Wieder aus dem Schussfeld des russischen Generalstabs – Militärblogger atmen tief durchscr mil.ru

Wieder aus dem Schussfeld des russischen Generalstabs – Militärblogger atmen tief durch

Das russische Ministerium für digitale Entwicklung, Kommunikation und Massenmedien beschloss unerwartet, sich öffentlich für die „Kriegsberichterstatter“ und „alle diejenigen, die ehrlich und offen über die Ereignisse der speziellen Militäroperation berichten, mit allen Mitteln“ einzusetzen. Das Ministerium teilte mit, dass es „kategorisch gegen jegliche Versuche der Beeinflussung ihrer Aktivitäten“ sei und versprach rechtliche und informationelle Unterstützung.

Am 12. Oktober hatte der Militärblogger Semjon Pegow (WarGonzo) berichtet, dass „einzelne Generäle und Militärchefs“ eine Liste von Kanälen und Journalisten erstellt und verschickt hätten, „die angeblich die SWO und die Tätigkeit des Verteidigungsministeriums diskreditieren“. Laut Pegow sollten sie „strafrechtlichen/administrativen Maßnahmen mit breitem Profil unterworfen werden“. Drei Tage später schrieb Pegow jedoch, dass es dank des öffentlichen Aufschreis „keine Listen mehr gibt“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich zum Beispiel RT-Chefin Margarita Simonjan öffentlich für die „patriotischen Kämpfer“ eingesetzt.

Der Telegramkanal Mash zufolge standen auf der Liste die Kanäle von Pegow selbst, Igor Strelkow, Juri Podoljaka, Wladlen Tatarsky, Sergei Mardan, Igor Dimitrijew, Kristina Potupchik sowie die anonymen Kanäle GreyZone und Rybar.

Der russische Soziologe Boris Kagarlitsky hält „die Geschichte für sehr aufschlussreich. Schließlich wurden die Fälschungs- und Diskreditierungsgesetze absichtlich erlassen, um die Opposition und Putins Kritiker zum Schweigen zu bringen. Aber wie schon mehr als einmal geschehen, können repressive Gesetze leicht auf diejenigen angewendet werden, die die bestehende Ordnung unterstützen.“

Die kremlfreundlichen Militärblogger hätten „bis vor kurzem darauf vertrauen können, dass diese Verbote nicht für sie gelten, und schrieben, was sie wollten unter Verwendung verbotener Begriffe und Formulierungen“. Immerhin hatte ein Moskauer Gericht den Stadtverordneten Alexei Gorinow zu sieben Jahren Haft verurteilt, nur weil er in seiner Rede die SWO als „Krieg“ bezeichnet und die Propagandaveranstaltungen in seinem Bezirk missbilligt hat. „Wenn Gorinows Präzedenzfall auf Kriegsberichterstatter angewandt wird, könnten viele für zehn Jahre zum Schweigen gebracht werden“, so Kagarlitzky.

Noch sei aber nicht sicher, ob der 9er-Liste reale Maßnahmen oder Strafen drohen. Wenn diese ausblieben, wäre ihre Androhung beängstigender als die Ausführung gewesen – „einfach ein erster Schuss vom Generalstab der russischen Streitkräfte im politischen Krieg“ mit den Lagern um Ramsan Kadyrow und Jewgeni Prigoschin.

[hrsg/russland.NEWS]

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