenden Regen von Moskau mit seinen Händen festhielt. Hand aufs Herz – Wer hätte je gedacht, dass die Sbornaja nach 48 Jahren, damals hisste man noch die Flagge der Sowjetunion, das Viertelfinale der WM erreichen könnte, und das ausgerechnet gegen den Angstgegner Spanien?

„Langsam beginnen wir zu begreifen, was wir getan haben“, stammelte Denis Tscheryschew geraume Zeit nach dem Spiel, in dem die Nationalmannschaft so imposant gekämpft hatte und letztendlich mit dem Quentchen Glück bedacht worden ist, dass sie sich so verdient hat. „Meine Jungs sind jetzt Männer“, lobte Trainer Stanislaw Tschertschessow sein Team stolz vor versammelter Presse.

Harte Arbeit und das Glück des Tüchtigen

Er, der nach den verkorksten Vorbereitungsspielen per se zum Sündenbock auserkoren wurde, falls das Abenteuer WM schief gehen sollte, hat nun alles richtig gemacht. Gegen die ballsicheren Spanier ließ er seine Mannschaft mit drei Innenverteidigern antreten. Diese unpopuläre Maßnahme ist sicherlich nicht förderlich für einen schönen Spielaufbau, aber unverschämt effektiv, wenn es gilt, einen vermeintlich unschlagbaren Gegner in seiner Bewegung zu hindern.

Wen er sich als nächsten Gegner wünschen würde? „Wir können uns die Musik nicht selbst bestellen“, antwortete der gemütliche runde Mann. „Zu einer bestimmten Zeit muss man gut und stark sein“, und das waren sie gestern im bis auf den letzten Platz besetzten Luschniki-Stadion. Das 1: 1 nach der regulären Spielzeit plus Verlängerung war Schwerstarbeit, das sah man deutlich. Der Vorarbeiter war ohne Zweifel der „Man of the match“ – Igor Akinjejew, Antreiber, moralische Stütze und Elfmeterkiller in Personalunion.

Man sollte ihm ein Denkmal bauen“

Auf die Frage unmittelbar nach dem Spiel, ob die russische Mannschaft plötzlich spielen gelernt habe oder alles nur Glück gewesen sei, gab er die einzig passende Antwort: „Ich finde diese Frage jetzt fehl am Platz!“ Damit bewies Akinfejew die Größe, die man von einem Spielführer erwartet. Ausländische Gäste hätten jetzt gesehen, dass Russland ein Land ist, in dem man Fußball liebt und auch einmal einen Urlaub verbringen kann, fügte er hinzu. „Man solle ihm ein Denkmal bauen“, fordert die dänische Torhüterlegende Peter Schmeichel, der Akinfejew und sein Team nicht genug loben konnte.

„Das Match war nicht sehr schön, aber es war ein roßer Kampf. Manchmal muss man nur hart arbeiten, um zu gewinnen. Fünf Minuten vor Ende der normalen Zeit konnte Mario Fernandez kaum noch laufen. Aber Russland kämpfte, kämpfte, kämpfte und gab nicht eine Sekunde lang auf. Es spielt doch keine Rolle, dass die Heimmannschaft in der Verlängerung fast nichts mehr geschafft hat. Wichtig ist, wie sie sich im Elfmeterschießen unter enormem Druck gezeigt haben“, spricht Schmeichel aus, was alle denken.

Der ehemalige Nationalspieler, Publikumsliebling und heutige TV-Experte versprühte derweil im Sender Match TV grenzenlosen Optimismus. „Ganz Russland schrieb Geschichte! Emotionen stoßen an die Grenzen. Spanien hat noch nie bei den Weltmeisterschaften mit den Gastgebern gewonnen, demnach hatten sie von vornherein keine Chance. Und was macht es jetzt jetzt schon, gegen wen wir im Viertelfinale spielen müssen? Wir werden jeden schlagen!“ Bei der Euphorie, die jetzt im ganzen Land herrscht, muss man es ihm irgendwie glauben.

[mb/russland.NEWS]

 

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