Neues Altes vom Lexikus-Verlag – Russisches Leben in geschichtlicher, kirchlicher, gesellschaftlicher und staatlicher Beziehung

Nebst Reisebildern aus Russland während des ersten Erscheinens der Cholera. – Einführung

Autor: Simon, Johann Philipp (?-?),

Erscheinungsjahr: 1855

Themenbereiche Politik, Gesellschaft, Wirtschaft  Russland

Enthaltene Themen: Russland, Russen, russische Geschichte, Kopenhagen, Reisebericht, Freundschaft, Freund, Tod, Glauben, Religion, Christentum Abreise von Kopenhagen. Riga, Liefland und kurzgefasste Geschichte der deutschen Schwertritter. Die definitive Trennung der orientalischen Kirche von der abendländischen, ihre möglichen Folgen, die sie haben kann, seit der Zar Schirmherr der Ostkirche geworden und die russische Politik der Gegenwart. St. Petersburg und seine Merkwürdigkeiten. Der Graf aus Nowgorod. Die seltsame Verkettung der Umstände. Die Grenzbesetzung. Der Ausweg. Der bedauernswerte Reisende. Der gemütliche Braunschweiger mit seinen Anekdoten. Groß-Nowgorod und die Gründung der russischen Monarchie. Über die heidnischen Russen. Nach Dr. Akademiker Frähn. Twer, ehemalige Residenz des unglücklichen Großfürsten Michail, sein und seiner Söhne Tod in der goldenen Horde, und der Mongolen Herrschaft in Russland. Der russische Volksgeist und die russische Politik der Gegenwart in Bezug auf die Weissagung von der Eroberung Konstantinopels. Das Wort Zar und seine Rechtschreibung. Moskau und viel Merkwürdiges. Die zwei unglücklichen Ärzte. Iwan Iwanowitsch, der tiefgemütliche, geistreiche Mann. Das unverhoffte Glück. Züge aus dem Leben Johanns, des schrecklichen Zaren. Das frohe Wiedersehen. Der Stanzionüsmotritel. Die dunkle Ahnung klärt sich auf. Der verschmitzte Passschreiber zu Moskau. Der Bayer. Der Transport nach Sibirien. Der religiöse Streit und die merkwürdige Auslegung des Propheten Ezechiel. Das böse Abenteuer. Ein politisches Verbrechen in Russland. Klein-Russland und die Universitätsstadt Charkow. Merkwürdige Züge aus dem Leben eines Deutschen, der in Russland Schauspieler, Kaufmann, Logen-Meister, Theater-Direktor und zuletzt als reicher Mann lutherischer Pastor war. Der Besuch des Doktors. Eine gute Handlung aus schlechten Beweggründen. Der sarkastische Superintendent, Dr. B. Originelles und glückliches Heilverfahren eines berühmten russischen Professors der Medizin bei Cholerakranken. Der zornige Gymnasial-Direktor und ein böses Schicksal. Die russischen Rangklassen in ihrer Reihenfolge. Das unerwartete Ereignis und der Mongolen Sturm auf Kiew. Schauderhafte russische Großmut. Frei nach Puschkin. Das Testament Peters des Großen und Betrachtungen darüber

„Die Geschichte“, sagt Karamsin, „ist das vorzüglichste, unentbehrlichste, in gewissem Sinne heilige Buch der Völker; ist der Spiegel ihres Seins und Wirkens, die Tafel des Zeugnisses ihrer Offenbarungen und Gesetze; ist das Vermächtnis der Vorfahren an die Nachkommen, die Ergänzung, Erklärung des Gegenwärtigen und das Vorbild des Zukünftigen. Herrscher und Gesetzgeber müssen nach den Anweisungen der Geschichte handeln, müssen forschend sehen auf die Blätter derselben, wie Weltumsegler auf die Seekarten. Des Menschen Weisheit bedarf fremder Erfahrungen, weil eigenes Leben allzu schnell vorübergeht! Daher ist es nötig zu wissen, wie in der Vorzeit die bürgerlichen Vereine im Sturme der Leidenschaften umher wogten, und welche Resultate sich als weise und welche sich als unweise beim Streben nach Ordnung erwiesen haben. Stille herrschte bei den olympischen Spielen und die Menge umringte vergnügt Herodot, der die Überlieferungen entschwundener Jahrhunderte vortrug. Die Zauberin Geschichte öffnet die Gräber, erweckt Tote und lässt die Begebenheiten grauer Zeiten erzählen, sie zeigt uns die Menschen aller Zeiten und lässt uns mit ihnen leben. Was leblos ist, wird belebt durch sie.“ –

