Was stimmt mit dieser Ampel nicht? Im modernen Moskau der grünen MännchenFoto © Daria Boll-Palievskaya 2019

Was stimmt mit dieser Ampel nicht? Im modernen Moskau der grünen Männchen

Was stimmt mit dieser Ampel nicht? Ich stehe da, warte auf grün, aber irgendwas ist anders, macht mich unsicher…. Ach ja, jetzt weiß ich es! Die Ampel schaltet zwischen rot, gelb und grün, ohne dass gleichzeitig angezeigt wird, wieviel Zeit für mich als Fußgänger bleibt, über die Kreuzung zu gehen bzw. wie lange die Autos noch grün haben. Das ist inzwischen in Moskau Standard, und diese altmodische Ampel fällt aus der Reihe.

Der Taxifahrer neulich hat sich nach einer Fahrt höflich verabschiedet. Ich musste ihn daran erinnern, dass ich meine Fahrt noch nicht bezahlt habe – so ist er daran gewöhnt, dass die meisten Fahrgäste über eine in Russland sehr beliebte App ein Taxi bestellen und bezahlen, indem das Geld automatisch von ihrem Bankkonto abgebucht wird. Der Preis wird im Vorfeld als Endpreis bestimmt und ändert sich auch nicht, wenn das Taxi in einem für die Stadt typischen Stau eine Stunde gestanden hatte.

In allen öffentlichen Verkehrsmitteln kann man bequem mit einer einheitlichen „Troika-Karte“ bezahlen, mit der die Fahrten günstiger sind. Die Karte lässt sich an allen Metrostationen in Automaten aufladen. Man berührt damit ein Terminal – fertig. Und wieviel Fahrten ich noch darauf habe, sehe ich auch. Und wie komme ich mit verschiedenen Tarifen zurecht? Brauchen Sie auch nicht! Egal, wohin die Reise geht – man zahlt einen einheitlichen Preis. Nicht mal Russischkenntnisse braucht man in der Moskauer Metro – alle Informationen gibt es in lateinischer Schrift, und die Haltestellen werden auf Englisch angekündigt. Öffentliches WLAN gehört in der Moskauer Metro schon seit einigen Jahren zum Standard. Jetzt sind auch fast alle Busse und Bahnen damit ausgestattet.

Und wenn Sie weder Metro noch Taxi fahren wollen, dann kommt für Sie vielleicht das Carsharing in Frage. Der Moskauer Carsharing-Markt wächst weltweit am schnellsten! 13.000 Carsharing-Autos gibt es, damit ist die russische Hauptstadt in Europa auf dem ersten Platz. 2018 gab es täglich mehr als 25.000 Fahrten – im Januar 2019 waren es bereits 2,7 Millionen.

Überweisungen von einem Bankkonto auf ein anderes dauert mit Hilfe einer App des größten Geldinstituts Russlands höchstens 5 Minuten. Aber das ist für Moskauer Verhältnisse auch schon Schnee von gestern: inzwischen braucht man nur die Handynummer der Person, der Sie Geld überweisen wollen. Beim Besuch dieser Bank kümmern sich ihre Mitarbeiter um die Kunden, indem sie ihnen bei allen technischen Fragen zur Verfügung stehen und Schritt für Schritt bei allen Transaktionen begleiten. Sie wollen in einer Bank ihr Handyguthaben aufladen? Oder die Nebenkosten für Ihre Mietwohnung bezahlen? Alles kein Problem, es wird an einem Terminal erledigt.

In jedem Bürgerbüro – oder Multifunktionszentren, wie sie im modernen Russisch heißen – kann man online verfolgen, wie lange es dauert, bis man an der Reihe ist. Warten Sie länger, als 15 Minuten? Dann können Sie sich offiziell darüber beschweren.

Die Parkgebühren bezahlen die Moskauer ausschließlich per Handy, aber auch ihre Einkäufe in den Supermärkten bezahlen sie immer seltener mit einer Bankkarte, sondern mit einem Smartphone. Wenn ich einen Termin für die Maniküre online (versteht sich) buche, kann ich mir eine „schweigsame“ Handpflegerin aussuchen und im Vorfeld bestimmen, ob ich Tee, Kaffee oder nur Wasser trinken möchte. Und dass das zwischen 10 Uhr morgens und 23 Uhr abends möglich ist, gehört zum Standard. Genau so, dass man in dieser Stadt rund um die Uhr einkaufen kann.

Und es wimmelt in Moskau an grünen Männchen. Oder auch gelben. Nein, keine Sorge, ich bin nicht verrückt geworden. Das ist das neueste Hype in dieser Stadt – sein Essen frei Haus bestellen. In farbigen Uniformen mit dem Logo ihres Unternehmens und mit großen Körben auf dem Rücken, mal zu Fuß, mal mit dem Fahrrad, und im Winter manchmal auch mit Skiern unterwegs – Kuriere bringen Sushi, Pizza und Burger zu den hungrigen Moskauern. Noch vor einigen Monaten war dieses Phänomen nicht so massenhaft. Mal schauen, was die Stadt noch zu bieten hat.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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