Zum Tod des ehemaligen Botschafters der UdSSR in der BRD Walentin Michailowitsch Falin

Walentin Michailowitsch Falin, geboren 1926 in Leningrad, von 1971 bis 1978 Botschafter der UdSSR in der Bundesrepublik und Berater Gorbatschows bei den Verhandlungen über die Deutsche Einheit im Sommer 1990, ist am 22. Februar in Moskau gestorben.

Präsident Putin erklärte zum Tod Falins
„Ich war tief betrübt, als ich vom Tod Walentin Michailowitsch Falins erfuhr.
Walentin Michailowitsch war ein ungewöhnlich talentierter, vielseitig begabter Mann – eine herausragende Persönlichkeit des Staates und des öffentlichen Lebens, ein brillanter Diplomat.
Sein Wissen, seine Erfahrung und seine analytischen Fähigkeiten waren in den komplexesten und verantwortungsvollsten Arbeitsbereichen gefragt. Und immer hat er die Aufgaben angemessen bewältigt, der Sache, den Menschen, dem Vaterland ehrlich gedient.
Die helle Erinnerung von Walentin Michailowitsch Falin wird in den Herzen seiner Angehörigen, Freunde und Kollegen – in unseren Herzen bewahrt werden.“

Nach dem Umzug seiner Familie 1930 von Leningrad nach Moskau war er während des Zweiten Weltkriegs in der Moskauer Rüstungsfabrik Roter Proletarier dienstverpflichtet.
Von 1945 bis 1950 studierte Falin an der Moskauer Hochschule für internationale Beziehungen (MGIMO) mit den Hauptfächern Deutsch und Deutschlandkunde sowie Völkerrecht und schloss sein Studium mit „magna cum laude“ ab. Danach entwickelte er sich zum anerkannten Deutschlandexperten in der UdSSR.

Nach Gründung der DDR gehörte er von 1950 bis 1951 dem Stab der Sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland an. Von 1952 bis 1958 war er nacheinander als Referent, Berater und stellvertretender Abteilungsleiter im Informationskomitee des sowjetischen Außenministeriums tätig.

Ab 1953 war er Mitglied der KPdSU. Seit 1958 war er Referent der Informationsabteilung des Zentralkomitees (ZK) der KPdSU und ab 1959 im Außenministerium tätig.

1961 wurde er als Experte für Fragen der Deutschlandpolitik Mitglied des persönlichen Beraterstabes von Nikita Chruschtschow.

Nach dem Sturz Chruschtschows wurde er im Januar 1965 Chef der Beratergruppe des sowjetischen Außenministers Andrei Gromyko. Er war Autor fast aller Reden Gromykos. Von 1968 bis 1971 war Falin Leiter der 2. Europäischen Abteilung des Außenministeriums (Großbritannien).

Von 1971 bis 1978 war Falin Botschafter der UdSSR in der BRD. Schon 1970, im Jahr vor seinem Amtsantritt in Bonn, war er wesentlich am Aushandeln des Moskauer Vertrages beteiligt.

Ab September 1978 leitete er die Internationale Abteilung beim Zentralkomitee der KPdSU. Nach einem Konflikt mit dem neuen sowjetischen Partei- und Staatschef Juri Andropow schied Falin 1983 aus dem ZK-Apparat aus.

Falin bekam einen anderen Funktionärsposten der Partei: Er wurde politischer Redakteur des Regierungsorgans Iswestija. Während dieser Zeit promovierte er.

Mit der Perestroika-Politik von Michail Gorbatschow rückte er erneut in die erste Reihe der Politiker. Ende 1985 wurde er Mitarbeiter des USA- und Kanada-Instituts der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Er war einer der Koautoren des Rechenschaftsberichts von Gorbatschow auf dem XXVII. Parteitag der KPdSU im Februar 1986. In diesem Jahr wurde er auch Leiter der Nachrichtenagentur Nowosti.

Falin wurde Kandidat des ZK der KPdSU (1986–1989) und 1989 bis 1991 Vollmitglied. Seit 1988 war er Leiter der Internationalen Abteilung des ZK der KPdSU.

Auf sein Betreiben, unterstützt von Alexander Jakowlew und Außenminister Eduard Schewardnadse, konnte er Gorbatschow davon überzeugen, im April 1990 die Täterschaft der sowjetischen Geheimpolizei NKWD am Massaker von Katyn durch die amtliche Nachrichtenagentur TASS eingestehen zu lassen.

Bei den Verhandlungen über die deutsche Einheit im Sommer 1990 zwischen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow spielte Falin als Gorbatschows Berater noch einmal eine wichtige Rolle.

Falin war gegen die Abschaffung des sechsten Artikels der sowjetischen Verfassung, in dem die führende Rolle der kommunistischen Partei verankert war. Er war Initiator der Erhebung von sowjetischen autonomen Republiken in den Status von Sowjetrepubliken, was zu einem verstärkten Streben dieser Republiken nach mehr Selbständigkeit und nach Souveränitätsrechten führte.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, für den er Gorbatschow verantwortlich machte, ließ sich Falin auf Einladung von Egon Bahr in Tostedt bei Hamburg nieder und war von 1992 bis 2000 Mitarbeiter des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik.

Im Jahre 2000 kehrte Falin nach Moskau zurück, wo er als Dozent an seiner alten Hochschule, dem Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO), lehrte. Er betrauerte das Ende der UdSSR.

Falin war Preisträger des Staatspreises der Sowjetunion (1982) und wurde mit mehreren Orden ausgezeichnet, darunter mit dem Orden der Oktoberrevolution und mit drei Orden des Arbeitsrotbanners.

Walentin Michailowitsch Falin war eine der herausragenden Persönlichkeiten in der Politik der UdSSR, später in der Friedensforschung und Sicherheitspolitik und vor allem auch in den deutsch-russischen Beziehungen.

[hnw/russland.NEWS]

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