Nikolai Michailowitsch Karamsin, dieser fruchtbarste aller russischen Geschichtsschreiber, schrieb sein berühmtes Werk auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers Alexander I. und da wir dasselbe Allem, was wir aus der russischen Geschichte dem Leser hier vortragen, zum Grunde legten, so wird es wohl Niemandem einfallen, dass wir aus Hass gegen oder aus Liebe für Russland schrieben; denn Karamsin war ein echt russischer Patriot, aber der freisinnigste Schriftsteller unter seinen Landsleuten, der dem Kaiser von vorn herein erklärte, dass die Geschichte keine Lobrede sei, was sie, wie Alexander darauf antwortete, auch weder sein darf noch sein kann. Ja, Karamsin ist hier und dort viel freisinniger, als manche westeuropäische Historiker, die über russische Geschichte geschrieben haben. Der Wahrheit gemäß und unparteiisch muss jeder Schriftsteller schreiben, soll mit seinem Werke dem Einen wie dem Andern gedient sein.

Die Geschichte beweist uns, dass die Zivilisation kein ausschließliches Eigentum irgend eines Volkes ist, sondern dass sie sich mit allen ihren Wohltaten, die sie dem Menschengeschlecht bringt, allmählich über alle Völker des Erdballs verbreitet. Sie kann schon deshalb kein Eigentum irgend Eines Volkes sein, weil sie, auf den Schwingen des Christentums getragen, von Gott aller Welt verheißen worden ist.

Christus ist das Licht der Welt, und nach dem ewigen Ratschlusse Gottes, der uns in dem Erlösungswerk geoffenbart ist, wird dieses Licht einem jeden in der Finsternis des Irrglaubens, der falschen Gottesverehrung und der Barbarei lebenden Volke leuchten und es mit seinen allmächtigen Strahlen zu Menschen im hohen und heiligen Sinne des Wortes bilden, gleich der Sonne, welche die wie im kalten Todesschlummer ruhende Natur mit ihren ewig erweckenden Strahlen belebt und beseligt.

Mag man immerhin dem russischen Volke vorwerfen, dass ein Christentum nur ein heidnisches sei, umso gewisser hat es noch eine große Zukunft! Die Geschichte zeigt uns, mit welcher Treue, mit welcher Aufopferung dieses Volk an seinem Glauben hing, als es von zwei barbarischen Völkern, von den Mongolen, die im dreizehnten Jahrhundert von Osten, und von den heidnischen Litauern, die im vierzehnten von Westen her auf es eingedrungen, grausam geknechtet worden war. Manche seiner Fürsten, die sich vor den heidnischen Götzen nicht beugen wollten, starben den Märtyrertod in den Zelten der Khane, und Tausende aus dem Volke besiegelten ihren christlichen Glauben mit ihrem Blut.

Welch’ ein Volk Gottes wird diese Nation dereinst werden, wenn ihr das Christentum nicht mehr unter den unfruchtbaren Formen ihrer Kirche, sondern in einer lebendigen Reinheit gelehrt werden wird!

Quelle: http://www.lexikus.de/bibliothek/Russisches-Leben-in-geschichtlicher-kirchlicher-gesellschaftlicher-und-staatlicher-Beziehung

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