Eriwan – Dem WWF ist in Armenien die Auswilderung eines Braunbären geglückt. Wie die Umweltschützer mitteilten, wurde Bärenmädchen Masha bereits im Juli in einem Schutzgebiet im Süden des Landes in die Freiheit entlassen. Jetzt – rund drei Monate später – könne man die Aktion in einem ersten Zwischenfazit als Erfolg bezeichnen. „Auswilderungen sind immer eine heikle Sache und man weiß nie, ob sich die Tiere in der Wildnis überhaupt zurechtfinden“, sagt Aurel Heidelberg, Kaukasus-Referent beim WWF Deutschland, der die Auswilderung leitete. „Gerade die ersten Wochen sind besonders kritisch. Umso mehr freuen wir uns nun, dass sich Masha so gut eingelebt hat.“ Nach Angaben des WWF handelt es sich um die erste Bären-Auswilderung im Südkaukasus überhaupt.
Mit dem einsetzenden Winter stehe Masha ihrer nächsten Feuerprobe gegenüber. „Der kaukasische Winter ist hart und auch für Bären eine echte Herausforderung“, so Heidelberg. „Mashas neue Heimat ist nun für mehrere Monate vollständig mit Schnee bedeckt. Das erschwert die Nahrungssuche.“ Ob sich die Braunbärin in den Winterschlaf verabschiedet, werde sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Sollte sie nicht genügend Fett angefressen haben, werde sie auch den Winter über nach Nahrung suchen müssen.
Masha wurde vor einem Jahr in Zentral-Armenien aufgegriffen. Sie zog allein umher, ihre Mutter wurde vermutlich von Wilderern getötet. Da sie in einem Alter von nur wenigen Wochen allein nicht überlebensfähig war, nahm der WWF sie in seine Obhut. Rund neun Monate lang päppelten die Umweltschützer die Braunbärin im Botanischen Garten von Eriwan auf, bis sie alt genug für ein eigenständiges Leben in der Wildnis war. Vor der Fahrt in die Freiheit, in ein nur schwer zugängliches und dünn besiedeltes Gebiet unweit der iranischen Grenze, wurde sie mit einem GPS-Halsband ausgestattet. „Mit dem Satellitenhalsband können wir Masha ständig orten. So erfahren wir einerseits mehr über ihren Lebenswandel, andererseits dient es auch ihrer eigenen Sicherheit“, erläutert WWF-Mann Heidelberg. „Falls sie sich menschlichen Siedlungen nähert können wir einschreiten, um Konflikte mit der Bevölkerung zu verhindern.“
Denn neben natürlichen Schwierigkeiten wie der Suche nach Nahrung und Konfrontationen mit Artgenossen und anderen Tieren sind vor allem Menschen eine Bedrohung für Mashas Überleben. Nicht selten kommt es zu Zusammenstößen zwischen Mensch und Bär. Es sind vor allem die Bauern, die um ihre Ernte fürchten. Als Allesfresser machen sich Bären gern über die Felder her – für viele Familien im armen Süden Armeniens eine echte Existenzbedrohung. Darum arbeitet der WWF daran, solche Konflikte von vornherein zu vermeiden. Die Umweltschützer versuchen, die Tiere von den Feldern fernzuhalten, zum Beispiel mithilfe solarbetriebener Elektrozäune.
„Das ist eine sehr effektive Maßnahme. Die Bären bleiben auf Distanz, ohne dass jemand zu Schaden kommt“, berichtet Aurel Heidelberg. Außerdem versuchen Heidelberg und seine Kollegen, den Lebensraum der Tiere zu schützen und die lokale Bevölkerung für ihre Bedrohung zu sensibilisieren. Die Wilderei konnte im Kaukasus vor allem in Schutzgebieten stark vermindert werden, jedoch komme es immer noch zu illegalen Abschüssen. Neben der Wilderei ist auch die Lebensraumzerstörung und -zerstückelung ein großes Problem. Die Umwandlung von Wäldern in Ackerflächen hat die Anzahl der Braunbären im Kaukasus in den letzten Jahrzehnten schwinden lassen.
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